Kämpfe wie eine Frau!
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Titel: fight girl
Autorin: Erika Krouse
Übersetzerin:Teja Schwaner
Verlag:
Triggerwarnung: Im Buch werden dir sehr gewaltvolle und brutale Szenen begegnen. Solltest du empfindlich auf Gewalt reagieren, empfehle ich dir, hier nach einer anderen Lektüre zu stöbern: Buchempfehlungen.
Menschliche Abgründe und die Kraft, die wir für sie brauchen
Erika Krouse ist Autorin und geht noch einem anderen spannenden Beruf nach. Sie verdient ihren Lebensunterhalt als Privatdetektivin. Wahrscheinlich ist, dass unser Hollywood-geprägtes Bild von Privatdetektiv*innen nicht 1:1 der Realität entspricht. Wahrscheinlich ist aber auch, dass eine Privatdetektive in echte menschliche Abgründe geschaut hat – solche, die vielen von uns zum Glück erspart bleiben.
Ob wir nun jedoch “Abgründe” dazu sagen, “Probleme” oder “Herausforderungen” – schwierige Zeiten kennen wir alle und wir lernen mit der Zeit diese oder jene Bewältigungsmechanismen, um trotzdem irgendwie klar zu kommen. Wir müssen dabei meist nicht mit unseren Fäusten kämpfen, so wie unsere Protagonistin Nina.
Auf meiner Ausgabe von “fight girl” steht unten dick “Mängelexemplar” aufgedruckt. Auf dem Cover sieht mich eine junge Frau mit müden Augen an. Sie ist wohl schon etwas ramponiert, das Gesicht versteckt in einem Kapuzenpulli, die Lippen tiefrot. Nina hat einiges durch. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich mit dem Attribut “Mängelexemplar” identifizieren würde.
Wir schlagen uns so durchs Leben
In “fight girl” schlägt sich die Streetfighterin Nina Black mehr schlecht als recht durchs Leben. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Sie verdrischt Männer, die ihr an die Wäsche wollen und nimmt ihnen ihr Bargeld ab. Davon lebt sie. Es ist weder Stolz, noch Wut oder Verzweiflung, die sie treibt. Nina macht das, was sie gelernt hat und wozu sie ausgebildet wurde: Sie kämpft.
“fall siebenmal hin, steh achtmal auf!”
Beim Deutschlandfunk wurde eine Buchrezension zu “fight girl” folgendermaßen betitelt: “Von der Menschlichkeit der Ausgestoßenen”.
Ich bin auch nach langem Überlegen noch immer nicht sicher, wie ich diese Überschrift verstehen kann. Nina und ihre Mitmenschen sind auf jeden Fall irgendwo am Rande der Gesellschaft angesiedelt. Sie handeln kriminell, leben recht einsam und schauen nicht auf eine rosige Zukunft. Natürlich sind sie menschlich, haben Bedürfnisse und Emotionen. Aber ist das eine “Menschlichkeit der Ausgestoßenen”? Ich kann mich damit nicht so recht anfreunden.
“Sie blinzelte ins Lichtermeer. Sie war allein. Es gab keinen Ort, an den sie nicht gehen konnte, nichts, was sie sich nicht einfach nehmen konnte. Die Stadt gehörte ihr, dargeboten wie eine offene Hand. Es reichte nicht.”
Die Hoffnung, dass alles besser wird
Nina wurde in ihrem Leben immer wieder enttäuscht. Ihr blieb nichts anderes, als zu kämpfen und so sehr ich persönlich Gewalt verachte – beim Lesen bekommt Nina unweigerlich das Mitgefühl der Leserin und des Lesers. Mein Mitgefühl.
Wir erleben eine widersprüchliche Frau, voller Unsicherheiten und Stolz. Wir erleben ihre Geschichte, erhalten Einblicke in ihre Vergangenheit und vielleicht wünschen wir uns am Ende gemeinsam mit Nina, dass alles besser wird.
“Nina hatte schon früher abgeschmackte und langweilige Jobs gehabt. Bei diesen Arbeiten verging die Zeit langsam, aber das tat sie auch, wenn Nina deprimiert war oder verletzt oder derartige Schmerzen hatte, dass sie es nicht bis zum Videoverleih schaffte und wochenlang nicht staubsaugt. War das Leben zwischen den wilden Momenten nicht immer langweilig und abgeschmackt?”
So trostlos Ninas Geschichte oft klingen mag, es steckt auch viel Hoffnung zwischen den Zeilen und der unbedingte Wunsch zu überleben.
“Manchmal bist du der Hammer, manchmal bist du der Nagel.”
Die Lektüre von “fight girl” ist nicht ohne. Es handelt sich hier sicherlich nicht um den Wohlfühlroman, den wir eingekuschelt in eine Decke mit Tee an einem gemütlichen Frühlingsabend konsumieren wollen. Die Autorin Erika Krouse geht sehr feinsinnig mit unseren Emotionen und Erwartungen um, sie fordert ihre Leserinnen und Leser. Und sie gibt Kraft.
Kraft, die wir manchmal brauchen, um unsere Ohnmacht und unsere Blockaden zu überwinden und um nun doch den nächsten Schritt zur Lösung in Angriff zu nehmen. Insofern macht “fight girl” auch Mut und diesen Mut können wir gebrauchen, wenn es wieder mal heißt, dass wir uns in dieser oder jener Hinsicht neu erfinden sollen. Es funktioniert tatsächlich.