Lies dich sexpositiv: 3 Bücher
Wir leben in Zeiten von Tinder, Bumble, OkCupid und Co. Einerseits war Dating dadurch nie einfacher: du füllst ein mehr oder weniger rudimentäres Profil aus, lädst ein paar Bilder hoch und schon geht das Swipen los. Rechts, links, nochmal links, aber die da, die natürlich rechts. Und bäm: “It’s a match!”. Was dann folgt kann wieder mehr oder minder zeit- und energiefressend sein. Meist folgen anspruchslose Chats, die oder der Gegenüber wird virtuell abgetastet und vielleicht findet dann früher oder später ein Date statt.
One-Night-Stands auf Erfolgskurs
Na und dann: darüber spricht frau und man nicht. Dabei haben One-Night-Stands in Zeiten des Online-Datings Hochkonjunktur. Die Generation “Bindungsangst” liebt das Unverbindliche und neben zahlreichen Affären wird auch der Begriff der Polyamorie immer gesellschaftsfähiger.
Und wo sich Menschen näher kommen, Intimes teilen, Lust verspüren – da werden auch Klamotten ausgezogen, Kondome ausgepackt und Matratzen bzw. Bettgestelle auf ihre Belastbarkeit geprüft.
Bodyshaming und Fetischs
Mit Sex sind in unserer Gesellschaft jedoch so viele Tabus, Hemmungen und Komplexe verknüpft. Angefangen von Bodyshaming bis hin zur Angst, dass die eigenen Vorlieben oder sogar Fetischs verlacht oder verurteilt werden. Brauchen wir das noch im 21.Jahrhundert? Sicher nicht. Sex sollte endlich als das gesehen und verstanden werden, was es ist: ein wunderschöner, erfüllender Zeitvertreib, der uns zu zufriedeneren, entspannteren und glücklicheren Menschen macht.
Wie kann das gelingen? Durch Aufklärung. Denn die darf nicht nur in peinlichen Biologiestunden stattfinden. Nein, auch wir Erwachsene können noch einiges nachholen und hier stelle ich dir eine kleine und sehr feine Auswahl an Büchern zusammen, die dabei sehr behilflich sind:
Sexpositivismus: Bücher, die helfen und Spaß machen
“Come as you are” von Emily Nagoski
EIn Lieblingsmensch hat mir dieses Buch empfohlen und yes! Das war eine Punktlandung. Der wundervolle Selbsthilferatgeber hat auch eine deutsche Ausgabe, mit einem Titel, den ich nur halb so schön finde: “Komm wie du willst”. Und natürlich denken beim Titel erstmal alle an Nirvana, aber der nächste Gedanke sollte dann unbedingt der Selbstliebe gewidmet sein. Sich selbst und das was frau/man gut findet zu akzeptieren und das dann auch noch selbstbewusst zu leben, ist sicher eine der größten Herausforderungen unseres Lebens. Dieses Buch vermag hierbei unwahrscheinlich kraftvoll, einfühlsam und stärkend zu unterstützen.
“Die Wahl der Qual” von Kathrin Passig und Ira Strübel
Ich glaube, dass Kathrin Passig über so ziemlich jedes Thema auf dieser Erde unterhaltsame, gut recherchierte und fundierte Bücher schreiben könnte. Zusammen mit Ira Strübel hat sie dieses “Handbuch für Sadomasochisten” herausgebracht und räumt auf mit Klischees und Vorurteilen, die sich um BDSMler*innen und deren Spielwiesen spinnen. Mein Favorit im Buch sind die wortwitzigen Kapitelüberschriften (“Wo hast du dir das denn eingefangen?”, “Schatz, schlägst du mich noch?”, …). Besonders bereichernd: das Gefühl der Normalität und Selbstverständlichkeit von Fetischs, welches Leser*innen erreicht, die sich bislang mit dem ungehemmten Ausleben ihrer Vorlieben schwer taten.
“Bad Behavior. Schlechter Umgang” von Mary Gaitskill
Die Autorin Kristen Roupenian, selbst durch ein Skandalbuch im Zuge der Metoo-Bewegung berühmt geworden, meinte über Mary Gaitskill, dass sie ihrer Zeit weit voraus war und die nach ihr folgende Generation von Schriftstellerinnen stark beeinflusst habe. Als Leserin kann ich das nur bestätigen. Kaum zu glauben, dass dieses Buch bereits in den 80er Jahren geschrieben und veröffentlicht wurde. Der Aufbau-Verlag hat das Werk neu übersetzen lassen und dieses Frühjahr erneut herausgebracht. Ich kann nur sagen: gute Bücher wie dieses, haben jede Aufmerksamkeit verdient und so sehr mich die Lektüre an mancher Stelle angestrengt hat, so sehr habe ich auch an ihr gewonnen. Manchmal war es der Spiegel, der mir vorgehalten wurde, manchmal die lustvollen Details in den Geschichten, die oft derbe und wahnsinnig authentisch rüberkommen. Ein Buch das Spaß macht, aufschreckt und mit dem Gefühl zurücklässt: es darf alles sein.
Mit den eigenen Komplexen und Hemmnissen aufräumen, müssen wir schon selbst. Es hilft aber unwahrscheinlich in gut recherchierten, aufbauenden und unterhaltsamen Büchern über andere Menschen zu lesen, die genauso mit sich hadern und vielleicht sogar ihren Weg zu einer erfüllenden und befreienden Sexualität gefunden haben. Bestimmt erhält auch deine Selbstbefriedigung in diesem Zuge nochmal einen ganz neuen Stellenwert. Ich hoffe, die drei ausgewählten Bücher können dich auf deinem Weg stärken und begleiten.