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Bewältigungsstrategien der AussteigerInnen: Isolation oder Freiheit?

Manchmal gibt es diese Tage: Tausend Gedanken, aber keinen Plan wie dieses oder jenes Problem angegangen werden kann. Da gilt das Prinzip der kleinen Schritte. Zunächst zur Ruhe kommen. Meditation. Distanz zum Problemfeld aufbauen. Sich ein Zeitfenster setzen. Dann Fakten schaffen. Dabei aber den Überblick nicht verlieren.

Was machen jedoch Menschen, die diesen Überblick gänzlich verloren haben? Oder Menschen, die ihn nie hatten? Wie gehen Kinder mit Sorgen und Problemen um, deren Kontext sie nicht durchschauen und verstehen, geschweige denn, dass sie Lösungsstrategien entwickeln könnten? Simone Hirth skizziert in “Bananama” eine Kleinfamilie, deren Aussteigertum die Sorgen nicht schwinden lässt.

viele Menschen warten auf die U-Bahn

Menschen, die etwas ändern wollen

Simone Hirth hat selbst Erfahrungen als Aussteigerin gesammelt. Dabei musste sie feststellen, dass gerade in diesem Umfeld besonders viele Konflikte und Widersprüche bestehen. Ihre persönlichen Erfahrungen waren nicht nur positiv. Positiv ist jedoch die Art und Weise, wie die preisgekrönte Schriftstellerin ihre Eindrücke in ihrem zweiten Roman verarbeitet hat.

„Bananama“ ist die Anatomie einer Kleinfamilie. Die Geschichte vermittelt Verständnis und Mitgefühl für die Menschen, die sich nach Veränderung in ihrem Leben sehnen. Wieviel Gesellschaftskritik dahinter steckt , muss jede Leserin und jeder Leser für sich selbst herausfinden. Aber diese Darstellung ist nicht einseitig. Die Schattenseiten einer Existenz fernab von Gesellschaft und normalem Alltag kommen ebenso zur Geltung.

Ein Leben in Isolation

Kind allein auf der SchaukelWir erfahren von einem Mädchen, aus dessen Sicht die ganze Geschichte erzählt wird. Einen Namen erfahren wir nicht. Auch kein Alter. Das Mädchen ist jedoch noch keine 10 Jahre alt, denn sonst dürfte sie vielleicht das Internet benutzen. Sie darf es erst wenn sie 10 ist. Ihre beiden Aussteiger-Eltern nutzen das Internet oft, um ihr nach außen “autarkes” Leben erträglicher zu gestalten.

Sie predigen quasi Wasser und trinken Wein. Durch eine Erfindung der Mutter besitzt die Familie viel Geld. Die Eltern haben sich für ein Leben in Abgeschiedenheit und Isolation entschieden. Dieser Wunsch führt sogar dazu, dass die Tochter von der Schule genommen und vom Vater unterrichtet wird. Eigentlich ist es mehr ein Belehren und Indoktrinieren als ein Unterrichten. Unsere Protagonistin versteht viele Zusammenhänge nicht. Die Entscheidungen der Eltern bleiben ihr oftmals unverständlich, nicht zuletzt weil sie diese Erklärungen immer auf “ein andernmal” verschieben. Wann das ist – “ein andernmal” – erfährt sie nicht.

Über Zwänge, Lügen und Bewältigungsstrategien

Wie ist es für ein Kind, die Einsamkeit und Isolation leben zu müssen, die es sich nicht ausgesucht hat?

Die Wahrheiten der Eltern stellt die junge Erzählerin für sich immer mal wieder in Frage: “Ich wünsche mir, endlich wieder einen Schokoriegel essen zu dürfen. Ich bin dünn und selten krank, Mutter dagegen ist schon etwas rundlich und hat häufig Kopfweh, obwohl sie niemals Schokoriegel isst, weshalb ihr Argument, dass Schokoriegel dick machen und ungesund sind, eigentlich ungültig sein müsste.”

Wir lernen in der Geschichte vor allem wie Bewältigungsstrategien entstehen. Angst, Verzweiflung und Unsicherheit gehören zum Alltag der Hauptfigur. Es liegt nahe, dass sie sich ihre eigene Realität aufbaut.

Sie beerdigt Wörter:
“Vater sagte einmal, man muss seine Angst beerdigen. Ich wusste damals noch nicht, was beerdigen heißt. Ich fragte: Was ist das? Vater sagte: Man gräbt etwas in der Erde ein und dann wachsen schöne Blumen darüber, oder Beerensträucher, oder Bäume. Ich versuchte es also, sobald ich einen Spaten besaß und der Boden getaut war, mit dem Wort Angst, in Schönschrift geschrieben.”

Viele Wörter landen in der Folge unter der Erde, auch tote Tiere und anderes. “Ich beerdige noch einmal das Wort nachhaltig, weil Vater es in seiner Unterrichtsstunde so oft verwendet hat, dass ich denke, es ist genug.”

Die Zwanghaftigkeit der Eltern bleibt nicht ohne Einfluss auf das Kind. Die Lektüre des Romans ermöglicht dabei aber auch die nötige Distanz zum Geschehen und zu den Problemen des Familienalltags. Das Verfolgen der Handlung zwang mich, den Überblick, der manchmal verloren geht, wiederzugewinnen.

“Der Winter, in dem ich meinen Spaten bekam, war sehr kalt, der Boden gefroren und ich konnte es kaum erwarten, im Frühling mein erstes Grab zu schaufeln.”

Solche Sätze lassen uns schaudern, aber dahinter steckt nicht der Wunsch zu schockieren. Die Autorin erreicht unser Mitgefühl ohne Rührseligkeit. Ein Gefühl der Beklemmung und Traurigkeit kommt auf und Mitgefühl für das Kind, das grenzenloser Einsamkeit ausgesetzt ist. Wir müssen als LeserInnen viel mitdenken und hinterfragen, aber die Mühe lohnt sich.

Wo beginnt der Ausstieg?

eine Frau schaut in die Weite“Diese Welt, in der Vater und Mutter nicht mehr leben wollten, war entweder sehr schrecklich oder sehr schön. Insgeheim hoffe ich, dass es das Schöne war, das sie nicht mehr ertrugen. Dass sie vor lauter Lachen keine Luft mehr bekamen, und um wieder atmen zu können, mussten sie gehen. Ich hoffe, dass ich mich an das Schöne gewöhnen könnte, wenn ich mich doch einmal in diese Welt verlaufen sollte.”

Das Mädchen hat die Außenwelt nie kennengelernt und sehnt sich doch nach ihr. Vielleicht vermag sie die Lügen und Heucheleien ihrer Eltern nicht zu durchschauen, aber dass es da Widersprüche gibt – das entgeht ihr nicht. Die Autarkie ist nur oberflächlich, vieles Fassade: Kapitalismusgegner ohne Geldsorgen; Verschwendung; Zwanghaftigkeit.

Die Frage stellt sich, wie es für ein Kind sein muss, in einer Welt voller Widersprüche aufzuwachsen. Unweigerlich fragen wir uns aber auch, wie es für uns selbst ist in der eigenen widersprüchlichen Realität leben zu müssen. Wie können wir all die Sorgen, Zwänge und Lügen aushalten, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind? Wo beginnt der Ausstieg? Etwa schon hinter der eigenen Haustür? Das entscheidet sich sicher sehr individuell, aber Bewältigungsstrategien entwickeln wir fast alle, um dem Druck und der Angst etwas entgegen zu setzen.

“Man muss als Aussteiger die Zeit am besten ganz vergessen.”, sagt das Mädchen. Danke, Simone Hirth, für diesen tiefgründigen und außergewöhnlichen Roman.

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