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“Eine weibliche Odyssee im 21. Jahrhundert”, so Rachel Cusk selbst über ihr literarisches Werk. Das klingt eindrucksvoll und weckt sofort mein Interesse. Ich kann schon jetzt verraten, dass die englische Schriftstellerin meiner initialen Verzückung gerecht wurde, aber dazu später.

Probleme oder Herausforderungen?

Zuvor ein ganz anderer Gedanke: Probleme sind einfach Herausforderungen, die uns fordern und an denen wir wachsen. Punkt.

Bekommst du das so oder ähnlich auch hin und wieder zu hören, wenn du dabei bist mal wieder deine Dinge in Ordnung zu bringen, vielleicht einem Podcast über Persönlichkeitsentwicklung lauschst (die entdecke ich selbst gerade für mich) oder Rat bei einer guten Freundin suchst?

Ich jedenfalls schon und ich predige diesen Satz auch mantrahaft mir und Menschen, die fragen. Meistens jedoch mir selbst.

Immer mit dem Zusatz, dass es zumindest nur ein Glaubenssatz ist, den wir unterschiedlich auslegen und den wir hier und da vielleicht anpassen müssen.

“In Transit” von Rachel Cusk zu lesen hat mich jedoch wieder ein bisschen davon weggebracht, motivierende Glaubenssätze zu wiederholen und dazu ermutigt, der Realität ein bisschen mehr Vertrauen zu schenken.

Motiviert und positiv das Leben anzunehmen, ist mir zwar ein wichtiges Gut, aber von vielen Seiten werden uns Erkenntnisse geliefert, die oft einem verklärten Bild des Lebens entspringen, nicht aber dem realen Alltag mit all seinen Fallstricken und Hindernissen.

Gute Gespräche

Ohne pathetisch klingen zu wollen: Es sind tiefe Gespräche und gute Lektüre, die mir das Gefühl geben echt zu sein. Manchmal geht aus einem guten Gespräch, eine hilfreiche Lektüreempfehlung hervor und manchmal sind es Gedanken aus einem Buch, die ein Gespräch befeuern.

So unterhielt ich mich beispielsweise kürzlich mit einem Freund über den Schriftsteller Max Goldt und sein Talent Zwischenmenschliches exakt beobachten zu können und dafür genau die richtigen Worte zu finden. Im Grunde liegt ja genau darin das Talent von Schriftstellerinnen und Schriftstellern im Allgemeinen. Sie beobachten und beschreiben.

Und wenn wir ähnliche Beobachtungen gemacht haben oder uns mit der Art und Weise der Beschreibung identifizieren können, verbünden wir uns möglicherweise auch mit dem Buch. Rachel Cusk geht in “In Transit” soweit, nicht nur aufmerksam zu beobachten, sie hört auch immer ganz genau hin und darin liegt für mich der besondere Charme ihres Buches.

In einem Artikel des Spiegels wurde ihr Werk mit dem Karl Ove Knausgårds verglichen: Was die seit geraumer Zeit in London lebende Autorin vollführt, liest sich wie eine britische, aufs Wesentliche eingedampfte Spielart dessen, was der norwegische Breitwandepiker Karl Ove Knausgard mit überwältigendem Erfolg mit seinem autobiografischen Romanzyklus „Min Kamp“ vollführt: die stete Verwandlung des eigenen Lebens in Literatur.

Was soll ich sagen. Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass ich Knausgårds massiven Büchern nicht viel abgewinnen kann (ganz im Gegenteil zum Werk seiner Exfrau Linda Boström Knausgård). Autorinnen und Autoren verarbeiten fast immer Eindrücke und Erlebnisse ihrer eigenen Lebenswelt in ihren Werken. Das macht eine Rachel Cusk nicht zu einer Spielart eines anderen Autoren.

Aber ich will mich gar nicht streiten. Jedem Buch seine Leserinnen und Leser. Mich findet man derzeit eben mit den Werken von Rachel Cusk in einem Café und ich empfehle sie seit meiner glücklichen Entdeckung wo ich es nur kann.

Jetzt habe ich gerade den Spiegel-Artikel nochmal gelesen und frage mich, ob es sich tatsächlich um das gleiche Buch handeln kann. ““Manchmal habe ich das Gefühl, langsam zu verbluten“ bekennt eine ihrer Figuren stellvertretend. Von den Gefühlen, die sie und andere dabei beschleichen, handelt Rachel Cusks eisig-schöner Bericht aus der Hölle namens Alltag.

Sie erschafft etwas Neues

Schön ist er, dieser Bericht, aber weder eisig, noch geht es um eine Alltagshölle. Wenn Frauen nicht romantisch und besonders emotional schreiben, macht sie das in keiner Weise eisig. Passender finde ich die Beschreibung Klaus Brinkbäumers im Literatur Spiegel: “Sie entdeckte etwas, sie erschuf etwas, das es in der Literatur bislang nicht gab. Eine ungekannte Art zu erzählen. Eine veränderte Perspektive.”

Zudem sind es kaum Alltagsgeschichten, die uns hier geboten werden. Cusk erzählt Geschichten von Menschen, denen Faye, die Protagonistin in “In Transit”, begegnet.

Detailliert, vertrauensvoll und ungeschminkt erzählen ihr Menschen was sie beschäftigt und bewegt. Wiederholt habe ich mich gefragt, ob Faye nur besser zuhört, oder ob die Menschen tatsächlich mehr erzählen, einfach weil sie sie ist.

Was mir sehr gut gefällt ist Cusks weibliche Stimme, die Familie, Mutterschaft, Schriftstellerei, Freundschaft und Neubeginn zwar ohne Verbitterung, aber mit offener Strenge und Ehrlichkeit skizziert. Ich fand das Fehlen von Sentimentalität und Romantik nahezu befreiend. Es kommt einer Erlaubnis gleich, auch ohne Glanz und Leichtigkeit funktionieren zu dürfen.

Beim Lesen wurde ich immer wieder an New York und Paul Austers Werke erinnert. Es ist nicht die gleiche Lesart, aber eine Verwandtschaft ihrer Stile, meine ich erkennen zu können. Man merkt, dass Cusk ihren Zynismus, sollte er denn vorhanden sein, für sich behält. Die Formulierungen klingen wertend, aber ihnen ist auch auch gewisses Wohlwollen zu eigen.

Und sie geben mir als Leserin Raum, diese Odyssee mitzubestreiten ohne zwangsweise das von der Geschichte vorgegebene Urteil fällen zu müssen: Menschen und der Umgang mit ihnen raubt Energie. Wieviel Sympathie Faye tatsächlich für ihre Mitmenschen aufbringt, bleibt vielleicht das Geheimnis der Autorin.

Besonders schön am Buch, ist auch der Einstieg: Faye erhält eine Mail. “Eine Astrologin schrieb mir in einer E-Mail, sie habe wichtige Neuigkeiten hinsichtlich meiner unmittelbar bevorzustehenden Zukunft. Sie könne sehen, was mir verborgen bleibe, denn sie habe Einblick in mein Geburtshoroskop erhalten und die Planeten befragt.”

Ein wenig später im Text: “Möglicherweise war die Mail vom selben Computerprogramm generiert worden, wie die Astrologin selbst.”

Nach einem erschöpfenden Gespräch mit ihrem Makler ist ihr die Herkunft der Mail jedoch egal. “Die Begegnung mit dem Makler schien zu beweisen, dass wir alles Mögliche über uns selbst glauben können, letztendlich aber das Produkt der Behandlung sind, die wir durch andere erfahren haben. In der E-Mail der Astrologin gab es einen Link zu dem Horoskop, das sie für mich erstellt hatte. Ich bezahlte die Gebühr und las weiter.”

Mit diesem Gedanken möchte ich an dieser Stelle schließen. Vielleicht ist einfach nicht jedes Problem eine Herausforderung und nicht jede Odyssee aufregend und bereichernd. Es tut gut hier und da unperfekt zu sein und Absurditäten Raum zu lassen.

Danke, Rachel Cusk, dass Sie das eindrucksvoll in ihrer Literatur vermitteln.

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