Lesesucht
Diesen Begriff gibt es tatsächlich und er hat seinen Ursprung im 18. Jahrhundert, als darüber debattiert wurde, ob es ein richtiges und ein falsches Lesen gäbe. Wikipedia hält dazu ein paar fun facts bereit. Parallel zum Begriff sprach man wohl sogar von einer “Lesewut”.
Gemeint ist damit begieriges Lesen, wobei andere Beschäftigungen vernachlässigt werden. Freilich ging die Kritik gegen Frauen, die mit der aufkommenden schöngeistigen Literatur angeblich ihre Haushaltspflichten und die Kindererziehung vernachlässigten. Das möchte ich am liebsten unkommentiert lassen.
Schlaflosigkeit
Viele Menschen lesen regelmäßig auf einem Tablet oder einem E-Book-Reader. Das ist praktisch. In wenige Gramm Elektronik passen viele, viele Romane, Sachbücher oder Papers. Ich habe meinen kleinen Kindle auch immer dabei.
Aber auf richtige Bücher kann ich nicht verzichten. Von denen muss ich umgeben sein, sie fühlen.
Studien haben belegt, dass das Bildschirmlesen tatsächlich einen Einfluss auf unsere Schlafgewohnheiten hat und sich nicht unbedingt positiv auswirkt. Das hat etwas mit der Beleuchtung und dem Melatoninwert zu tun. Die Schlafqualität leidet.
Menschen, die vor dem Schlafen noch auf einem Bildschirm lesen, sind morgens der Studie zufolge unausgeschlafener und schlafen abends später ein, als die Vergleichsgruppe, die nur in Papierbüchern las. Wenn dich das interessiert, kannst du hier gerne mehr über die Studie erfahren.
Das heißt aber nicht, dass du vor dem Schlafen nicht mehr lesen solltest (im Gegenteil, Lesen beruhigt). Aber ein Buch aus Papier tut es dann manchmal auch oder eben ein Gerät mit passivem Hintergrund, das deine Augen entspannt.
Wer liest ist unglücklich
Das ist natürlich falsch. Mit dieser bewussten Provokation möchte ich auf einen mir wichtigen Sachverhalt aufmerksam machen. Im Studium und auch danach habe ich mich viel mit der zeitgenössischen Philosophin Martha Nussbaum beschäftigt. Nussbaum ist bekannt geworden für ihren Fähigkeitenansatz, der sich an der Aristotelik orientiert und stark reduziert Folgendes aussagt:
Zum Menschen gehören eine Vielzahl an Möglichkeiten und Fähigkeiten und es ist Aufgabe der Gesellschaft, die Ausbildung und Ausübung dieser Fähigkeiten zu fördern. Literatur spielt in der Philosophie Nussbaums eine herausragende Rolle, denn sie eröffnet Perspektiven und informiert über Lebenswege. Das scheint einleuchtend.
Nun der interessante Gesichtspunkt, der sicher viel Diskussionspotential bietet: Menschen, selbst wenn sie aufgrund der äußeren Umstände eine bestimmte Perspektive nicht wählen können, sind nach Nussbaum besser dran, wenn sie über diese Perspektiven informiert sind.
Schreibe deine Meinung dazu gerne in die Kommentare. Sicher diskussionswürdig, aber ich finde es super spannend.
Lesen schadet der Dummheit
Das klingt jetzt aber wirklich nicht gefährlich. Dumm sein wollen wir alle nicht.
Bist du auch nicht. Und wenn du gerne liest schon gar nicht. Menschen, die lesen sind informierter. Sie lernen viel Neues kennen, beginnen womöglich zu hinterfragen und schon gibt es kein Zurück mehr in die Geborgenheit der Unwissenheit.
Warst du ungebildet vielleicht mit banaleren Dingen glücklich zu machen, wächst mit deiner Informiertheit auch der Anspruch.
Lesen bildet und schadet der Dummheit. Das ist klar, aber wollen wir das immer?
Der englische Philosoph John Stuart Mill drückte das folgendermaßen aus: „Es ist besser, ein unzufriedener Mensch zu sein als ein zufriedenes Schwein; besser ein unzufriedener Sokrates als ein zufriedener Narr. Und wenn der Narr oder das Schwein anderer Ansicht sind, dann deshalb, weil sie nur die eine Seite der Angelegenheit kennen. Die andere Partei hingegen kennt beide Seiten.“
Wer Sokrates nicht kennt: Das ist der griechische Philosoph, der auf dem Markt herumgeirrt ist und die Menschen mit den großen Fragen des Lebens gepiesackt hat. Oft wird er deshalb auch liebevoll mit einer Stechmücke verglichen.
Die Tücken des Straßenverkehrs
Gott behüte. Lass dich bitte nicht lesend von einem Auto anfahren. Lass dich bitte überhaupt nicht anfahren. Die Pokémon Go-Bewegung lässt sich damit sicher gut vergleichen: Der Blick auf ein Buch oder eben das Smartphone geheftet und schon vergessen die Stadtwandler alles, was um sie herum passiert.
Ich oute mich an dieser Stelle: Über ein Jahr lang habe ich auch intensiv mit vielen anderen Pokémon Go gesuchtet und ja, manchmal bin ich in gefährliche Situationen gekommen. Wenn nämlich das Pokemon auf der anderen Straßenseite nur noch wenige Sekunden wartete und ich mir den Eintrag in den Pokedex nicht entgehen lassen wollte.
Lesende Menschen sieht man sicher seltener rumlaufen, aber auch sie gibt es und sie laufen ebenfalls Gefahr unter die Räder zu kommen. So fesselnd eine Geschichte, so selten ein Pokemon sein kann: Bitte passt auf euch auf!
Klapprige Regale, lose Bücherbretter
Bücher sind schwer. Spätestens beim nächsten Umzug wirst du daran erinnert und ich hoffe, du packst deine Kisten ausgeglichen: Immer nur ein paar Bücher mit leichterem Füllmaterial. Sonst geht das Schleppen auf den Rücken.
Worauf ich aber eigentlich hinaus möchte: Die Schwerkraft hat es in sich und genau dreimal haben in meiner Anwesenheit bereits Bücherbretter den Kampf gegen die Last aufgegeben und sind unter großem Lärm weggebrochen.
Ob es an der Qualität meiner Bohrung, den Dübeln oder eben doch der Menge an Büchern lag, die obenauf saßen – ich weiß es nicht. Ich bringe jedenfalls keine Bretter mehr über meinem Bett oder einer Sitzgelegenheit an. Ich liebe Bücher, meine Gesundheit ist mir aber auch sehr wichtig.
Du siehst – die Gefahr beim Lesen hält sich in Grenzen und lässt sich nur mit einem Augenzwinkern thematisieren. Lies soviel du magst und soviel dir gut tut. Ich glaube nicht daran, dass Lesen unglücklich macht und gegen Dummheit vermeiden habe ich erst recht nichts einzuwenden. In diesem Sinne wünsche ich dir immer ein gutes Buch zur Hand.
Deine Trude
0 Kommentare