Weibliche japanische Literatur: 7 Autorinnen für dich zum Entdecken
Weibliche japanische Literatur: 7 Autorinnen für dich zum Entdecken
Vielleicht kein schlauer Move, einen Artikel über japanische SchriftstellerINNEN mit Haruki Murakami einzuleiten. Aber solltest du dich bereits für japanische Literatur interessieren, dann ist dir vermutlich vor allem dieser Autor geläufig, oder? Viele von uns haben Japan durch seine Bücher kennengelernt. Andere haben Mangas gelesen und Anime geschaut. Dennoch ist uns Japan weiterhin oft fremd und einzigartig. Im Artikel stelle ich dir 7 Autorinnen vor, die dir ganz neue Perspektiven und Einblicke liefern.
Banana Yoshimoto: “Der See”
Banana Yoshimoto hat hierzulande längst unzählige Fans und mit dem Diogenes-Verlag auch einen großen deutschsprachigen Publikumsverlag hinter sich. Für mich war “Der See” nicht nur Einstiegsdroge in die Werke Yoshimotos, sondern hat mich ganz allgemein in den Bann japanischer, weiblicher Literatur gezogen. “Federkleid”, “Lebensgeister” … das sind alles tolle, berührende Romane. Ihr wohl bekanntestes Werk “Kitchen” habe ich leider (noch) nicht gelesen.
Yukiko Motoya: “Die einsame Bodybuilderin”
Es gibt Verlage und es gibt Verlage. Wenn Blumenbar sein neues Programm auf den Weg schickt, leuchten in aller Regel meine Augen und ich stöbere lang und neugierig durch die Vorschauen. “Die einsame Bodybuilderin” habe ich angefragt, weil mich seit einiger Zeit schon fasziniert, dass gerade junge japanische Autorinnen eine Neigung zu literarischen Kurzformen zu haben scheinen. Das wollte ich gerne ergründen. Motoya gewährt einen anderen Blick auf das alltägliche Leben und verleiht ihm neue Magie und Leben.
Hiromi Kawakami: “Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß”
Es gibt Bücher, die dich umhüllen wie eine lange und liebevolle Umarmung. Voller Geborgenheit, Wärme und Verständnis. Voller Geduld und Mitgefühl. Als ich Hiromi Kawakami für mich entdeckt habe, bekam ich genau diese Umarmung geschenkt. Ich liebe ihre subtilen, leisen Töne und das Gefühl, dass Kawakami mich besser verstehen würde, als ich mich selbst verstehe. “Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß” ist ein ganz untypischer Liebesroman. Aber einer der liebevoll umarmend einfach gut tut.
Mieko Kawakami: “Brüste und Eier”
Über einen Instagram-Lesekreis bin ich auf Mieko Kawakami und ihr besonderes Werk “Brüste und Eier” gestoßen. Es ist schwer zu sagen, was es in mir ausgelöst hat. Ehrlich gesagt, war es keine Liebe auf den ersten Read. Doch schafft es Mieko Kawakami mit so viel Ruhe und Ernsthaftigkeit den Blick auf feministische Themen zu lenken, dass ich dennoch viel mitnehmen konnte. Schönheitsnormen und die Diskriminierung der Frauen sind nicht selten Themen auch japanischer Autorinnen.
Sayaka Murata: “Die Ladenhüterin”
Warum ich zwei Anläufe brauchte, um mich auf Sayaka Murata einzulassen, kann ich nicht sagen. Sicher ist aber: es hat sich gelohnt und auch weitere Werke erwarte ich nun immer mit großer Spannung. “Die Ladenhüterin”, ganz ähnlich wie “Das Seidenraupenzimmer”, illustrieren wie schwierig das Leben für Menschen sein kann, die sich dem gesellschaftlich vorgezeichneten Weg versperren und eigene Vorstellungen verwirklichen wollen. Und vermutlich ist das noch euphemistisch ausgedrückt. Es ist nicht nur schwierig. Es kann sogar krank machen. Einfühlsam gewährt Murata Einblick in die Psyche vermeintlicher Außenseiter*innen, die im Grunde doch für all unsere eigenen individuellen Wünsche stehen.
Nanae Aoyama:
Drei Geschichten, die ich im Artikel “Du bist mir nicht gleichgültig” schon einmal vorgestellt habe. Was Aoyamas Werk auszeichnet, ist die gewollte Beiläufigkeit mit der alle Handlungsstränge und Gespräche versehen sind. Ruhig und achtsam werden Beziehungen und die Menschen in ihnen beschrieben. Sogar die schmerzhaften Momente sind dann so unbeschwert gezeichnet, dass ich beim Lesen immer wieder darüber stolpere. Wir sind es vielleicht nicht gewohnt Schmerz, Trauer und Ablehnung als selbstverständlich anzunehmen. Ich weiß auch nicht, ob wir das müssen. Aber es ist faszinierend, zumindest beim Lesen einmal diese Perspektive einzunehmen.
Asako Yuzuki: “Butter”
Erinnerst du dich noch an den Gastartikel von Sandra Vahle? In “Let’s talk about Psychopathinnen” macht sie mehr als deutlich, dass wir mehr Bösewichtinnen in der Literatur brauchen. “Butter” handelt von einer vermeintlichen Serienkillerin, die ihre Opfer erst bekocht und dann umgebracht haben soll. Yuzuki hat sie geschaffen: Eine Protagonistin, weder süß noch lieb, die an die unzumutbaren Erwartungen erinnert, die das Patriarchat uns Frauen stellt.
Es fällt mir nicht leicht, zusammenzufassen, was weibliche japanische Literatur für mich ausmacht. Ein paar Buzzwords kommen mir dennoch sofort in den Sinn: Ruhe, Achtsamkeit, Küche, Strenge, Demut und Bescheidenheit. Und dennoch ist in all den vorgestellten Werken auch diese rebellische Kraft spürbar, die eben mehr will als nur da zu sein. Sie will sehen und gesehen werden. Fühlen und fühlbar machen.
Kennst du andere japanische Autorinnen? Schreib es uns in die Kommentare. Ich freue mich immer über neue literarische Entdeckungen.
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Titel: Andere Umstände
Autorin: Julia Zejn
Verlag: Avant-Verlag
Manche Menschen trennen sich, weil sie zusammen keine Kinder bekommen können. Andere heiraten, um eine Familie zu gründen. Und wiederum andere mögen sich sehr, lieben sich sogar, können sich aber einfach nicht vorstellen, gemeinsam Eltern zu werden.
Weg mit Paragraph 218!
Ja und manchmal will die eine Person das eine und die andere das andere. Im Netz gibt es bereits viele gut recherchierte und informative Artikel rund um den Paragraphen 218: Stimmen, die sich erheben, um das Selbstbestimmungsrecht gebärfähiger Personen zu verteidigen.
Julia Zejn hat mit “Andere Umstände” ein Comic geschaffen, welches sich behutsam und unaufgeregt dem Thema “Schwangerschaftsabbruch” nähert. Für mich ist dieses Werk aber noch mehr, als eine Geschichte über ungewolltes Schwangersein.
Care-Arbeit ist selten gerecht verteilt
Die Protagonistin Anja verliebt sich in den DJ Olli, zieht mit ihm zusammen und wird im gemeinsamen Zusammenleben mit recht vielen unliebsamen Angewohnheiten ihres Liebsten konfrontiert. Vieles dreht sich hier um die Verteilung von Care-Arbeit und darum, wie sehr sich Anja in dieser Beziehung aufopfert. Und nicht nur dort. Auch ihrem Kollegen nimmt sie Arbeit ab und im Gespräch mit ihrer Schwägerin erfährt sie, dass auch deren Partner nach außen hin super mit der Tochter kann, aber die vielen lästigen Haushaltsaufgaben an der Mutter hängenbleiben.
Ich will Kinder. Aber nicht mit dir.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich Olli bereits kenne. Seine Züge, seine Unbedarftheit, seine naive Argumentation und seinen Egoismus. Was Anja leistet, damit er so leben kann wie er lebt – das sieht er nicht. Warum Anja trotzdem bei ihm bleibt? Liebe vielleicht? Unsicherheit? Es nicht besser wissen? Ich kann ja schlecht darüber urteilen. Sicher war ich selbst nicht nur einmal in so einer Beziehung, in der die meiste Care-Arbeit und Verantwortung bei mir lag. Diese Einsicht betrübt schon.
Die eigenen Grenzen zu erkunden, ist eine Herausforderung. Vielleicht fieberte ich deshalb besonders stark mit Anja und ihren Entscheidungen mit und muss sagen: Das Ende hat mich wirklich überrascht. Ob im Guten oder im Schlechten? Lest selbst!
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Titel: Im Spiegelsaal
Autorin: Liv Strömquist
Verlag: Avant-Verlag
Spieglein, Spieglein, muss ich mir wirklich die Beine rasieren? Oder die Augenbrauen zupfen? Soll ich meine Fingernägel lackieren oder besser meinen Po trainieren? Wie steht es eigentlich um meine Brüste und meine Haare … oje … meine Haare!!!
Zur Zeit kann mensch in Instagram-Reels einen Trend verfolgen, bei dem bestimmte Gesichtsfilter vorgeführt und kritisiert werden: Gezeigt wird zuerst das eigene Gesicht mit einem Filter und dann wird auf den nicht unerheblichen Unterschied zur Realität verwiesen.
Dass Filter das können, finde ich gar nicht so überraschend. Aber dass wir tagtäglich in den sozialen Medien, im Fernsehen und Zeitschriften unzählige solcher stark verfälschten Bilder sehen und das nicht realisieren – was macht das mit uns?
Schön und fuckable sein
“Die Folge davon ist jedenfalls erhöhter Druck, konstant, das ganze Leben hindurch vorzüglich fuckable zu sein (…)”
Liv Strömquists neuestes Graphic Essay “Im Spiegelsaal” dreht sich um Schönheit. Warum sind wir von ihr so besessen? Wer profitiert von der gesellschaftlichen Erwartung schön zu sein? Wie hat sich das historisch aufgebaut? Und welche Rolle spielen die sozialen Medien und Influencer*innen dabei heute? Auf diese Fragen bekommen wir Antworten.
Spieglein, Spieglein, wie steht es um meine Fuckability?
Ich bin eine Cis-Frau. Und Frauen – zumindest dieses Privileg haben wir laut Meike Stoverock (“Female Choice. Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation”) – kontrollieren die Ressource Sex. Alle? Vermutlich nicht alle. Ich selbst bin 35 Jahre jung, finde mich hübsch, rasiere meine Beine nicht und mache mir um meine Fuckability nur sehr eingeschränkt Sorgen. Schönheitsideale nicht an mich ranzulassen – davon bin ich jedoch weit entfernt. Wie könnte es auch anders sein?!!
Suche nach Liebe und Anerkennung
Unsere Suche nach Liebe und Anerkennung hat sich leider viel zu tief in unser Bewusstsein hineingefräst und manchmal können wir nur noch versuchen, die Auswirkungen dessen im Zaum zu halten. Ich kann beispielsweise achtsam hinterfragen, welche Rolle ich Schönheit beimessen möchte und welchen Idealen ich mich unterwerfe. Aber gänzlich frei von eitlen Unsicherheiten, Komplexen und Ängsten – das ist für mich schwer vorstellbar.
Margarete Stokowski schreibt: „Liv Strömquist entzaubert nicht nur Sexualität, sondern auch das Patriarchat. Und das tut sie auf sehr schlaue, lustige und schöne Art.“
Schönheit ist ja per se auch nichts Schlechtes. Wir streben nach dem Schönen. Schönes umschmeichelt die Seele und streichelt das Gemüt. Jedoch, was wir als schön empfinden – das haben wir stärker in der Hand als uns Social Media und Patriarchat glauben machen wollen. “Im Spiegelsaal” macht das noch einmal mehr deutlich. Viel Freude beim Lesen!
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Hier geht's zum Motivations-Paket!Chinesische Comics: Kennst du Manhua? | Gastartikel von Rudolph Schneider
Chinesische Comics: Kennst du Manhua?
Gastartikel von Rudolph Schneider“Manga” – der japanische Begriff für Comics ist vielen Menschen geläufig. Auch Animes drangen früh in den westlichen Mainstream ein. Kaum eine größere Buchhandlung, die etwas auf sich hält, verzichtet noch auf ein Mangaregal.
Weniger bekannt ist jedoch der Begriff Manhua (漫画), der ursprünglich eine bestimmte Form der Malerei bezeichnet und seit dem späten 19. Jahrhundert und dem frühen 20. Jahrhundert für Comics und Cartoons, die aus China stammen benutzt wird. Dass chinesische Comics im Westen wenig bekannt sind, liegt auch daran, dass diese im eigenen Land ein Nischendasein fristen.
Chinesische Comics als Kunstform?!
Als echte Kunstform werden sie nicht anerkannt und unterliegen einer strengen Zensur durch den Staat. Nichtsdestotrotz üben Comics, seien es nun Chinesische Manhuas oder japanische Mangas einen starken Einfluss auf die Jugendkultur Chinas aus. Noch besser lässt sich das in Taiwan beobachten, wo der kulturelle Einfluss Japans deutlich spürbarer ist. Zudem können sich hier die Künstlerinnen aufgrund der geltenden Meinungsfreiheit viel freier entfalten. So überrascht es nicht, dass einer der bedeutendsten Manhua-Künstler aus Taiwan stammt. Chen Uen oder Zhèng Wèn gehört zu den wenigen Ausländer*innen, die sich mit ihren Comics auf dem japanischen Markt etablieren konnten.
Er gewann unter anderem als erster Ausländer einen Preis der japanischen Cartoonisten-Vereinigung. Chen Uen wuchs in einer Zeit auf, in der die Taiwanes*innen selbst noch unter einer Diktatur litten und sich nur mühsam ihre Freiheit erkämpften. Seine bedeutendsten Werke beschäftigen sich deswegen nicht von ungefähr mit einer der wichtigsten Epochen der Chinesischen Geschichte.
Chinesische Geschichte als Comic
In seiner Trilogie „Helden der östlichen Zhou-Zeit“ schildert er Schicksale von bedeutenden Persönlichkeiten aus dieser Zeit, die mitunter auch als die Zeit der Frühlings- und Herbstannalen oder auch als die Zeit der streitenden Reiche bekannt ist.
Ein kleiner Abriss: Die Zhou-Könige waren ähnlich wie die Kaiser*innen des Heiligen Römischen Reiches eher zeremonielle Herrscher*innen, deren Machtfülle nur selten über ihren eigenen Herrschaftsbereich hinausreichte. Viele Staaten existierten damals auf dem Gebiet des heutigen Chinas, die im ständigen Wettstreit miteinander lagen, der nicht selten mit Waffengewalt geführt wurde.
Trotz dieser ständigen Konflikte war es auch eine Zeit, in der Philosophie, Kunst und Kultur blühten. Diese turbulente Zeit endete mit dem Beginn der Herrschaft Qin Shi Huang Di’s, der Herrscher des Reichs Qin, der alle anderen Reiche eroberte und sich zum Kaiser ernannte. Seiner Geschichte widmet sich Chen Uen in „Der erste Kaiser“, und zeigt ihn darin als zerrissenen, paranoiden Charakter, der zwar von Machthunger, aber auch von Angst und Unsicherheit getrieben wird.
Hierin liegt die besondere Anziehungskraft der Bücher von Uen. Bücher über die chinesische Geschichte findet man zuhauf. Doch oft fällt es gerade der westlichen Leserin schwer, sich den Akteur*innen der Geschichte zu nähern. Zu fremd erscheint die chinesische Antike Kultur und mit der westlichen Schablone lassen sich viele Zusammenhänge einfach nicht begreifen. Die Cartoons von Chen Uen lassen die Geschichte anhand der Bilder begreiflich machen und dabei hilft natürlich auch, dass viele seiner Werke mittlerweile auch in hervorragender Übersetzung durch Marc Hermann vorliegen.
Das Vergnügen bilingualer Comics
Für sinophile Sprachlernende wie mich, ist es ein besonderes Vergnügen eine bilinguale Edition in den Händen zu halten, wie sie von Chinabooks herausgebracht wurde. Der zeichnerische Stil Chen Uen’s weicht deutlich von der japanischen Mangatradition ab. Menschen werden wesentlich realistischer abgebildet. Beim Abbilden von Emotionen greift auch Uen auf surrealistische Elemente zurück. Das zornige Gesicht eines Generals wird zu einer dämonischen Fratze. Die zuschlagende Hand wird riesenhaft groß. Er setzt diese Elemente aber behutsam ein. Interessanterweise sind die ersten Seiten seiner Comics in Farbe gehalten und danach wird das traditionelle Schwarz-Weiß verwendet. Über die Gründe hierfür kann man nur mutmaßen. Möglicherweise will der Autor dem Leser eine Farbpalette für seine Vorstellungskraft an die Hand geben. Auch wenn mir persönlich die farblich ausgestalteten Seiten mehr zusagen, so lässt sich doch sagen, dass man auch mit nur zwei Farben eine unglaubliche Atmosphäre erzeugen kann und hierin liegt vielleicht auch die Kunst. Chaotische Schlachtszenen in denen Formen zu verschwimmen scheinen wechseln sich ab mit feinsinnigen Porträts, die ähnlich wie Karikaturen Charakteristika der handelnden Personen deutlich machen.
Der Kaiser als Mensch
In „Der erste Kaiser“ gelingt es Chen Uen, die facettenreiche Persönlichkeit des Tyrannen darzustellen, ihn weder zu idolisieren noch zu dämonisieren, sondern einfach zu zeigen, was für ein Mensch er war, oder möglicherweise gewesen ist. Qin Shi Huang Di ist auch in der heutigen Chinesischen Gesellschaft eine umstrittene Figur. Seine Rolle als Reichseiniger ist unbestritten. Und Einigkeit und Einheit sind im heutigen China Begriffe, die durchweg positiv besetzt sind. Der Weg zur Einheit war aber ein blutiger. In verlustreichen Kriegen einte er das Reich, erstickte die Vielfalt und errichtete eine kurzlebige Schreckensherrschaft. Es ist nicht sicher, ob alles was über ihn geschrieben wurde, wirklich der Wahrheit entspricht, denn die chinesische Geschichtsschreibung hatte immer schon eine Tendenz dazu, die eigene Herrschaft als gütig und gerecht erscheinen zu lassen und die jeweilig vorangehende in den schlimmsten Farben zu malen.
Anmutige Held*innen in chinesischen Comics
Ich persönlich hatte meine erste Begegnung mit dem „Ersten Kaiser“ mit dreizehn Jahren, als meine Mutter mit mir ins Kino ging und wir zusammen Hero schauten. Die Geschichte dreier Attentäter*innen, die sich des mächtigen Qin-Herrschers entledigen wollen, wird in verschiedenen Versionen unter Einsatz von verschiedenen Farbtönen erzählt. Die Helden und Heldinnen bewegen sich anmutig, können gar fliegen und sprechen nur weise Worte.
Kurz vor Gelingen des Unterfangens entscheidet sich der Held jedoch den Kaiser leben zu lassen, da die Ordnung, die er geschaffen hat, zwar gewaltsam und brutal durchgesetzt wurde, aber den Menschen dennoch bleibenden Frieden verschafft hat. Eine Botschaft, mit der auch ich eher gehadert habe. Nichtsdestotrotz löste der Film eine riesige Faszination bei mir aus und das Thema China ließ mich nie wieder völlig los.
In den Comics von Chen Uen wird ein sehr viel komplexerer Charakter des Kaisers gezeichnet. Misstrauen und Angst vor Verrat sind seine ständigen Begleiter und lassen ihn immer gnadenloser und brutaler werden. Selbst seine guten Freunde sind nicht vor ihm sicher.
Als Jugendlicher habe ich vielleicht mit dem Kaiser sympathisiert und mich selbst in Machtfantasien verloren. Große Eroberer übten eine große Faszination aus. Je mehr ich über Geschichte lernte, desto fremder wurden mir diese „Lichtgestalten“. Das Leben, welches diese Herrscher und Herrscherinnen führten, war meist kein glückliches. Qin Shi Huang war am Ende seines Lebens von der Angst vor dem Tod zerfressen. Nachdem all seine Versuche das Elixier des Ewigen Lebens zu erlangen gescheitert waren, ließ er einen riesigen Grabhügel errichten und erschuf eine Armee aus Tonsoldaten, die ihn im Totenreich bewachen sollten. Doch das war nicht genug. Alle seine Diener, Konkubinen und viele der Menschen, die am Bau beteiligt waren, wurden gezwungen ihm in den Tod zu folgen. Kann man mit einem solchen Menschen mitfühlen? Darf man es?
Gastautor Rudolph Schneider
Ich wohne seit einigen Jahren in Berlin und arbeite als Softwareentwickler, Reiseführer und Tourguide. Seit mehr als 10 Jahren beschäftige ich mich bereits mit China, seiner Kultur, seiner Sprache und seinen Menschen. Das Gefühl immer noch am Anfang zu stehen, bin ich trotz Sinologiestudium und mehrjährigem Aufenthalt in der Volksrepublik nicht losgeworden. Andere Themen, die mich umtreiben sind Künstliche Intelligenz, Raumfahrt, Nachhaltigkeit, Soziale Gerechtigkeit. Vielleicht nicht ganz überraschend, dass mein erstes Buch (dass ich 2021 angefangen habe zu schreiben), ein Science–Fiction Roman sein wird.
Literaturpower möchte Leser*innen viele interessante und hilfreiche Informationen rund um das Thema Literatur, Bücher und Lesen bieten. Dafür kommen auch GastautorInnen zu Wort. Wenn du auch einen Gastartikel über ein spannendes Thema schreiben möchtest, melde dich gerne über das Kontaktformular unten auf dieser Seite: Über Literaturpower.
Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
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Feministisch denken und argumentieren: Bücher, die echten Support leisten
Ich habe keinen Kinderwunsch und ich möchte nicht heiraten. Beides schließe ich nicht komplett aus, aber ich hatte nie dieses intrinsische Verlangen eine eigene Familie zu gründen. Für Frauen ist der gesellschaftliche Druck sesshaft zu werden, Kinder zu gebären und sich monogam zu binden, jedoch immens.
Feminismus vs. internalisierte Misogynie
Vor vielen Jahren habe ich aus diesem Grund schon “Regretting Motherhood – Wenn Mütter bereuen” (Orna Donath) quasi inhaliert. Damit konnte ich bereits viele gut gemeinte Ratschläge von mir abprallen lassen.
Vielleicht hast du das auch schon mal gehört? Das hier sind alles Aussagen, die ich so wortwörtlich schon zu hören bekam:
“Wenn du mit deinem Freund jetzt keine Kinder kriegst, verlässt er dich bestimmt später für eine jüngere Frau.”
“Du solltest dich immer nur auf eine Person konzentrieren, sonst stumpfst du ab.”
“Ohne Partner und Kinder wirst du im Alter sicher einsam sein.”
“Eine Frau ist doch erst vollständig, wenn sie Kinder bekommt.”
“Schlaf nicht gleich mit jedem.”
Wie diskriminierend, verletzend und abwertend solche Phrasen sind, wird selten reflektiert. Wie stark wir solche Glaubenssätze im herrschenden Patriarchat internalisiert haben, wird mir bewusst, wenn ich mich daran erinnere, dass diese RatSCHLÄGE sehr häufig von anderen Frauen kamen.
Selbstverwirklichung statt Care-Arbeit
Ähnlich schlimm ist es oft um das Verhältnis zur eigenen Sexualität bestimmt. Persönliche Bedürfnisse erkennen, akzeptieren und ausleben? Fehlanzeige. Stattdessen läuft mensch romantisierten Vorstellungen einer monogamen Verbindung hinterher, entfernt jegliche unerwünschte Körperhaare, übernimmt viel zu viel Care-Arbeit und geht vielleicht sexuelle Kompromisse ein, die ein leichtes Erschaudern in mir auslösen.
Und manchmal findet sie dich: Die romantische, monogame Beziehung. Sie umschlingt dich eines schönen Wintertages wie ein warmer Mantel, der jedoch noch beim Tragen einläuft und damit immer enger und enger wird. Du hast es wohlig warm, kannst aber kaum noch atmen. Bedürfnisse bleiben unerfüllt.
Mir gibt das zu denken. Ich habe Fragen, Ängste, Unsicherheiten. Die feministische Literatur liefert hier Support und zahlreiche kraftvolle Antworten.
Feministische Bücher, die aufklären und stärken
In diesem Artikel stelle ich dir eine kleine Auswahl aktueller feministischer Werke vor. Sie alle beleuchten unterschiedliche Perspektiven und Aspekte. Sie zeigen auf, was falsch läuft und sie empowern dort, wo bereits gute Ansätze bestehen. Ich hoffe, du findest hier Inspiration für dich.
“Feminism is for everyone” (Fabienne Sand, Laura Hofmann, Felicia Ewert)
Es gab Zeiten in denen ich feministische Diskussionen gemieden habe. Vielleicht gab es sogar Zeiten in denen ich anti-feministisch argumentiert habe. Aus Unwissenheit und Unsicherheit. Bei einem so großen und wichtigen Thema nicht richtig mitreden zu können, hat mich zwar einerseits demütig werden lassen, aber auch irgendwie handlungsunfähig. Was sollte ich auf dumme Sprüche antworten, die in mir zwar Bauchschmerzen verursachten, aber denen ich keine starken Argumente entgegenzusetzen hatte? Dieses schlaue Büchlein hätte ich mir damals als Einstieg gewünscht. Zum einen, weil es gut erklärte Antworten gibt, aber vor allem auch, weil es die richtigen Fragen aufwirft.
“Empowerment, Feminismus, Gleichberechtigung – was steckt eigentlich hinter diesen Begriffen? (…) Was bedeutet Intersektionalität? Was verbindet Sexismus und Transfeindlichkeit? Und was hat Rassismus mit all dem zu tun?”
“Feminism is for everyone – Argumente für eine gleichberechtigte Gesellschaft” empfehle ich all jenen, die in sich das gleiche Bedürfnis verspüren, mitreden zu wollen.
“Female Choice” (Meike Stoverock)
“Female Choice” trägt den schönen Untertitel “Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation”. Ist es deshalb ein Werk über Männer? Keineswegs. Frauen und Menschen, die sich anderen Geschlechtern zugehörig fühlen, leben in dieser patriarchalen Gesellschaft, sind vom System abhängig und erleiden tagtäglich Reibung, Konflikte, und Diskriminierung. Stoverock veranschaulicht wie die Sesshaftwerdung der Menschen zu ungleichen Machtverhältnissen führte und welchen Weg es daraus gibt.
“Die meisten Erwachsenen tragen also eine mal mehr, mal weniger starke Sehnsucht nach dem, was in der eigenen Kindheit unerfüllt geblieben ist, in sich. Und oft projizieren sie diese auf eine Partnerin oder einen Partner. Wir hoffen, dass der Partnermensch die Ängste zum Schweigen bringt, die Sehnsucht erfüllt, den Selbsthass abmildert, die Leistungsbereitschaft bis zur Selbstausbeutung bremst oder das geringe Selbstwertgefühl aufbessert.”
“Female Choice” ist ein Buch mit diskutablen Thesen. Es ist provokant und lädt zum Diskurs ein. Wir lernen welche Werte es braucht, welche Energie aufgebracht werden muss und wo wir alle uns und unsere Glaubenssätze hinterfragen müssen.
“Radikale Zärtlichkeit” (Şeyda Kurt)
“Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist” habe ich als Hörbuch gehört, gesprochen von der wunderbaren Şeyda Kurt persönlich. Sie fragt, wie Liebe aktuell im Patriarchat funktioniert und wie sie anders funktionieren könnte. Welchen Einfluss nehmen Rassismus und Kapitalismus auf unser Miteinander? Welche Möglichkeiten ergeben sich für die einen und welche Ausgrenzungen finden für die anderen statt? Ich habe mich diesem Buch gewidmet, weil ein Freund kürzlich meinte: “Kaum eine Beziehung in meinem Freund*innenkreis würde nach der Lektüre so fortbestehen wie vorher.” Ich wurde neugierig und wollte wissen, was nötig sei, um solch drastische Veränderungen hervorzurufen.
“Was “romantisch” überhaupt bedeuten soll? Puh. Das ist ein Wort, an dem ich mich in diesem Buch ziemlich abarbeite. Aber so viel sei vorweggenommen: Ich verstehe romantisch als ein historisch gewachsenes Konzept, das die Beziehung von zwei Menschen zueinander normieren will. In unserer Gesellschaft kommt der romantischen Beziehung – zumal in Hetero-Konstellationen – ein Vorrang zu. Eine romantische Beziehung wird als exklusiv, monogam und sexuell verstanden. Andere Konzepte von Intimität, etwa Freund*innenschaften, werden im Gegensatz zur romantischen Beziehung häufig als weniger erstrebenswert betrachtet.”
Ich bin gerade eh in einer Situation, in der ich meine Beziehungen und Freund*innenschaften überdenke und neu gestalte. “Radikale Zärtlichkeit” hat mir dabei nicht nur Richtung, sondern auch viele Argumente gegeben und bekommt von mir auf alle Fälle eine klare Empfehlung.
“Wie die Gorillas” (Esther Becker)
Oha! Wie mich dieses Buch getriggert hat! All diese bösen Erinnerungen an meine eigene Jugend. Gefüllt mit Unsicherheit, Bodyshaming, gestörtem Essverhalten und Komplexen. All die Dinge, die du vor deinen Eltern und Freund*innen geheim gehalten hast und all die Dinge, die du nicht mal dir selbst eingestehen wolltest. Als ich “Wie die Gorillas” gelesen habe, wurde ich traurig, weil mir wieder mal klar wird, wie stark Selbsthass und Schönheitsideale eine Zeit beeinflussen können, die eigentlich von Leichtigkeit, Neugier und Abenteuer geprägt sein sollte. Dieser Roman spricht aus, was sich in so vielen jungen Köpfen Tag für Tag abspielt und selten ernst genug genommen wird.
“Was machst du, wenn deine Kinder Frauen werden? (…) Du wolltest kein Mauerblümchen pflanzen, keine alte Jungfer heranzüchten und trotzdem wird dir mulmig, wenn du dir ausmalst, wie jemand deiner Tochter die Zunge in den Mund bohrt, ihren Brüsten beikommt, ihr den Finger in die Muschi schiebt. Muschi sagst du nicht, du sagst Scheide oder Vagina, wenn es sein muss, unsicher, ob die Betonung auf der ersten oder der zweiten Silbe liegt, du hattest kein Latein.”
Wie stark und zerstörerisch der Druck ist, schön zu sein. Wie groß die Erwartungen, die wir selbst und andere an uns stellen. “Wie die Gorillas” ist sicher keine entspannte Sommerlektüre, aber es bietet eine Perspektive, die (wieder)einzunehmen allemal lohnt.
Feministische Bücher zum Verstehen, Diskutieren und Hinterfragen
Zum Abschluss möchte ich dir vier weitere Bücher nahelegen, die ich kürzlich gelesen und für sehr gut befand. Vielleicht widme ich ihnen mal einen eigenen Artikel, gerade fehlt mir die Zeit. Aber schau sie dir unbedingt einmal an. Ich habe aus diesen Büchern viel mitgenommen:
“Süss” von Ann-Kristin Tlusty
“Wut und Böse” von Ciani-Sophia Hoeder
“Männer” von Johanna Adorján
“Das ist Lust” von Mary Gaitskill
Egal mit welchem Buch du anfängst – trau dich zu diskutieren und bestehende Strukturen zu hinterfragen. Trau dich auch mal Kritik zu äußern und lass auch Kritik an dir zu. Bequem ist das sicher nicht, aber es ist nötig und mit der richtigen Lektüre gewinnst du dabei ganz nebenbei auch noch viel Selbstbewusstsein. Viel Freude beim Lesen!
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Toys und Bücher, die deine sexuelle Intelligenz stärken
“Trude, hast du ihm wirklich bei eurem ersten Date erzählt wo der G-Punkt ist? Wie mutig von dir!”, platzte es kürzlich einer Freundin raus, als ich ihr von meinem letzten One-Night-Stand berichtete. Ja, habe ich. Er hat an dem Abend auch das erste Mal Primal Play ausprobiert, bekam seine erste Lingam-Massage und wurde von mir sozusagen anal-entjungfert. Wir hatten keinen konventionell-penetrativen Sex und es war eine besonders schöne und intime Begegnung.
Üben, üben und noch mehr üben
Jetzt springe ich aber mal kurz in meine Kindheit: Damals hatte ich über zehn Jahre lang Klavierunterricht und obwohl ich wirklich regelmäßig geübt habe, wurde ich nicht besser. Ich sage oft, dass es mir an Disziplin und Talent fehlte, aber ich glaube, dass es vor allem die Leidenschaft war. Leidenschaft und Zutrauen in meine eigenen Fähigkeiten. Da waren immer andere, die es besser machten, einige die mich kritisierten und vor allem meine eigene innere Stimme, die sagte: Du bist einfach nicht gut genug.
Beim Klavierspielen habe ich leider verpasst, was mir glücklicherweise später bei meiner Sexualität gut gelang: Aufzuhören, es für andere zu tun und stattdessen ergründen, was es MIR bringt und ICH wirklich möchte.
Ich möchte dabei niemandem etwas vormachen: Vor drei Jahren hatte ich selbst noch keine Ahnung, was “Primal” im sexuellen Kontext bedeutet, “Yoni” und “Lingam” waren mir auch keine Begriffe und ich gebs ja zu: Ich wusste nicht wo der G-Punkt ist und habe ständig Vagina gesagt, wenn ich eigentlich meine Vulva meinte.
In den letzten drei Jahren ist also viel passiert und damit meine ich nicht nur die Pandemie, die zugegebenermaßen für mich weitgehend sexfrei ablief. Aber weißt du, was ich während der Lockdowns wirklich viel gemacht habe? Gelesen und masturbiert. Vielleicht erinnerst du dich an meine Masturbation-May-Kampagne auf Instagram? Ich habe dafür gut recherchiert.
Der Schlüssel zu sexueller Freude
Lesen, ausprobieren und sich mit anderen offen über Sex unterhalten, ist nämlich mein Schlüssel zu mehr sexueller Freude. Hier hatte ich über drei Bücher zu Sexpositivismus geschrieben, aber das reicht mir nicht. Es gibt inzwischen so wahnsinnig viele gute Bücher, die uns helfen den Spaß am Sex zu kultivieren und ein paar davon werde ich dir jetzt vorstellen.
Und nicht nur das! Für diesen Artikel habe ich eine Kooperation bei Funfactory angefragt und sie gebeten, mir eine kleine Auswahl ihrer veganen Spielzeuge zu senden, damit ich meine Erfahrungen mit meiner Community teilen kann. Das Unpacking fand auch auf Instagram statt und du kannst es dir dort in den Highlights gerne nochmal ansehen.
Spaß im Bett? So geht’s!
Seit vielen Jahren bin ich großer Fan von Funfactory und das nicht nur, weil die Toys vegan sind, sondern weil sie auch wirklich gut verarbeitet und qualitativ hochwertig sind. Mir ist das total wichtig, weil es den Spaß im Bett (oder wo auch immer) immens erhöht. Falls du in Berlin bist, dann schau unbedingt im Other Nature am Mehringdamm vorbei. Das ist mein Lieblings-Sexshop und alle Toys, die ich dir hier vorstelle, kannst du dir dort ansehen und erstehen.
Jetzt geht’s aber los. Abwechselnd stelle ich dir jeweils ein Toy und ein Buch vor. Und ganz am Ende erfährst du von mir, wo es besonders gute erotische und kinky Geschichten im Netz gibt. Lass dich überraschen!
Sinnliche Intimität: Berühren und berührt werden (Susanna-Sitari Rescio)
Als ich angefangen habe, mich stärker für Tantra zu interessieren, fiel mir zufällig dieses Buch in die Hände und es war wie eine körperliche Erlösung. Die Lektüre hat so viel Druck, Ängste und Erwartungen von mir genommen. Statt mich zu fragen, wie ich dieses oder jenes erreichen kann, begann ich zu verstehen, welche Bedeutung Berührungen zukommen, wie mein Körper funktioniert und was Nähe eigentlich mit mir macht. Im gleichen Zuge habe ich sehr viel Selbstliebe gelernt. Ja, das kann ein Buch.
“Ich möchte über Berührung schreiben. Über Berührungen in der Intimität. Über solche, die unter die Haut gehen, mein Innerstes erreichen und sich wohltuend, nährend, sinnlich erregend und aufregend anfühlen.”
Tantrische Elemente sind seit diesem wunderbaren Buch nicht mehr aus meinem Liebesleben wegzudenken. Eine große Bereicherung.
Sundaze. Pulse Vibe
Mein Sundaze ist mintgrün und gleichwohl etwas unscheinbar. Was wie ein herkömmlicher Vibrator aussieht, kombiniert auf wundervolle Weise Vibration mit Pulsation. Pulsierende Vibes wäre vielleicht die passende Umschreibung. Die freihändigen Stöße sind ein Traum. Inzwischen bin ich wirklich Fan und habe meine liebsten Modi zu genüge ausprobiert. Die Erregung baut sich dabei ganz allmählich auf und es ist ein super Tool, um die vaginalen Muskeln zu “trainieren”. Im kommenden Buch wird deutlich, warum das wichtig sein kann.
Coming Soon: Orgasmus ist Übungssache – In 10 Schritten zum vaginalen Höhepunkt | Für mehr Spaß beim Sex (Dania Schiftan)
Es geht nicht darum, dass der vaginale Höhepunkt der bessere ist. Es geht grundsätzlich auch nicht nur um Höhepunkte. Es geht aber darum, dass wir mehr Spaß beim Sex haben, wenn wir flexibler sind und ganz unterschiedliche sexuelle Praktiken genießen können. Dania Schiftans “Coming Soon” habe ich als Audiobook gehört und dabei nicht nur viele Übungen kennengelernt, um meine Vagina für penetrativen Sex zu sensibilisieren, sondern habe darüber hinaus auch richtig viele Learnings mitgenommen, was Anatomie und Empfindsamkeit angeht. Ich habe NICHT alle Übungen ausgeführt, aber ich habe für mich wichtige Einblicke gewonnen, was möglich ist.
Volta. Externer Vibrator
Der kleine Volta und ich sind eine durchwachsene Beziehung eingegangen. Und ich möchte hier ja ganz ehrlich sein. Oft kommt er vor allem dann zur Anwendung, wenn die Akkus von Sundaze und Miss Bi leergespielt sind. Und das passiert schon manchmal. Bei Volta handelt es sich um einen Aufliegevibrator, der ein bisschen an einen Delfin erinnert. Die beiden Spitzen sind beweglich und stimulieren sowohl die Klitoris als auch die Nippel ganz anders als konventionelle Vibratoren das können. Bei mir selbst ist der Funke zwar (noch) nicht übergesprungen, ABER: bei diversen Frauen, mit denen ich intim war, dafür sehr. Meine wunderbare M. beispielsweise hat sehr empfindsame Brustwarzen und große Freude an der Nippelstimulation und es macht mir wiederum sehr viel Spaß ihr diese zu bereiten und sie dabei genießen zu sehen und zu hören.
Sie hat Bock (Katja Lewina)
Und wieder das Patriarchat. Längst ist uns klar, dass auch Männer unter ihm leiden. (Und wenn nicht, dann schleunigst “The Will to Change” von Bell Hooks lesen!) Trotzdem haben in unserer Gesellschaft längst nicht alle Geschlechter die gleichen sexuellen Freiheiten oder nehmen sie sich.
“Auch ich war lange Zeit der Meinung, dass ich als Frau nicht so viel Bock haben sollte wie ein Mann. Dass meine Vulva besser klein und unauffällig ist wie die von einem vorpubertären Mädchen. Dass es völlig natürlich ist, wenn ich öfter blase, als ich geleckt werde.”
Weibliches Begehren wurde viel zu lange unterdrückt und Katja Lewina nennt die Dinge beim Namen. “Sie hat Bock” ist empowernd, Augen-öffnend und direkt. Ich mags. Bitte lest es!
Bootie Ring. Penisring
Den Bootie-Ring habe ich mir nicht erst schicken lassen. Wir verstehen uns schon länger gut. Analsex und -Play haften leider so viele falsche Annahmen an und dadurch verschenken sich viele Menschen großen Genuss. Anal ist sehr aufregend und auch eine gute Prostata-Massage kann ganz neue Ebenen der Sinnlichkeit auftun. Es liegt auf der Hand, dass ich den Bootie-Ring nicht selbst verwende. Er kommt bei Personen mit Penis zur Anwendung. Der Ring wird über Penis und Hoden gestülpt, der Plug mit viel Gel und etwas Vorbereitung anal eingeführt, wo er dann die Prostata stimuliert. Eine kleine Erhebung massiert bei Bewegung kontinuierlich das Perineum. Und ich genieße einfach den Gesichtsausdruck meines Gegenübers, wenn der Bootie Ring in Action ist.
Sexual Intelligence (Marty Klein)
I loved it! Leute, ich habe mir über die Jahre wirklich eine ordentliche Schutzschicht angefressen, was Sexual Mansplaining angeht und bin nicht immer willens, Bücher in diesem Bereich zu lesen, die von Cis-Männern geschrieben werden. Vielleicht liegt das auch an den vielen Pick-Up-Artists, an die ich früher meine Zeit verschwendet habe? Wie dem auch sei. “Sexual Intelligence” war meine Zeit durchaus wert und bekommt von mir eine glatte Empfehlung. Es geht um Achtsamkeit, um Selbstfürsorge, Geduld, Verständnis und Improvisation. Worum es nicht geht: Darum, noch absurdere Techniken zu lernen. Es geht auch ganz sicher nicht um Leistung, Schnelligkeit oder Strategien attraktiver und überzeugender rüberzukommen. Welches Mindset uns wirklich schönen Sex verschafft und wie wir besser kommunizieren, lehrt dieser wahrlich weise Ratgeber. Ich habe viel gelernt!
ShareVibe
Da kommt mir doch glatt ein flüchtiges Lächeln über die Lippen, wenn ich diesen Begriff nur denke: “ShareVibe”. Ich liebe Strapons, egal mit welchem Geschlecht. Aber von diesem Doppelvibrator haben gleich zwei Menschen etwas und Pegging bekommt für mich eine ganz neue Lustebene. Als aktiver Part wird bei mir die Klitoris und mein G-Punkt stimuliert und der passive Part wird vaginal oder anal verwöhnt oder oder oder … Eine süße Vibrator-Bullet mit fünf Stufen rundet das Ganze ab. Am Anfang musste ich mich ziemlich reinfuchsen. Es braucht ein bisschen Übung, um den richtigen Winkel zu finden und auch damit die Dildos nicht ständig rausrutschen. Im Other Nature wurde mir der Expert*innentipp gegeben, einen Slip unter den ShareVibe zu ziehen, sodass dieser festeren Halt hat. Das hat tatsächlich geholfen, aber inzwischen brauche ich auch den nicht mehr. Es klappt. Und es macht Spaß. So viel Spaß!
100 Karten über Sex (Katapult)
Katapult ist in aller Munde. Das Magazin veranschaulicht mittels Infografiken und Karten die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Zusammenhänge. Seit dem letzten Jahr sind die unterhaltsamen Illustrationen auch in Buchform erhältlich und “100 Karten über Sex” hat mich auf der Frankfurter Buchmesse sofort angelächelt. Ich musste es haben! Schließlich bin ich sowieso ein großer Fan von Funfacts und wenn es dann auch noch um Sex geht … Hättest du beispielsweise gedacht, dass sich in Sachen positive Körperwahrnehmung beim Sex die Altersgruppe 55+ am wohlsten fühlt? Und dass 26% der Frauen auf dem Bauch liegend masturbieren? Übrigens haben auch Delfine Sex aus Freude an der Sache und Bären mögen es unter anderem oral. Ameisen haben Gruppensex und Prostitution ist sogar unter Pinguinen verbreitet. “100 Karten über Sex” hat schon einige meiner Gäst*innen zum Schmunzeln gebracht.
Miss Bi (Rabbit Vibrator)
Ganz absichtlich stelle ich dir “Miss Bi” von den Toys in diesem Artikel ganz am Ende vor. “Miss Bi” ist nämlich mein Favorit. “Miss Bi” macht mich zu einem glücklicheren Menschen. Masturbation hat für mich eine neue Dimension seitdem “Miss Bi” hier eingezogen ist. Wo fange ich an? Wo höre ich auf? Der Rabbit Vibrator verfügt über zwei Motoren, sodass der Schaft und der Ausleger in jeweils unterschiedlichen Modi eingestellt werden können. Manchmal möchte es mein G-Punkt vielleicht friedlich und entspannt, aber die Klitoris härter? Dann ist das möglich. Oder ich lege den Schaft auf die Klitoris und führe den Ausleger an den Anus, um dort massierend zu stimulieren. Auch schön. Es sind viele unterschiedliche Kombinationen denkbar. Meine Lieblingseinstellungen kann ich sogar speichern und ich kann gar nicht sagen, wie viel Spaß wir beide zusammen haben. Wir hatten ihn auch schon mit anderen, aber ehrlich: es braucht eigentlich nur uns beide.
Kommt Gut (Jüne Plã)
Untertitel: 1001 Sex-Tipps und Illustrationen für mehr Oohs und Aahs. Ist dir zu vage? Dann hilft vielleicht ein Zitat aus dem Buch: “Wenn du Brüste hast und sie zudem recht groß sind, kann ich dir Busen-Sex wärmstens empfehlen. Mit einem BH ist es praktischer, weil du dann die Hände frei hast, um Solitär zu spielen.” haha … ich liebe diesen Humor, der das ganze Buch durchzieht und diese durchaus ernste Angelegenheit (Sex!) sehr verspielt und augenzwinkernd angeht. In großartig gezeichneten Illustrationen lernen wir so tolle Lust-steigernde Sexualtechniken. Disclaimer: Wir lernen Lustzonen kennen, verborgene Stellen der Vulva und des Penis. Übrigens geht es nicht um Penetrationstechniken. Wir sagen Hallo zu unseren Genitalien. Slow Sex, Blowjob, Oral … ganz ohne Stress, dafür kreativ und leidenschaftlich und eben mit ganz vielen Oohs und Aahs. Ein Wohlfühlbuch.
Üben und Maestra werden
Viel Klavier zu üben, bedeutet nicht zwingend zur Maestra zu werden. Und auch viel Sex ist nicht gleichzusetzen mit gutem Sex. Das weiß ich inzwischen. Lange, lange Jahre fehlte es mir an Offenheit. Die ist jetzt glücklicherweise da. Gepaart mit respektvoller Kommunikation, enthusiastischem Consent und einigem Reflexionsvermögen kann da sogar eine ganz gute Nummer draus werden. Manchmal sogar eine ganz großartige. Ich bin dafür sehr dankbar. Sex macht mir Spaß.
Darüber zu lesen aber auch. Übrigens, wenn du noch mehr Inspiration suchst, schau dir „Fickt Euch!“ an, herausgegeben vom wundervollen Missy Magazin! Diese Sammlung von Sexkolumnen hat alles – von A wie Anilingus bis K wie Katholizismus-Kink. Die Autor*innen brechen Tabus, stellen wilde Fragen und bringen mit viel Humor und Ehrlichkeit Themen aufs Tablett, die uns alle betreffen. Ich habe beim Lesen viel gelacht und gleichzeitig meinen Horizont erweitert. Es liest sich einfach so weg und ist übrigens auch ein tolles Geschenk, um ohne mit der Tür ins Haus zu fallen, deiner besseren Hälfte ein paar frische Ideen unterzuschmuggeln.
Natürlich halte ich mein Versprechen und verrate dir, wo du auch im Netz ganz wundervollen erotischen Lesestoff bekommst: Berlinable. Ich lese nicht nur den Newsletter mit großer Begeisterung, sondern auch immer mal wieder in eine der vielfältigen, kinky Stories rein. Check it out! Du bereust es sicher nicht.
Je mehr gute Geschichten ich lese und je öfter spannende Newsletter reinflattern und je häufiger ich Gelerntes umsetzen kann, desto besser fühle ich mich in meinem Körper und mit meiner Sexualität. Lesen ist für mich nach wie vor therapeutisch, schenkt Perspektive und erhöht meinen Horizont. Ich hoffe, du konntest hier ein paar Inspirationen mitnehmen. Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen, Ausprobieren und Genießen!
Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
Hier geht's zum Motivations-Paket!Simi Will liest | Interview
Person des öffentlichen Lesens: Simi Will
In Büchern steckt das Potenzial, unser Leben zu verändern. Hier verraten dir Menschen aus dem öffentlichen Leben, welche Rolle Bücher und Literatur in ihrem Leben spielen.
Person des öffentlichen Lesens: Simi Will
In Büchern steckt das Potenzial, unser Leben zu verändern. Hier verraten dir Menschen aus dem öffentlichen Leben, welche Rolle Bücher und Literatur in ihrem Leben spielen.
Für Simi Will ist Lesen mehr als Worte und Wissen sammeln – Lesen gelinge ihr nur dann, wenn sie sich selbst gut aushalte und die Welt sie mal „gern haben“ könne. Simi ist autonome Fernsehmacherin, Erfinderin und Produzentin von Simi Will TV – die nachhaltige Fernsehshow aus dem Neukoellner Valentinstueberl.
Foto: © Kristin Borlinghaus
Für Simi Will ist Lesen mehr als Worte und Wissen sammeln – Lesen gelinge ihr nur dann, wenn sie sich selbst gut aushalte und die Welt sie mal „gern haben“ könne. Simi ist autonome Fernsehmacherin, Erfinderin und Produzentin von Simi Will TV – die nachhaltige Fernsehshow aus dem Neukoellner Valentinstueberl.
Foto: © Kristin Borlinghaus
Du könntest mit einer Romanfigur einmal die ganze Nacht durchquatschen. Mit wem würdest du das gerne tun und worüber würdet ihr reden?
Das ist leicht, da würde ich mir liebend gerne die Nacht um die Ohren schlagen mit dem Protagonisten aus „Die Zeitmaschine“ von H.G.Wells. Leider hat dieser keinen Namen soweit ich mich erinnere. Er ist Wissenschaftler, mutig und verrückt genug seiner eigenen Erfindung zu vertrauen. Mich würde wahnsinnig interessieren, wie sich Leben im ausgehenden 19. Jahrhundert angefühlt hat. Alle Details, was wurde wie gegessen, getrunken, wie haben sich die Tweedstoffe auf der Haut angefühlt, was war interessant und warum. Wie beschreibt er das Knutschen aus dieser Epoche, was lief sonst so und wie?
Ich würde ihm leider beschreiben müssen, wie beschissen es ist, wenn alle nur noch mit kleinen Geräten kommunizieren und in quadratische Kisten starren dabei rund um die Uhr damit beschäftigt sind schön, schlank, aktiv und jung zu sein.
Mich würde interessieren, was er von unserer Zeit hält. Was ihm an unserer Zeit gefallen würde und was er aus seiner Zeit vermisst. Ich würde auch unbedingt wissen wollen, was er in welcher Zeit für sich und sein Leben mitnehmen konnte aus seinen Zeitreisen und natürlich wäre interessant zu erfahren, ob die Beziehung zu der bezaubernden Lady aus dem Volk der Eloi irgendwie weitergegangen ist. Schliesslich ist er ja von seiner zweiten Reise in die Zukunft nicht zurückgekehrt in sein Jahr 1895.
Welchen Ort verbindest du auf besondere Weise mit Literatur? Dieser kann real, virtuell oder ausgedacht sein.
Das Bett meiner Oma Franziska, die oben in meinem Elternhaus wohnte. Immer, wenn ich nachts Alpträume hatte als Kind hat meine Mutter mich zur Oma geschickt. Die Oma hat mir dann Märchen vorgelesen. Märchen von den Gebrüdern Grimm natürlich – komisch, die waren ja meist auch sehr gruselig, aber so faszinierend zugleich, dass ich dabei den „Ursprungsgrusel“ wohl vergessen habe.
Die Ausgabe der Grimmschen Märchen im Besitz meiner Oma war so alt, dass ich immer dachte, dass die Zeichnungen darin die Originalszenen festgehalten hatten … so wie ich auch früher dachte, dass aus dem alten 50-er Jahre Radio nur die Musik aus dieser Zeit gespielt werden könnte.
Und meine Oma Franziska war im Besitz eines fetten bordeauxroten Lexikon mit bestimmt tausend Seiten und meine Schwester, unsere Freundinnen Doris und Silvia, wir haben mit diesem enormen Schinken heimlich „heilige Messe“ gespielt und die Backoplaten als Hostien dazu aus dem Küchenschrank meiner Oma geklaut.
Also mein erster Ort für Bücher war oben bei meiner Oma Franziska – von ihr bekam ich auch mein erstes Lieblingsbuch „Lotta zieht um“ von Astrid Lindgren geschenkt.
Gib den kommenden 6 Monaten deines Lebens einen eigenen Romantitel!
Das Glück kurz vor Abspann
Ein Mensch, der dir nahesteht, ist kürzlich ausgewandert. Welches Buch schickst du ihm als Erinnerung an dich?
Nur eins? – geht leider nicht
a) meine Tagebücher der letzten 15 Jahre
b) Jonathan Franzen: „Wann hören wir auf uns etwas vorzumachen“
c) Ferdinand v. Schirach: „Jeder Mensch“
d) Herbert Rosendorfer: „Briefe in die chinesische Vergangenheit“
Und, wenn der Mensch zufällig in die USA gewandert ist, dann zwingend noch:
e) Susan Neiman: „Von den Deutschen lernen- wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer Geschichte umgehen können“ – ein soziologisches Roadmovie zu mehr Gesellschaftsverständnis
Beende den Satz: Lesen ist für mich …
… purer Luxus, denn wenn ich lese, bin ich einfach da, im Jetzt und froh.
Es ist wie als ob ich die Lesezeit dann am liebsten einschliessen würde, damit sie da bleibt. Leben fühlen.
UND – ich lese an gegen zu viel Seriengucken. Aus aktuellem, pandemischem Anlass hab ich mir angewöhnt täglich ein Seitenpensum zu lesen, denn dann darf ich wieder gucken. Lesen ist Luxus und Liebe für mein Leben.
Simi Will
Besuche Simi Will auch auf ihrer Website und folge ihr auf Instagram, Facebook oder schau hier mal vorbei: „Simi Will bei Alex-Berlin“.
Wie geht Sustainable Publishing? | Gastartikel von Laura Nerbel
Wie geht Sustainable Publishing? Ein Blick in unsere Zukunft.
Gastartikel von Laura NerbelEgal wie sehr wir darauf achten, Ökopapier zu nutzen und so wenig wie möglich auszudrucken – bei Büchern lassen wir fünfe grade sein. Dafür ist die Buchsammlung auch viel zu schön. Aber keine Sorge: auch der Kauf eines Buches ist ohne schlechtes Gewissen möglich.
Nach dem Cradle to Cradle-Prinzip werden Bücher nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv produziert. Laura vom &Töchter Verlag erklärt, was das bedeutet und warum &Töchter alles ganz anders machen.
Was bedeutet Cradle to Cradle?
Vielleicht wirst du heute zum ersten Mal von Cradle to Cradle hören, aber ich versichere dir, dass diese Philosophie einer durchgängigen Kreislaufwirtschaft in den kommenden Jahren DAS Ding wird.
Aber von vorne: Innerhalb des Cradle-to-Cradle-Systems gibt es zwei Kreisläufe. Den biologischen Kreislauf, in dem alle Nährstoffe, die für ein Produkt verwendet wurden, wieder in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden können, und einen technischen, in dem alle Bestandteile eines Produkts kontinuierlich in einem Kreislauf gehalten und wiederbenutzt werden können. Die Ökobilanz bei dieser Produktion ist logischerweise genial gut, da Ressourcen nicht verbraucht, sondern immer wieder verwendet werden können. Um eine Cradle-to-Cradle-Zertifizierung zu erhalten, müssen Unternehmen sich viele Gedanken um ihre Produktionsprozesse machen. Bewertet werden bei einer Zertifizierung 5 Kriterien:
- Materialgesundheit
- Kreislauffähigkeit
- Einsatz erneuerbarer Energien
- verantwortungsvoller Umgang mit Wasser
- soziale Gerechtigkeit
Je nachdem, wie perfekt ein Unternehmen die genannten Kriterien in seiner Produktion erreicht, werden die Siegel Basic, Bronze, Silber, Gold und Platin vergeben. Ausruhen können die Unternehmen sich darauf aber nicht – die Zertifizierung wird alle zwei Jahre überprüft.
Nachhaltig verlegen und lesen
Dabei entstehen Produkte, die…
- keine schädlichen Substanzen enthalten
Beim C2C-Druck werden schädliche Stoffe nicht nur reduziert – sondern gar nicht erst eingesetzt. - keinen Abfall produzieren
Durch einen optimierten Recyclingprozess können alle Substanzen wieder in den ökologischen Kreislauf zurückkehren. - kein Gesundheitsrisiko darstellen
Alle Substanzen, die für Herstellung und Druck unserer Bücher genutzt werden, sind durch und durch gesundheitsverträglich.
Wo gibt’s denn so was? Sustainable Publishing in der Praxis
Wir, der &Töchter Verlag aus München, sind einer der ersten Verlage in Deutschland, der komplett auf diese klimapositive Produktion setzt. Unsere Bücher werden vom österreichischen Unternehmen gugler* produziert, das als erste Druckerei weltweit die C2C-Zertifizierung erhielt und seitdem Maßstäbe im klimafreundlichen Druck setzt.
Da wir bei unserem gesamten unternehmerischen Handeln auf Nachhaltigkeit achten, haben wir uns die Druckerei natürlich auch mal persönlich angesehen. Und waren begeistert, dass das Gebäude nicht nur mit der Abwärme der Energie aus der Druckerei geheizt wird, sondern auch eine Herde Schafe auf der Wiese nebenan weidet, womit der Rasen auf völlig natürliche Weise kurzgehalten wird.
Wir fünf Gründerinnen des &Töchter Verlags sind davon überzeugt, dass eine klimapositive Produktion der einzige Weg ist, um zukünftig mit gutem Gewissen weiterhin Bücher zu verlegen. Nachhaltigkeit ist übrigens auch das Thema, das uns Verlegerinnen zu einem unserer ersten Buchprojekte brachte: dem Sachbuch „Great Green Thinking – Vielfältige Perspektiven auf ein nachhaltiges Leben“ von Jennifer Hauwehde und Milena Zwerenz. Die Autorinnen fragen sich in diesem Buch, was passieren muss, damit ein echter nachhaltiger Wandel stattfinden kann und interviewten dafür die VisionärInnen eines umweltbewussten Lebens, die mit ihren Ideen Verantwortung übernehmen und entscheidende Veränderungen ins Rollen bringen.
Auf zu neuen Perspektiven: Belletristik nachhaltig verlegen
Neben Sachbüchern zu brandaktuellen, gesellschaftlichen Themen verlegen wir ausgesuchte Belletristik. Unser Buchprogramm ist klein, aber fein. Unser Anspruch ist, Bücher zu verlegen, von denen wir persönlich überzeugt sind und die in unserer Gesellschaft zu neuen Perspektiven führt. So seziert zum Beispiel die Autorin Laura Späth in ihrem Buch „About Shame“ autobiographisch die weibliche Scham, während Alexander Sperling in „Glashauseffekt“ eine deutsche Zukunft im Jahr 2049 entworfen hat, die erschreckend realistisch die Klimakrise und ihre Folgen thematisiert.
& was wir noch machen
Wenn du noch mehr über uns erfahren möchtest, abonniere doch unseren Podcast „plauschen&Töchter“. Du kannst auch bei unseren literarischen Events vorbeischauen. Beim „rauschen&Töchter“ lesen junge AutorInnen ihre unveröffentlichten Texte an außergewöhnlichen Orten. Zuletzt waren wir in einem Boxstudio und einem Gemüseladen. Neben den Lesungen und Poetry Slams gibt es auch immer einen Musik-Act sowie leckere Drinks und Snacks. Nach Corona feiern wir also wieder uns … und die Literatur!
Gastautorin Laura Nerbel von &Töchter
Laura Nerbel ist Mitgründerin des &Töchter Verlags in München. Sie ist verantwortlich für das Lektorat und die Foreign Rights. Mit ihren Kolleginnen Lydia, Sarah, Jessica und Elena arbeitet sie seit 2019 an dem großen Projekt Verlag. Dabei gehen die Verlegerinnen neue Wege und bieten seit neuestem auch ein Programm für Buchhandlungen an, das studio by Töchter. Hier werden BuchhändlerInnen auf ihrem Weg in die digitale Zukunft unterstützt.
Wir freuen uns übrigens über Projekteinsendungen: manuskript@und-toechter.de
Literaturpower möchte Leser*innen viele interessante und hilfreiche Informationen rund um das Thema Literatur, Bücher und Lesen bieten. Dafür kommen auch GastautorInnen zu Wort. Wenn du auch einen Gastartikel über ein spannendes Thema schreiben möchtest, melde dich gerne über das Kontaktformular unten auf dieser Seite: Über Literaturpower.
Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
Hier geht's zum Motivations-Paket!Paul Bokowski liest | Interview
Person des öffentlichen Lesens: Paul Bokowski
In Büchern steckt das Potenzial, unser Leben zu verändern. Hier verraten dir Menschen aus dem öffentlichen Leben, welche Rolle Bücher und Literatur in ihrem Leben spielen.
Person des öffentlichen Lesens: Paul Bokowski
In Büchern steckt das Potenzial, unser Leben zu verändern. Hier verraten dir Menschen aus dem öffentlichen Leben, welche Rolle Bücher und Literatur in ihrem Leben spielen.
Paul Bokowski ist Autor, Vorleser und gehört seit vielen Jahren zur Speerspitze der Deutschen Lesebühnenszene. Der langjährige Wahlberliner ist Gründungsmitglied der stadtbekannten Lesebühne »Fuchs & Söhne«. Sein aktueller Geschichtenband »Bitte nehmen Sie meine Hand da weg« geht im Sommer in die fünfte Auflage. Im Frühjahr 2022 erscheint sein Debütroman im btb Verlag.
Foto: © Jan Kopetzky
Paul Bokowski ist Autor, Vorleser und gehört seit vielen Jahren zur Speerspitze der Deutschen Lesebühnenszene. Der langjährige Wahlberliner ist Gründungsmitglied der stadtbekannten Lesebühne »Fuchs & Söhne«. Sein aktueller Geschichtenband »Bitte nehmen Sie meine Hand da weg« geht im Sommer in die fünfte Auflage. Im Frühjahr 2022 erscheint sein Debütroman im btb Verlag.
Foto: © Jan Kopetzky
Du könntest mit einer Romanfigur einmal die ganze Nacht durchquatschen. Mit wem würdest du das gerne tun und worüber würdet ihr reden?
Vermutlich würde ich jemanden wählen, zu dem ich einen Bruch, aber im gleichen Maße auch eine große Nähe empfinde. Als erster schießt mir der titelgebende Jakob Fabian aus dem Roman »Fabian« von Erich Kästner in den Sinn. Am allerliebsten natürlich aus der Originalfassung, die unter dem Titel »Der Gang vor die Hunde« vor ein paar Jahren im Atrium-Verlag erschienen ist. Der Zwiespalt zwischen der Weltsicht eines Moralisten und der zynischen Selbstzerredung einer Gegenwart, die im haltlosen Taumel ist, das ist ein wackeliger Boden, auf dem ich sehr gerne für eine Nacht wandeln würde.
Welchen Ort verbindest du auf besondere Weise mit Literatur? Dieser kann real, virtuell oder ausgedacht sein.
Im Kleinen ist die Antwort einfach: Mein Schreibtisch. Ich habe zwei Arbeitsplätze in meiner Wohnung, einen für alles Weltliche, einen für das Kreative. Am Letzteren wird geschrieben und gelesen. Nichts weiter. Kein Objekt in meiner Wohnung ist in einer ähnlichen Weise monothematisch aufgeladen. Im Großen habe ich vor ein paar Jahren in einem nächtlichen alkoholgeschwängerten Gespräch mit einer Engländerin festgestellt, dass ich durch reinen Zufall sehr viele Bücher gelesen habe, die im Arbeitermilieu der Englischen Midlands spielen. Zuletzt noch einmal die wirklich hervorragende (Jugend-)Buchreihe der britischen Autorin Sue Townsend um ihren Protagonisten Adrian Mole.
Gib den kommenden 6 Monaten deines Lebens einen eigenen Romantitel!
»Vom Suchen und Finden der Wörter«. Mit dem Untertitel »Und findest du ein Adjektiv, dann töte es!«
Ein Mensch, der dir nahesteht, ist kürzlich ausgewandert. Welches Buch schickst du ihm als Erinnerung an dich?
Mit etwas Glück das Ergebnis der kommenden sechs Monate. Im Sommer werde ich das Manuskript für meinen Debütroman abgeben, der im Frühjahr 2022 im btb Verlag erscheint. Auch wenn ich den Titel noch nicht verraten darf, sei erwähnt: Es wird eine halb autobiografische Jugendgeschichte, die im Westdeutschland der 80er-Jahre spielt und auch noch sehr an die deutsche Gegenwart erinnert.
Beende den Satz: Lesen ist für mich …
… meine zweitliebste Impfung vor den unheilsamen Dingen dieser Welt.
Sinn im Leben
Sinn im Leben
Wenn du nicht viel Zeit hast, um den ganzen Artikel zu lesen: Es geht um dieses wunderbare Buch!
Klicke auf das Bild, um dir „Vom Libellenflug“ auf Amazon anzusehen.
Titel: Vom Libellenflug – Eine Geschichte über den Mut
Autor: Matthias Hübener
Verlag: Äquatorkind Verlag
Was hältst du von dem Begriff “Selbstfindungsphase”? Lässt dich das auch aufhorchen, weil Selbstfindung doch eigentlich niemals endet? Wann hören wir auf einen Sinn im Leben zu suchen und uns selbst zu finden? Hören wir dann nicht auch auf zu leben? Mein Lieblingsspruch ist: Dein Leben beginnt am Ende deiner Komfortzone. Ich liebe diesen Gedanken*, denn er suggeriert, dass es für mich immer wieder Neues zu lernen und zu entdecken gibt. Ich möchte mich immer wieder vom Leben überraschen lassen.
Ein kleiner Disclaimer darf hier am Anfang nicht fehlen. Ich arbeite seit Herbst 2020 freiberuflich als Social Media Managerin für den Äquatorkind Verlag, der den Roman, den ich euch hier vorstellen möchte, herausgebracht hat. Diese Transparenz ist mir wichtig. Genauso wichtig ist mir aber auch zu betonen, dass meine Buchvorstellungen auf Literaturpower nicht gesponsert sind.
Vom Suchen und Finden eines Sinns im Leben
Meine Entscheidung für den Äquatorkind Verlag zu arbeiten, hat viel mit diesem besonderen Roman zu tun. “Vom Libellenflug”, geschrieben von Matthias Hübener, trägt den schönen Untertitel “Eine Geschichte über den Mut” und ist doch gleichzeitig so viel mehr als das. Es geht um Mut, aber auch um die große Sehnsucht nach dem Leben, um den Hunger nach Wissen, um Liebe und Freundschaft und darum, den eigenen Weg zu gehen.
In meinem Philosophiestudium habe ich einmal einen schönen Text darüber gelesen, warum der Sinn des Lebens einfach ist, das Leben zu leben. Damals hat mich diese Einsicht sehr getröstet. Es liegt etwas so Beruhigendes in der Tatsache, dass mein Leben mir gehört und alle Erfahrungen, Erfolge, Rückschläge und auch Niederlagen Teil eines ganz individuellen Prozesses sind, der vor allem mir als Individuum dient.
Das Leben genießen und Sinnfindung
Wie sehr ich als Individuum auch Teil einer Gesellschaft bin und somit Verantwortung für mein Handeln und meine Entscheidungen trage – das alles wird einerseits sehr unbeschwert, aber auch nachdrücklich im Roman “Vom Libellenflug” deutlich. Unsere Protagonistin Arianne wird Vollwaise und begibt sich auf eine Weltreise, die ihre Perspektive erweitert, ihre Neugier aufs Leben wachsen lässt und sie – genauso wie auch mich als Leserin – immer dichter an all das heranführt, wofür es sich zu leben lohnt.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit unseres Daseins beschäftigt Menschen ja durch alle Generationen hindurch. Alle Antworten darauf sind Versuche, uns Orientierung zu schaffen und unser Bedürfnis nach einer solchen Orientierung kann sehr, sehr stark werden. Nicht zuletzt in Zeiten von Corona. Zeiten also, die uns ganz besonders fordern.
Lebensfreude und Wohlfühlzone
“Vom Libellenflug” zu lesen hat mir wahnsinnig gut getan. Ich konnte wieder diese stille Sehnsucht nach dem Leben spüren, die Lust auf gute Küche, tiefe Gespräche mit Freund*innen und die Freude auf Unentdecktes schüren. Es ist ein Roman der Lebensfreude, der voller Tiefe steckt und dieses wohlig-warme Gefühl beim Lesen vermittelt, das uns gerade jetzt so gut tut. Ich wünsche dir, liebe Leserin und lieber Leser, viel Spaß bei der Lektüre!
* P.S. Hin und wieder hege und pflege ich meine Komfortzone mit viel Liebe. Selfcare first!