Abschied von der Angst vorm Abschied
Abschied vor der Angst vorm Abschied
Frau Westermann kennt Abschiede
Christine Westermann war Teil dieser Sendung. Die Lektüre eines ihrer Bücher hat nicht nur mein Interesse an der Sendung geweckt, sondern mich auch auf diese eindrucksvolle Moderatorin aufmerksam gemacht.
Wer ist Christine Westermann?
Christine Westermann ist eine Fernseh-Journalistin, die unter anderem “Zimmer frei!” moderiert hat, mehrere Bücher veröffentlichte und viele Jahre die Welt bereiste. Christine Westermann weiß viel, aber sie stellt vor allem Fragen. Als ich vor über zehn Jahren mein Medizinstudium gegen ein Philosophiestudium eintauschte, war es das, was ich mir wünschte: Fragen stellen können, statt nur noch Antworten zu bekommen.
Fragen und Antworten
Die Medizin stellt auch Fragen und diese müssen immer beantwortet werden. Was nützt all die Forschung, wenn sie keine Menschen heilt? Mediziner sind schlau. Sie wissen viel und sie nutzen dieses Wissen, um Gutes zu tun. Es gibt jedoch Themen und Fragen, die möchten wir gerne beleuchten, untersuchen und analysieren. Wir wollen auf diese Fragen aber keine Antworten vorgekaut bekommen. Je persönlicher ein Thema ist, desto individueller gestaltet sich auch der Zugang zu diesem Thema. Abschied gehört dazu und mit “Manchmal ist es federleicht” halte ich ein Buch in meinen Händen, das eben diesen persönlichen, individuellen Zugang würdigt.
Es ist ein Buch der “kleinen und großen Abschiede” und die Autorin ist niemand geringeres als die bekannte deutsche Fernsehjournalistin Christine Westermann. Dieses Buch, das sie mit fast 70 Jahren zu Papier gebracht hat, überraschte mich.
Leichtfüßig und unbeschwert
“Federleicht” steht da im Titel und dennoch erwartete ich beim Thema Abschied nicht die Leichtfüßigkeit, Unbeschwertheit und diese freundliche Grundstimmung, die Westermann tatsächlich in ihren Zeilen transportiert. Lange hat mich das beim Lesen sogar verwundert. Verbinden wir nicht Abschied mit Verlusten, Trauer, Wehmut und Resignation? Dürfen wir überhaupt etwas Positives an einem Abschied finden oder macht uns das nicht zu oberflächlichen Menschen? Dürfen wir. Frau Westermann zeigt uns mit ihrem Buch, dass das möglich ist ohne dabei an Tiefe und Authentizität zu verlieren. Und sie zeigt auch, dass es möglich ist, ohne nachhaltigen Pessimismus über Abschiede und andere schwierige Phasen unseres Lebens zu sprechen.
Manchmal ist es eben federleicht.
Manchmal ist es eben federleicht. Natürlich nur manchmal. Zum Ende ihres Buches werden die Abschiede schwerer. Es geht um den Verlust lieber Menschen, um Beerdigung und Trauer. Beerdigungen sind ja eigentlich nichts, was wir oft und gerne thematisieren. Man könnte also fast meinen, dass es ein bisschen tabuisiert ist darüber zu sprechen. Wenn ich jetzt aber bei Westermann nachlese und merke, dass man auch solch ein gemeinhin emotional besetztes Thema ganz sachlich angehen kann, dann tut das irgendwie gut. Christine Westermann schreibt selbst:
“Viel zu lange habe ich geglaubt, dass Abschied gleichbedeutend mit Katastrophe ist.” Und ein paar Seiten später: “Fast ein ganzes Leben später habe ich die Sache mit dem Abschied etwas besser verstanden.”
Zu Beginn ihres Buches sind die Abschiede anderer Natur. “Manchmal ist es federleicht” ist auch ein Buch über das Altern und den Abschied von der Jugend. Veränderungen zu akzeptieren fällt nicht immer leicht und erst recht nicht, wenn sie unser Aussehen und unsere Gesundheit betreffen.
Abschied von der Jugend
Dieser Abschied von der Jugend, ist er auch ein Abschied von der Schönheit? Nein! Es ist eine andere Schönheit, die kommt. “Die Fotos, die jetzt entstehen, zwanzig Jahre später, sind umso vieles ehrlicher, klarer, wahrhaftiger. Zeigen so viel mehr unverstellte Persönlichkeit.” Die Schönheit ist eine andere, aber Gesundheit spielt natürlich zunehmend eine Rolle, gerade wenn sie einschränkt.
“Mein Leben verändert sich, weil mein Körper es tut. Er ist jetzt der Bestimmer, gibt Richtung und Geschwindigkeit vor. Vieles, was mir heute noch vergleichsweise leicht fällt, wird irgendwann nicht mehr selbstverständlich sein.”
Was ich sehr mag an der Schreibart von Westermann ist die Relativierung, die nicht nur im Titel vorkommt, sondern das gesamte Buch durchzieht. Es ist eben ein sehr persönliches Buch, welches über Erfahrungen und Einblicke berichtet ohne dabei strikte Handlungsanweisungen zu geben. Für diese Erfahrungen bin ich sehr dankbar.
Verlustängste kennen wir alle
Verlustängste beispielsweise suchen jede und jeden irgendwann einmal heim. Westermann schreibt über den Mut loszulassen und zwar nicht nur die großen Errungenschaften im Leben, sondern auch die eigene Fassade, die man sich aufgebaut hat. Und auch den Wunsch, alles richtig zu machen, auch diesen muss man früher oder später einmal loslassen. Christine Westermann ist eine Frau, die Tatort schaut, nicht besonders technikaffin ist und zu Hause gerne gemütlichere Garderobe trägt als vor der Kamera. Loszulassen fällt nicht immer leicht. Die Autorin scheint ihre Zeit dafür gebraucht zu haben. Sie gibt sich in solchen Dingen sehr nahbar. Auch das macht das Buch lesenswert.
“Zu meiner Überraschung sind mir innerhalb weniger Minuten diese zwei Sätze herausgerutscht: “Das werde ich nicht mehr erleben” und “Wenn Sie erst mal so alt sind wie ich”. Wo kamen die auf einmal her? Wo hatten sie sich versteckt? Wie konnten sie sich von mir unbemerkt in meinem Kopf nach vorne drängen, meine Sprache infiltrieren. Kommt da noch mehr? Geht das so weiter?”
Zuzugeben, dass man im Angesicht des Alters unsicher wird, Schwächen zulassen muss und manches nicht mehr kann, das erfordert Größe. Auch ganz offen über die eigenen Macken und Kontrollzwänge berichten – würde uns das so schnell von der Hand gehen? Frau Westermann legt vor und ermutigt mit ihrem Schreiben auch implizit mich als Leserin es ihr gleichzutun. Wie sehr war ich bei solchen Zeilen über vergangene Sehnsüchte ganz bei ihr:
“Warum der Gedanke so stark war, kann ich erst heute, mit vielen Jahren Abstand, vermuten: weil damals die Lust, beinahe schon die Begierde auf neue Erfahrungen, auf große und kleine Mutproben, die unweigerlich zum Leben in einer anderen Kultur gehören, beinahe übermächtig war. Ich wollte sie erleben und bestehen. Sich davon verabschieden? In diesem Stadium undenkbar. Wann es over und aus ist, wollte ich immer selbst bestimmen.”
Schwach zu sein, traurig, unperfekt – es geht leichter wenn uns das jemand vormacht. Danke, liebe Christine Westermann, für dieses federleichte, kluge Buch.
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Kinderbücher, die wir liebten
Kinderbücher, die wir liebten
Wenn du nicht viel Zeit hast, um den ganzen Artikel zu lesen: Hier sind meine Top 3!
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Geliebte Kinderbücher
“Schaut, die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Ihr Leben kommt ihnen vor wie eine Dauerwurst, die sie allmählich aufessen, und was gegessen worden ist, existiert nicht mehr. … Nun, die meisten leben so. … Früher waren sie Kinder, dann wurden sie Erwachsene, aber was sind sie nun? Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.” Erich Kästner
In diesem Artikel wirst du bestimmt in alte Kindheitserinnerungen eintauchen oder ganz neu inspiriert werden. Zum Schluss verrate ich dir sogar, welche Bücher mir persönlich besonders viel bedeuten. Wenn du nur die schönen Buch-Empfehlungen anderer LeserInnen möchtest, scroll hier unter: Lese-Empfehlungen.
Tu mal nicht so erwachsen
Unsere Gesellschaft erwartet, dass wir morgens aufstehen, gebügelte Kleidung aus dem Ikea-Schrank holen, einen Kaffee trinken, pünktlich bei der Arbeit sind und uns dort ganz wie Erwachsene verhalten. Wenn uns etwas stört, sagen wir nicht “Fuck you!”, sondern “Ja, okay.”. Die Pause verbringen wir nicht unten auf dem Weihnachtsmarkt mit einer Zuckerwatte, sondern mit einem frischen Salat und vielleicht noch einem Kaffee.
Aber wir kaufen doch auch Spielekonsolen, gehen zum Karaoke und veranstalten Themenparties.
Wenn ich jetzt von Spieltrieb rede, meine ich damit weder den zermürbenden Bestseller von Juli Zeh, noch die berechnenden Verhaltensweisen bei der Balz. Wir alle haben noch ein bisschen Spieltrieb in uns und besser erinnern kannst du dich vielleicht daran, wenn du mal an die schönen Kinderbücher denkst, die deine eigene Kindheit erhellten.
Der Internationale Kinderbuchtag
Der zweite April 2018 ist nicht nur Ostermontag, sondern auch der Internationale Kinderbuchtag. Für die meisten Literaturfreunde unter uns, begann die Lesekarriere bereits in den frühen Jahren der Kindheit. Man hat uns vorgelesen, wir lauschten Hörspielen oder blätterten in farbenfrohen Bilderbüchern, die Großeltern, Onkel und Tanten uns mitgebracht hatten.
Nun lasse ich ein paar meiner Freunde zu Wort kommen, die ich per Whatsapp und E-Mail befragt habe.
Die Frage lautete: Welche Kinderbücher waren früher für dich wichtig und was hat dir an ihnen gefallen?
Prägende Kinderbücher
Robert
Ich habe super viel gelesen als Kind. Von Alexander Melentjewitsch Wolkow “Der Zauberer der Smaragdenstadt”. Ich dachte früher, das wäre das Original zum “Zauberer von Oz”, aber es ist leider andersherum. Dann fand ich schon immer den Hype um die “Harry Potter”-Reihe von Joanne K. Rowling absolut gerechtfertigt. Je älter man wird, desto mehr nimmt man Abstand von Harry und kann sich auch immer weniger mit ihm identifizieren. Aber gerade die ersten drei Bücher waren großartig. Natürlich war ich da schon kein Kind mehr, sondern eher so jugendlich.Dann fällt mir sofort “Die Brüder Löwenherz” von Astrid Lindgren ein. Auch eine fantastische Welt. Und ein unglaublich trauriges Ende. Obwohl irgendwo doch hoffnungsvoll. Gerade das Ende musste ich viele Male lesen. Das Buch hinterließ in mir einen lange anhalten Eindruck. Auch wenn Lindgren kritisiert worden ist, ich glaube, besser kann man sich des Themas Tod kaum annehmen. Aber darauf würde ich es auch nicht reduzieren. Ich weiß nur, dass das Buch sehr viele kraftvolle Bilder hatte. Wie die beiden Brüder auf dem Hof hausen und ringsherum kräftige saftige Äpfel an den Bäumen hängen. Die Bilder von den beiden sind immer noch sehr lebendig in mir. Nach all den Jahren.“
Eduard
„Erzähle mir vom kleinen Angsthasen” Das ist eine von vielen Vorlesegeschichten, die meine Eltern mir vorgelesen haben und die ich jetzt meiner kleinen Tochter vorlese.
Ava
Ich mochte “Die kleine Hexe” (Otfried Preußler), weil sie meine Phantasie beflügelte und mir vor Augen führte, dass alles sein kann. Außerdem “Der kleine Wassermann” (auch Otfried Preußler) und “Pipi Langstrumpf” (Astrid Lindgren). Ihre Stärke und ihr Selbstbewusstsein haben mich sehr beeindruckt und später die Bücher von Enid Blyton … die Detektivgeschichten um ein Geheimnis … ich wollte dann als Kind lange Zeit Detektiv werden.
Manuel
“Vorstadtkrokodile“ Warum? Ich fand die unheimlich cool, die Clique. Und ich habe so überhaupt erst erfahren, was eine Clique ist.
Lena
Wir alle lieben die „Onkel Tobi“ Bände! Hatten wir schon als Kinder, schön illustriert und die Reime bleiben für immer im Kopf. Als meine Schwiegermutter, die Bücher vor ein paar Jahren meinem Sohn schenkte, habe ich mich wieder neu verliebt.
Kira
“Die kleine Raupe Nimmersatt“ (Eric Carle): Ich mochte die Farben so gerne! Zum Lesen war es “Die kleine Hexe” (Otfried Preußler).
Mohammed
“Räuber Hotzenplotz“ (Otfried Preußler), „Ronja Räubertochter“ (Astrid Lindgren) … Ich mag die zum Teil unheimlichen Welten und Geschichten … Achso: „Die unendliche Geschichte“: Gut zum Wegträumen.
Axel
“Die kleine Raupe Nimmersatt” (Eric Carle) und “Die Kinder aus der Krachmacherstraße” (Astrid Lindgren). Bei der Raupe war die Buchform so schön. Das Interaktive mit den Löchern war cool. Und Lotta waren Geschichten aus einer heilen Familie…
Meine liebsten Kinderbücher
Ich habe als Kind sehr viel gelesen, aber auch viel vorgelesen bekommen. Unter anderem erinnere ich mich an “Hirsch Heinrich” (von Fred Rodrian und Werner Klemke). Das Buch berührt mich noch heute, wenn ich daran denke und hat sicher in vielen Punkten Einfluss auf mein heutiges Verständnis von Tierethik gehabt. Außerdem liebe ich das Buch “Der kleine Häwelmann” (Theodor Storm). Immer höher und weiter möchte der kleine Häwelmann und nie ist er zufrieden. Zum Glück ist er nicht ertrunken, als er ins Meer plumpste. Die meisten Kindergeschichten gehen ja gut aus.
Ich habe noch ein paar mehr Antworten bekommen, für die ich mich an dieser Stelle bedanke. Oft wurde “Harry Potter” genannt. Ich habe die Reihe auch so sehr geliebt. Astrid Lindgren und Otfried Preußler sind wohl unerreichte Champions unter den Kinderbuchautorinnen und Autoren.
Wenn du mal wieder das Kind in dir wecken möchtest, versuche es mit einem schönen Kinderbuch. Es klappt bestimmt.
Und DU? Schreibe gerne deine Lese- und Vorleselieblinge aus Kindheitstagen unten in die Kommentare.
Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
Hier geht's zum Motivations-Paket!Wenn die Schuld kaum zu ertragen ist
Nur düsterer irgendwie.
Das Buch, von Curtis Dawkins, war mein Lustkauf auf der Leipziger Buchmesse 2018, die Mitte März stattgefunden hat. Um ganz ehrlich zu sein, habe ich es mir zwar während der LBM, aber nicht auf dem Messegelände, sondern in der Leipziger Bahnhofsbuchhandlung gekauft.
Jedesmal wenn ich in Leipzig bin, nehme ich mir Zeit und genieße die kompetente Beratung vor Ort. Dieses Büchlein jedoch hat mich von allein gefunden. Es ist ein besonderer Fund.
Der Autor, Curtis Dawkins, sitzt nicht etwa in einem abgelegenen Landhaus und erschafft komplexe Charaktere, um uns Leserinnen und Leser zu unterhalten. Er schlürft auch nicht in einem New Yorker Café an einem Latte mit aufgeschäumter Hafermilch.
“Curtis Dawkins schreibt aus ungewöhnlicher Perspektive. Den Weg des Schriftstellers hatte er eingeschlagen, in namhaften Magazinen veröffentlicht, geheiratet, drei Kinder bekommen. […] Jetzt sitzt er lebenslänglich im Knast.”
Im Film sieht alles immer ganz einfach aus
Diese Zeilen auf dem Buchrücken haben mich zum Kauf verlockt. Als ob es relevant wäre, ob jemand vorher oder erst nach einer Straftat den Weg des Schriftstellers einschlüge. Als ob drei Kinder haben und verheiratet sein einen Unterschied mache.
Aber es macht einen Unterschied.
Die Tragik fühlt sich schwerer an. Noch mehr Verlust und Leid wird damit transportiert als durch eine für sich stehende Straftat. Wir erfahren auch schon auf der Buchrückseite, warum der Autor im Gefängnis sitzt: Unter Drogeneinfluss hat Dawkins einen Menschen getötet. Erschossen um genau zu sein.
Auch dem Protagonisten der Geschichte sind Drogen nicht fremd.
“Als ich aufwachte, steckte die Nadel noch, und die Haut hatte angefangen, um das Metall zu heilen. Ich musste die Nadel drehen, um sie zu befreien, und Druck mit dem Wattebausch ausüben. Im Film sieht alles immer ganz einfach aus, aber in Wirklichkeit erfordert Drogenkonsum einige Übung.”
Dawkins Erstlingswerk „Alle meine Freunde haben wen umgebracht“ handelt von Drogen, Schuld und dem Leben im Knast. Die autobiographischen Züge sind offensichtlich.
Die Authentizität, die damit einher geht, erdrückt.
Ich stellte mir die Frage, ob Curtis Dawkins ähnlichen schriftstellerischen Ruhm erfahren hätte, wenn seine persönliche Geschichte irrelevant gewesen wäre. Ich kann es ehrlich gesagt auch jetzt nach der Lektüre nicht beurteilen. Ich mag, wie Dawkins schreibt und seine Zeilen berühren mich, kratzen an mir und sie schockieren auch.
Dawkins selbst hat Schuld auf sich geladen und büßt nun sein Leben lang dafür. Ich glaube, noch kein Buch gelesen zu haben, das ähnlich eindringlich darüber nachdenken macht, was denn Schuld bedeute und welche Rolle wir ihr im Leben zugestehen.
Darf Schuld ganze Familien zerreißen, Leben beenden, lebenslängliche Strafen nach sich ziehen?
Im Philosophiestudium habe ich mich mehr als einmal mit der Bedeutung von Strafen auseinander gesetzt. Die Theorien sind interessant, aber die Realität bitter.
Zurück zum Buch. In Ausschnitten erfahren wir von dem Leben “draußen” unseres Protagonisten. Dem Leben, das er vor seiner Inhaftierung führte. Diese Ausschnitte sind nicht lang und sie haben immer einen fließenden Übergang in die Enge der Gegenwart.
Eine Gegenwart, die keine Handlungs- und Meinungsfreiheit kennt. Ich nehme an, dass in solchen Situationen viel Zeit bleibt, um über die Vergangenheit zu räsonieren.
Ähnlich wie Dawkins im Roman habe ich beim Schreiben dieses Artikels Mühe und Not, um meine Worte nicht abgedroschen klingen zu lassen. Ich mache mir beispielsweise Gedanken darüber, wie viel Moral ich einbringen darf und ob es mir überhaupt zusteht von Moral zu sprechen.
Außerdem frage ich mich, ob es nicht makaber ist, wenn ich einen Gefängnisroman auch in die Kategorie “Freiheit” einordne. Aber es sind schließlich oft die Kontraste, die uns etwas spürbar machen.
Freiheit wertschätzen
Ich kenne jemanden, der mal ein paar Monate gesessen hat. Er meinte zu mir, dass kaum eine Lebenserfahrung ähnlich effektiv gewesen sei, ihn die (später wiedererlangte) Freiheit wertschätzen zu lassen. Auf Freiheit werde ich gleich nochmal eingehen.
Vorher kurz zu einer literarischen Besonderheit des Autors. Unser Protagonist begibt sich seinerseits immer wieder auf eine Metaebene und reflektiert vor und für uns sein Schreiben:
“Ein Wärter sagte uns nur: “Bücherei.” Micky und ich zögerten, weil wir den Weg nicht wussten, und er nannte uns zwei dumme Arschlöcher. Ich wusste, dass auch er gekünstelt wirken würde, wenn ich sein jämmerliches Speckgesicht und seine feine Wortwahl beschrieb, aber da war nichts zu machen.”
Ich erinnere mich nicht, auch nur in einem der unzähligen Bücher, die ich in meinem Leben schon gelesen habe, eine derartige Reflexion des Autors über seinen Schreibstil noch innerhalb der Geschichte mitverfolgt zu haben. Ich muss sagen, dass mir das sehr gut gefällt.
Auf Freiheit wollte ich zu sprechen kommen. Bücher, die sich um Freiheit drehen, gibt es viele. Ratgeber, Sachbücher, auch Romane, die sehr positiv daherkommen und dadurch besonders viel Energie versprühen.
“Alle meine Freunde haben wen umgebracht” versprüht keine Energie und kommt auch nicht positiv daher.
Vergeblich sucht die Leserin oder der Leser Humorvolles und nur an einer Stelle im Buch glaube ich ein Fünkchen Ironie entdeckt zu haben: Nämlich als unser Protagonist und ein paar andere Insassen in ein anderes Gefängnis verlegt werden.
“In Jackson würden wir eine Einzelzelle und etwas mehr Freiheit haben als vorher, also freuten wir uns alle darauf, als wäre es ein tropisches Ferienparadies.”
Es ist ein ernüchterndes, trauriges, schweres Werk, aber – und darin liegt Dawkins Charme – auch ein intelligentes und verständnisvolles. Literatur ist Kunst und es wäre unklug in jedem Roman einen literarischen Selbsthilferatgeber zu erwarten.
Was du und ich aus einem Roman mitnehmen, liegt an uns und ich schreibe das an dieser Stelle genau deshalb nochmal so eindringlich, weil ich nicht möchte, dass eine Leserin oder ein Leser enttäuscht wird.
Diese Lektüre wird dich kaum aufmuntern. Sie wird dich Dinge verstehen lassen, Augen öffnen und Horizonte erweitern, aber es geht auch und vor allem ums Leben.
Und, nunja, das ist nicht immer schön. Im Gefängnis passieren häufiger Suizide, Mobbing bekommt eine neue Dimension und am allerschlimmsten ist für mich von der Hoffnungslosigkeit zu lesen, die viele Menschen heimsucht.
Hoffnungslosigkeit vertreibt die Menschlichkeit. Schreiben hingegen weckt Hoffnung und trotz allem bin ich neugierig auf weitere Werke von Curtis Dawkins. Ich bin optimistisch, dass es sie geben wird und möchte mit ein paar Zeilen als der Danksagung des Autors selbst schließen:
“Oft habe ich solche Trauer und solchen Schmerz im Herzen, dass es mir vorkommt, als würde ich fast explodieren. Aber innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunde, nachdem man die Gefängnistür hat zuschlagen hören, versteht man, dass man entweder an der Vergangenheit zugrunde geht oder lernt in der Gegenwart zu leben. Die Literatur ist für mich ein großer Teil dieser Gegenwart, und ich halte mich daran fest wie an einem Rettungsboot, das täglich aus dem Nebel hervortreibt.”
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Hektisch, laut, anstrengend und doch überwältigend: die LBM 2018
In letzter Zeit hat das kleine Wörtchen “eigentlich” immer mal wieder eine Rolle gespielt. Eigentlich hatte ich schon einen vollgepackten März mit vielen interessanten Termin und einem großen Bücherstapel, den es zu bearbeiten galt.
Eigentlich. Und dann kam die Leipziger Buchmesse. Kein Weg führte daran vorbei und ich muss auch sagen, dass meine Neugier zu groß war, um dieses bibliophile Event auszulassen.
Selber ausstellen wollte ich nicht, aber Besucherin sein, Eindrücke gewinnen und mich inspirieren lassen. Und weil nicht alle die Gelegenheit hatten nach Leipzig zu fahren, teile ich hier mit dir meine Eindrücke und ein paar fun facts über die zweitgrößte Buchmesse in Deutschland.
#1 So viele Menschen
Um die 200000 Besucherinnen und Besucher haben die Leipziger Buchmesse dieses Jahr besucht. Und nochmal um die 100000 Menschen waren auf der MangaCon, die zur gleichen Zeit am gleichen Standort abgehalten wird.
Mir wurde vorher ausdrücklich dazu geraten den Freitag als Besuchstag anzuvisieren und daran habe ich mich artig gehalten. Glückskind, ich. Dem großen Schneesturm, der am Wochenende Leipzig und die Bahn in einen Ausnahmezustand versetzt hat, bin ich ganz knapp entronnen. Ein Besuch lohnt sich auf aber auf jeden Fall. Es macht schon Spaß mal von so vielen Gleichgesinnten umgeben zu sein: überall wird gelesen, vorgelesen, geblättert, gestöbert und gefühlt. Gefühlt? Na klar, ein Buch muss man fühlen. Und wenn es nicht das Papierbuch ist, dann eben das Gefühl vom E-Book-Reader in den Händen, oder das schöne Cover eines Hörspiels. Alle Sinne einbinden!
#2 Die Buchmesse ist bunt
Und mit bunt meine ich jetzt nicht die farbenfrohe Reizüberflutung, die mich schon bald nahezu in die Knie zwang. Ich muss schon einräumen, dass es mir an irgendeinem Zeitpunkt (vielleicht so nach circa 5 Stunden?) nicht mehr so gut gelang, neue Informationen aufzunehmen, geschweige denn noch mehr Flyer und Goodies zu tragen.
Mehrfach musste ich mich hinsetzen und meine drei Taschen umsortieren. Mein Tipp fürs nächste Mal: keine Schultertaschen (Aua!), sondern ein ergonomisch-freundlich-konzipierter Rucksack, der den Körper entlastet. Natürlich nicht übergroß – um sich in großen Menschenmengen keine Feinde zu machen, aber immerhin groß genug, um ein paar der schönen Messematerialien mit nach Hause zu bringen.
Mit bunt meine ich vor allem auch die groß angelegte Verlagsaktion gegen Rechts. An jedem zweiten Stand lagen Flyer und Lesezeichen aus, die für Respekt und Vielfalt warben. Es hat mich sehr berührt, dass die Buchbranche sich gemeinsam gegen rechtes Gedankengut ausspricht. Danke dafür.
#3 Über den Tellerrand geschaut
“Internationalität gehört in Leipzig zum Programm. Aussteller aus 43 Ländern bieten den Besuchern wichtige Einblicke in die Literaturentwicklung rund um den Globus.” (Quelle: www.leipziger-buchmesse.de)
43 Länder!
Überleg‘ mal genau wieviele das sind. Nicht nur 10, 20, oder 30. Über 40 Länder waren auf der Leipziger Buchmesse vertreten und Rumänien dieses Jahr als Gastland.
Ich lebe ja in Berlin und bin es gewohnt, dass um mich herum viele verschiedene Sprachen gesprochen werden. Aber so einen großen Basar mit einem solch vielfältigen Angebot gibt es wirklich nicht überall. Besonders schön fand ich zum Beispiel die Buchstempel einer Ausstellerin aus Litauen.
#4 Neues entdecken
Ich habe wirklich wahnsinnig viel Neues gelernt. Zum ersten Mal hat mir jemand den Unterschied zwischen Urban Fantasy und High Fantasy erklärt. Am Stand der deutschen Schrift und Sprache hat mir eine freundliche Bookcrosserin Wissenswertes über die deutsche Schreibschrift erzählt und bei den Jungen Verlagsmenschen gewann ich Lust, die Branche gleich als Mitglied zu unterstützen.
Der befreundete Autor und Verleger Hans Jörg Rafalski bot mir Einblicke in die Welt der Selfpublisher. Beim Loveletter-Gewinnspiel habe ich leider nicht gewonnen, aber dafür etwas später ein kleines Lesewerk der “Büchergilde Gutenberg” abgestaubt: “Du bist, was du liest”.
Das Cover zeigt eine junge lesende Frau, die abwesend ihre Kakteen ersäuft und dabei selig in ihrer Lektüre versunken ist. Da man dieses kleine schöne Heft eigens für mich aus einem Schrank holte, ich keine ISBN finde und auch nicht weiss, wie man sonst dazu kommt, werde ich es bald als Buch-Ring bei Bookcrossing anbieten, um möglichst viele teilhaben zu lassen. Wenn du auch mitlesen möchtest, schreibe mir einfach eine Nachricht.
#5 Gemischte Gefühle
Hektisch, laut, anstrengend und trotzdem überwältigend. So habe ich die Buchmesse empfunden. Gefreut hat mich, dass auch ein großes junges Publikum anwesend war – auch außerhalb der vielen Jugendlichen, die im Klassenverband einen Pflichtbesuch abhielten.
Etwas hat mich jedoch auch befremdet und ich bin noch nicht ganz sicher, wie ich das in Worte fassen kann. Es hat etwas mit Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Konsum zu tun.
Also erstmal kann ich schon sagen, dass ich es schade fand, dass manche Zeitschriften-Verlage ihre Stände durch Promoterinnen und Promoter betreuen ließen. Die Marketingtricks, die diese zum Teil anwenden mag ich weniger und bin dann auch nicht willig mir ein Probeabo zu holen.
Positiv ist mir hingegen der Funkturm aufgefallen. Ich ließ mich sehr bereitwillig vom freundlichen Moritz beschwatzen ein Heft zu kaufen. Ob es was taugt kann ich noch nicht sagen, aber die Ansprache war kompetent und verbindlich. So möchte ich gerne als Kundin behandelt werden.
Ich komme nochmal zurück auf meine Befremdlichkeiten: Ich finde es toll, dass ganz viele Menschen schreiben und glaube, dass auch fern der renommierten Verlage Menschen verdient haben, veröffentlicht zu werden.
Schade finde ich es, wenn diese Menschen an Verlage geraten, die eher Profit durch Autorinnen und Autoren machen statt durch die Leserinnen und Leser. Aber das ist hoffentlich die Ausnahme.
So, jetzt möchte ich aber nicht mit diesem negativen Gedanken schließen. Die Leipziger Buchmesse ist wirklich eine wundervolle Institution mit zahlreichen Lesungen, Workshops, Veranstaltungen und der endlosen Möglichkeit, sich inspirieren zu lassen. Viele meiner Inspirationen werdet ihr hier auf Literaturpower verfolgen können.
Ich freue mich schon auf die nächste Buchmesse im Herbst. Dann die größte in Deutschland: die Frankfurter.
Schwanger? Mach dich doch nicht verrückt!
Babyboom!
Ich bin nicht sicher, ob es nur meine Freunde sind oder ob sich das statistisch bestätigen ließe: überall werden Kinder gezeugt. Ganz viele Pärchen bekommen gerade Nachwuchs und treten damit in eine völlig neue, veränderte Lebensphase ein. Verheiratete Pärchen, in wilder Ehe lebende und die ganz taffen: Alleinerziehende.
Manche von ihnen bekommen auch schon das zweite oder sogar dritte Kind und selbst dann verändert sich wieder vieles im Leben.
Gemischte Gefühle
Mein Respekt gilt allen Eltern, weiß ich doch um die Entbehrungen, Strapazen und Herausforderungen. Aber wollen wir mal nicht so negativ an die ganze Sache herangehen. Wenn du sagen kannst “Ich bin schwanger.”, dann bedeutet das in aller Regel auch ein großes Glück.
Du wirst Mutter und bringst bald eine kleine Erdenbürgerin oder einen Erdenbürger oder in einigen seltenen Fällen sogar beides zur Welt. Die Schwangerschaft ist eine Lebensphase, die von vielen extremen Emotionen begleitet wird.
Extrem können sie nach oben, aber auch nach unten verlaufen. Viele aufregende Dinge passieren und darunter besonders viele, die in deinem Leben Premiere feiern.
Vielleicht gab es schon lange einen Kinderwunsch, vielleicht bist du auch völlig überrascht. Der Schwangerschaftstest war positiv, du hast dir einen Schwangerschaftskalender zugelegt und der Geburtstermin wurde auch schon berechnet. Bestimmt bist du bereits informiert, dass die “9 Monate”, von denen oft die Rede ist, nicht die exakte Zeitspanne darstellen und hast bereits Termine für den Ultraschall gemacht.
Du bist vorbereitet auf ganz viele Dinge, manches lässt du auf dich zukommen und wahnsinnig viel ist auch noch ungewiss. So ist das immer. Bei allen. Sorge dich nicht.
Sprich mir bitte nach: Ich werde mich nicht sorgen.
Das sagt sich so einfach. Geht es doch um ein Menschenleben. Dein kleines Menschenleben. Klar sorgst du dich. Du möchtest alles richtig machen, die Fehler deiner Eltern vermeiden, nur das Beste für dein Baby. Mein Baby. Wie schön das klingt.
Trotz allem bitte lachen
Werfen wir einen Blick auf die Literatur: Max und Maja erwarten auch Nachwuchs. “Die Schwangerschaft des Max Leif” von Juliane Käppler ist der Roman, der es schaffen wird, dir bei all deinen Herausforderungen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Lächeln bedeutet Entspannung und Entspannung führt zu weniger Chaos im Kopf.
Unser Protagonist Max ist nicht wirklich schwanger, denn im Buch geht es keineswegs um unglaubliche Wunder der Natur, sondern um einen männlichen Hypochonder, der einigen Leserinnen und Lesern womöglich bereits aus dem Roman “Die sieben Tode des Max Leif” bekannt ist.
Maja ist selbst schwanger und genervt. Nicht etwa genervt von dem kleinen Wesen, das in ihrem Körper heranwächst, sondern von ihrem Mann, der unablässig Gefahren und Risiken sieht und Maja damit in den Wahnsinn treibt.
“Ich habe eine zweite Berufung: Seit gestern Nacht sehe ich mich nicht mehr nur als Musiklehrer, sondern auch als Manager. Das muss ich sein, um die verschiedenen Phasen einer Schwangerschaft wortwörtlich managen zu können, wobei eine Menge Flexibilität sowie ein dickes Fell gefragt sind – sagt ein Online-Ratgeber für werdende Väter, den ich nun doch befragt habe. ICH MUSS EINFACH WISSEN, WAS WANN ABGEHT.”
Die Großbuchstaben sind im Buch nicht wirklich groß. Aber ich fand, dass es so den Ton, die Zweifel, die Unruhe von Max ganz besonders betont.
Es ist gut, dass alle beteiligten Elternteile sich kümmern, mitorganisieren, unterstützen und ganz einfach Verantwortung übernehmen. Im Fall von Max, der vielleicht nicht mehr damit gerechnet hatte noch Vater zu werden – ist er doch schon über 40 – lässt sich leider nicht mehr nur von gesunder Verantwortung sprechen.
Kontrollzwang trifft es schon eher.
Und unter dem muss Maja leiden. Dabei ist Max kein Despot. Er gängelt Maja nicht, will ihr nicht absichtlich das Leben schwer machen, aber er kann nicht anders und sorgt sich einfach um alles. Das wird natürlich nicht besser, als Max und Maja erfahren, dass sie Zwillinge erfahren.
Max liebt Studien zu allen Themen und managt auf dieser Grundlage Majas Schwangerschaft.
“Maja möchte Fastfood. Sie hat einen Zahn darauf, wie sie behauptet, als wir am Donnerstagabend nach dem Kling Klang auf dem Heimweg sind. Zwar ist das eine Abwechslung zu den ständigen Tomaten, aber nein, nein und nochmals nein! Duddy Ralf hat mir eine Studie gezeigt, laut der Schwangere, die übermäßig viel Fastfood essen, möglicherweise Fastfood-Junkies zur Welt bringen, weil die Inhaltsstoffe des sorglos zubereiteten Essens gewisse Opi-Dinger in ihrem Hirn träge werden lasse.”
Die Autorin Käppler präsentiert das gefährliche Halbwissen von Max im Roman immer auf liebevolle skurril-komische Weise. Als Leserin hege ich Sympathie mit unserem Protagonisten, kann aber auch über ihn und seine Marotten schmunzeln.
Liebevoll und amüsant
Liebevoll ist auch sein Verhältnis zu Maja, die das für Schwangere übliche Wechselbad der Gefühle durchlebt. Vieles am Roman gefällt mir sehr gut. Da ist zum Beispiel der frische, humorvolle Stil, der jedoch nicht albern wirkt. Zum anderen beweist Käppler eine Lebensklugheit und Menschenkenntnis, die zu gut ausgefeilten Charakteren führt und auch über recht kreative Handlungssträngen hinwegsehen lässt.
Eine weitere Heldin der Geschichte ist die Putzfrau, die du wie Maja und Max sicher schnell in dein Herz schließen wirst. Die Geschichte ist kurzweilig und wird dir beim Abschalten sicher behilflich sein.
Wenn du gerade schwanger bist, dann erhältst du doch eh auf allen Kanälen Tipps, Tricks, Ratschläge und die meisten davon ungefragt. Nichts liegt dann ferner, als noch einen Roman zu lesen, der dich darüber belehrt, wie dein Leben als Schwangere auszusehen hat.
“Die Schwangerschaft des Max Leif” holt dir deine Mündigkeit zurück, gibt Selbstvertrauen und stärkt deinen Glauben ins Leben, deine Partnerin oder deinen Partner und vor allem in dich selbst. Denn nach all den unerwarteten Strapazen und Wagnissen resümiert auch Max mit Stolz:
“Perfekt. Welche Herausforderungen da auch immer kommen mögen, ich bin bereit für jede einzelne. Wie abwechslungsreich sie sein können, das habe ich in den vergangenen neun Monaten gelernt. Das Leben wäre langweilig ohne.”
Dir, liebe Leserin und lieber Leser, wünsche ich nicht nur eine schöne Lektüre, sondern eine besonders erkenntnisreiche und spannende Schwangerschaft.
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Die größten Versager sind die erfolgreichsten!
Du hast bislang einen großen Bogen um Graphic Novels gemacht, weil du dachtest, Comics sind doch nur für Kinder und Erwachsene, die ihre Freizeit mit Computerspielen verbringen?
Weit gefehlt.
Graphic Novels haben es in Deutschland noch nicht zum großen Durchbruch geschafft, sind aber andernorts anerkanntes literarisches Genre und das völlig zu Recht. Die erzählerische Komplexität sucht seinesgleichen und ich bin sicher, dass du, wenn du erstmal das richtige Buch für dich gefunden hast, deine Meinung über die Bildergeschichten positiv ändern wirst.
„Scheitern als Erfolg“
In diesem Artikel werde ich dir ein Graphic Novel vorstellen, das es in sich hat.
“Scheitern als Erfolg” von David Cantolla und Juan Díaz-Faes trägt den spritzigen Untertitel “Kung-Fu für Unternehmer”.
Frisch und optimistisch beginnt auch die Story.
Mit den Worten “Das nervt.” und sonst nichts wird die Leserin oder der Leser in die Handlung eingeführt. Man darf gespannt sein.
Ähnlich überraschend geht es weiter. Aber nehmen wir nicht zu viel vorweg. Werfen wir noch mal einen Blick auf den Titel: “Scheitern als Erfolg”. Das klingt ein bisschen wie die motivierenden Ratgeber, die mit grellen Neonfarben in der Selbsthilfeabteilung einer Buchhandlung auf uns warten. Zugegeben, ich mag sie auch.
Niederlagen, Schwächen und Fehlentscheidungen sind in unserer leistungs- und wachstumsorientierten Welt ja ziemlich fehl am Platz.
Denkt man zumindest. David, die Hauptfigur in “Scheitern als Erfolg” denkt es auch.
“Nichts gelingt mir. In ein paar Wochen fahre ich nach Hause und weiss nichts mit meinem Leben anzufangen. […] Ich weiss weder, wo ich wohnen soll, noch, ob ich Arbeit finden werde.”
Meister Yan weiss Rat und erzählt ihm eine Geschichte. Von zwei Brüdern, die sich in einer Katastrophe für unterschiedliche Wege entschieden und deshalb trennten. Einer der beiden blieb und wartete auf Hilfe, der andere machte sich auf den Weg ohne Richtung, aber mit der Zuversicht, nicht aufgegeben zu haben.
Wenn du diesen Artikel liest, hast du vielleicht selber etwas eigenes gestartet oder hegst vielleicht den Wunsch dies zu tun. Du gehst Wege, die noch nicht entspannt zu laufen sind, weil andere sie vorausgegangen sind und geebnet haben.
Du bist die Person, die diese Wege erst zu Wegen macht und das erfordert viel Mut. Mut Neues zu wagen, Mut zu widersprechen und vor allem auch Mut zum Scheitern. Woher sollst du wissen, ob dein Weg Erfolg verspricht, wenn es dafür keine Analysen, Statistiken und Erfahrungsberichte gibt?
Du nimmst die Möglichkeit einer Niederlage in Kauf und das macht dich besonders.
Schauen wir in der weiten Welt der Wirtschaft mal hinter die Fassade, dann wird deutlich, dass es eine Welt des Hinfallens und wieder Aufstehens ist.
Niemand baut einen Prototypen und wird damit sofort erfolgreich. Niemand. Manchmal werden tausende gebaut bis das Produkt auf den Markt gelangt. Aber das macht uns Angst und in “Scheitern als Erfolg” bekommt diese Angst ihren legitimen Raum.
Die Angst ist gut, aber es muss ein “trotzdem” geben. Angst schützt dich, darf aber nur in Grenzen hemmen. Denn Fehler sind gut und wichtig. Im Buch wird eine Unternehmensgründung mit einem Computerspiel verglichen:
“Merkst du, dass du für jede neue Figur in deinem Computerspiel immer weniger Zeit brauchst? Du weisst nämlich, wie es geht, welche Fehler du vermeiden musst und wie du schneller vorankommst.”
Wenn wir uns erst einmal entschieden haben nicht mehr mit dem Strom zu schwimmen, dann ist ein Zurück nur noch schwer zu ertragen. Manchmal geht es nicht anders, aber manchmal – so die Botschaft des Buches – müssen wir uns einfach trauen wieder von vorne anzufangen.
Fang von vorne an
”Hinfallen und wieder aufstehen.” Alles auf Null setzen (es ist ja nicht mal Null, denn wir haben schon viele Erkenntnisse gewonnen) und neu starten.
“Wenn du Dinge falsch anpackst, gehen sie meist daneben. Selbst wenn du etwas richtig machst kann alles schiefgehen und du bekommst eins auf den Kopf. Manchmal läuft es super für uns, ein andermal katastrophal. Zum Glück lernt man von den Fehlschlägen und erholt sich wieder.”
Diese Worte finde ich sehr tröstlich. Es ist nicht so einfach Scheitern als Chance zu betrachten und niemand fühlt sich gerne als Versager. Dass Niederlagen aber keinesfalls immer selbst verschuldet sind und dass es einfach der Weg ist, den wir manchmal gehen müssen – das gibt doch Zuversicht, oder?
Ich muss einräumen, dass auch ein Buch bzw. eine wundervolle Graphic Novel wie “Scheitern als Erfolg” es nicht schafft, dir alle deine Existenzängste zu nehmen.
Manche Kapitel fand ich sogar nicht nur nicht beruhigend, sie waren ganz im Gegenteil sehr beunruhigend. Ein Buch darf das aber. Die Kunst soll uns den Spiegel vorhalten und Reibung erzeugen, um gerade das zu aktivieren, was uns am meisten Sorgen bereitet und dort unsere Baustellen aufzeigen. Und wenn wir so eine Baustelle ausfindig gemacht haben, dann halten wir es am besten wieder mit Meister Yan und lächeln.
Er trainiert das in unserer Geschichte mit David: “Zieh die Brauen tiefer.” “Den Mund etwas mehr öffnen, sonst wirkst du dumm.” “Jetzt musst du dein Herz bitten, dir ein echtes Lächeln zu schenken. Dein Herz antwortet dir nur, wenn du lange übst.”
Nachdem ich einmal einen ganzen Tag für ein Fotoshooting immer wieder die Gesichtsmuskeln aktivieren musste, weiß ich, wie schwer das ist. Nichtsdestotrotz: Übung macht den Meister. Das gilt fürs herzliche, von ganzem Herzen strahlende Lächeln und auch für alle anderen Herausforderungen, die unser Weg für uns bereithält.
Du bist nicht Unternehmerin geworden, hast Kinder bekommen oder deiner Chefin mal so richtig die Meinung gesagt, damit alles so bleibt wie es ist.
Du möchtest, dass sich etwas ändert und wenn du dafür noch ein bisschen Mut gebrauchen kannst, dann umso schöner, dass du dich für ein Buch entscheidest.
Schau dir “Scheitern als Erfolg” von Cantolla und Díaz-Faes gerne bei Amazon an und entscheide dich für dieses Graphic Novel oder vielleicht auch einen anderen literarischen Wegbereiter. In jedem Fall wünsche ich dir viel Erfolg bei all deinen Vorhaben und immer das richtige Buch zur Hand.
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Was lesen die denn alle in der U-Bahn?
Gar nicht so einfach immer einen Platz zu bekommen … und dann sitzt man so und alle um einen herum schauen auf ihr Smartphone.
Manchmal sehen die Menschen dann super konzentriert aus und man fragt sich, welche wichtigen Termine sie gerade vorbereiten, ob sie E-Mails lesen oder was für Papers da durchgearbeitet werden. Und dann stehe ich auf, erhasche einen kurzen Blick aufs Display und sehe es ist nur Candycrush…
Nicht nur Candycrush
Aber nicht wirklich alle sind mit ihrem Smartphone beschäftigt.
Manche schauen andächtig aus dem Fenster – so wenig es da auch zu sehen gibt (zumindest in der U7, die vollständig unterirdisch fährt) – und ein paar Menschen halten ein Buch in ihren Händen und lesen.
Mich treibt dann immer die Neugier um und ich verrenke mich regelrecht, damit ich den Buchtitel erkenne.
Schaffe ich leider nicht immer.
Zum Glück musste ich mich diesen Samstag nicht verrenken. Ganz mutig habe ich die Lesenden angesprochen und gefragt, ob sie uns für Literaturpower ein paar Fragen zu ihrer Lektüre beantworten.
Vier Menschen und ihre U-Bahn-Lektüre
Marian, 42 Jahre
Marian traf ich ziemlich früh am Morgen. Eigentlich hatte ich mir noch gar keine Fragen überlegt und wusste nur, dass ich den Nachmittag für die Recherche nutzen wollte.
Die U-Bahn war aber gerade recht leer und hinter mir saß der lesende Marian. Ich fasste mir ein Herz und setzte mich zu ihm.
Ein paar Worte zu dem was ich so mache später, zückte ich schon mein Notizbuch und stellte Fragen, die ich ja noch gar nicht vorbereitet hatte.
Also erstmal aufs Buch schauen. Das geht immer. Gerade hielt Marian “Jenseits des silbernen Flusses” von Jimmy Burns in den Händen und erzählte mir, dass er zwar sehr breite Leseinteressen habe (“was mir so zwischen die Finger kommt”), aber besonders gern Reiseliteratur mag.
Rucksackreisen sind seine Leidenschaft.
Zuletzt zog es ihn im November nach Laos. In den Hostels findet Marian auch oft Taschenbücher von deutschen Touristen. In Deutschland – und da wurde ich plötzlich mehr als aufmerksam – besorgt er sich seine Lektüre in der Wünsdorfer Bücherstadt.
Von diesem Ort hatte ich noch nie gehört, weiß aber jetzt dass ich dort demnächst unbedingt mal hin muss. Ein bisschen südlich von Berlin verrät mir Google und mit einer kleinen Wanderung lässt sich das auch gut verbinden. Klingt nach einem super Ausflugsziel! Danke, Marian.
Christina, 32 Jahre
Am Nachmittag traf ich dann (endlich mit ein paar vorbereiteten Fragen im Schlepptau) auf Christina, die sich mir sofort als Vielleserin outete.
Pro Woche zwei Bücher.
Oft in der Bahn, aber auch zu Hause. Standardmäßig hat Christina eigentlich immer ein Buch dabei und fühlt sich auch komisch, wenn dem mal nicht so ist.
“Über besonders gute Bücher tauschen wir uns auch im Freundeskreis gerne aus.”
Von ihren Freunden leihe sie sich oft Bücher oder sie kauft Remittenden in Buchläden. Yeay! Buchläden sind einfach auch ein toller Ort.
Gerade liest sie ”Der Liebesverrat” von Ingrid Bachér. Lesen bringe Christina Entspannung und Ausgeglichenheit. Manchmal greift sie auch zum Thriller, der dann eben nicht ganz so entspannend ist.
Wow, ich glaube vor Literaturpower habe ich zwar auch schon viel gelesen, aber sicher nicht zwei Bücher pro Woche! Danke, Christina, für das angenehme Gespräch.
Günther, 37 Jahre
Zugegeben – diesen Samstag war die U7 nicht sehr voll und ein bisschen musste ich bei jedem Halt von Abteil zu Abteil springen, um die Menschen zu finden, die nicht nur konzentriert auf einen Bildschirm tippten, sondern ein richtiges Buch lasen.
Günther war so einer.
Kurz spielte ich meine drei Sätze zu mir und meinem Artikel ab. Mit einem freundlichen Lächeln nahm er meine Karte entgegen, packte seine Sachen (Koffer, Buch und co.), verriet mit, dass er gerade von einer Dienstreise komme und nun gleich aussteigen müsse.
Shit.
Ich hatte mich schon auf ein Gespräch über Neurolinguistisches Programmieren gefreut (sein Buch darüber konnte ich trotz der Eile ausfindig machen).
Ich finde nämlich, dass es immer viel her macht, wenn man behauptet, dass man davon ja eigentlich nicht so viel halte (es aber trotzdem korrekt auszusprechen weiß).
Meine verzweifelt hingeworfenen Fragen beantwortete er wieder sehr freundlich damit, dass er mir eine Nachricht schreibe. Das tat er tatsächlich und per Mail konnte ich dann auch noch ein bisschen mehr erfahren.
Nämlich, dass Günther allgemein gerne Sachbücher „aus einem psycho-sozialen Kontext“ lese und in der Literatur einen Schatz sehe, von dem er einen ganz kleinen Teil berge. Seine Bücher bekommt er aus der Bibliothek und von Freunden.
Aber – und damit unterscheidet er sich von meinen anderen Interview-Partnerinnen und Partnern – ein Buch gehört nicht zu seiner Standardausstattung. Nur phasenweise, so schreibt er.
Danke, Günther.
Nele, 18 Jahre
Nele traf ich im U-Bahnhof Rathaus Neukölln.
Entspannt saß sie mit ihrem Buch auf einer Bank, so konzentriert, dass ihr der ganze Trubel der ein- und aussteigenden Gäste nichts auszumachen schien.
Das ist dann auch nicht leicht für mich, Menschen, die so eins zu sein scheinen mit ihrem Buch, bei der Lektüre zu stören. Ich bin aber froh, dass ich es trotzdem gemacht habe.
Für meine Unhöflichkeit wurde ich sogar belohnt: mit der Bekanntschaft der überaus sympathischen Nele. Sie hielt ”Marlena” von Julie Buntin in ihren Händen und erzählte mir offen von ihren Lesegewohnheiten und der Rolle, die Bücher in ihrem Leben spielen. Als Buchquelle nannte sie mir die Amerika-Gedenkbibliothek am Halleschen Tor und als Lesevorliebe Belletristik, Krimis und Fantasy. Gerne liest Nele in der U-Bahn, aber auch vorm Schlafengehen, um dann nicht so lange aufs Handy zu gucken. Das kann ich sehr gut nachvollziehen, liebe Nele und danke auch dir für das schöne Gespräch.
Lesende Menschen in der U-Bahn sind zur Zeit nicht die einzigen, die von mir bei ihrer Lektüre gestört werden. Unter dem Hashtag #humansofbooks veröffentliche ich bei Instagram Bilder von Menschen, die in der Öffentlichkeit lesen.
https://www.instagram.com/literaturpower/
Es ist toll, wie viele interessante Begegnungen ich dabei habe und ich freue mich, diese mit dir, liebe Leserin und lieber Leser, teilen zu können. Wenn du Lust hast, kommentiere unten gerne, ob du in der U-Bahn, S-Bahn oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln liest.
Mit diesem Artikel möchte ich eine kleine Serie von Artikeln einleiten und falls du bestimmte Fragen hast, von denen du möchtest, dass ich sie meinen zukünftigen Interviewpartnerinnen und Partnern stelle, dann lass es mich wissen.
Alles Liebe
Deine Trude
So wichtig sind Geschwister
Jetzt, als erwachsene Frau, ist auch nicht immer alles einfach mit meinen drei Geschwistern. Wir sind so unterschiedlich wie es sich nur vorstellen lässt und dennoch habe ich mir zu keiner Zeit gewünscht Einzelkind zu sein. Meine Geschwister gehören zu den wichtigsten Menschen in meinem Leben und ihr Glück ist immer auch eng mit meinem eigenen verbunden. Wird es immer sein.
Die längste Beziehung deines Lebens
Die Beziehung, die wir zu unseren Geschwistern pflegen, ist in der Regel die längste Beziehung unseres Lebens. Damit kommt ihr eine besondere Bedeutung zu und diese wird im Roman “Die Frau, die zu viel fühlte” von Charles Chadwick thematisiert.
Dass ich diesen Artikel über Geschwisterbeziehungen schreiben würde, wurde mir erst im Laufe des Buches klar. Zu Beginn meiner Recherche stand emotionale Hochsensibilität in meinem Fokus. Diese spielt in gewisser Weise eine tragende Rolle im Roman.
Julie, die Schwester unseres Protagonisten John, ist ein liebevoller, lebenslustiger Mensch.
Sie lebt ihr Leben in vollen Zügen, ist emotional, hilfsbereit und unterhaltend. Niemand kann ihr etwas wahrlich böse nehmen.
“Sie hatte so eine Art, dass sie immer glücklich wirkte. […] Wenn sie es gar nicht war. Als wollte sie sagen, so sollte die Welt sein. Und es würde mich nicht wundern, wenn sie dadurch auch andere glücklich machte.”
Julie ist eine tragische Figur. Die verlorene Schwester, die vielleicht zu gut ist für diese Welt und damit aneckt. Sie schafft es nicht gut, Grenzen einzuschätzen und nervt damit ihre Mitmenschen, trotz ihres einnehmenden Wesens.
John, politischer Journalist, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, hat schon vor langer Zeit mit seiner Familie abgeschlossen.
Die beiden Schwestern – neben Julie gibt es noch Hester – bedeuten ihm nicht mehr viel. Im Grunde ist John froh, wenn er nicht viel von ihnen hört und sich seiner Karriere widmen kann.
Er hatte Julie früher öfter unter die Arme gegriffen und hatte dabei immer öfter Angst verspürt, sie könne ihn blamieren.
Ihr bedeutet mir nichts mehr
Die Beziehungsprobleme der drei Geschwister bestimmen die Grundstimmung der Geschichte. Wir lesen nicht oft, dass Liebe innerhalb einer Familie ihre Bedeutung verloren hat.
In “Die Frau, die zu viel fühlte”, steht diese Tatsache jedoch im Vordergrund. Dabei wird viel auf die Beziehung zu den Eltern eingegangen; traurige und teils sogar traumatische Erinnerungen, die es erst ermöglichten einander aus den Augen zu verlieren.
Scham, aber auch Angst und Stolz beeinflussen die Beziehung der Geschwister.
“Ich will einfach nur, dass alle immer glücklich sind. Man kann es nicht, wenn einem Erinnerungen in die Quere kommen, die eine Mischung sind aus Falschem und Schönem.”
So schreibt Julie in einem Brief und betont ihren Wunsch, ihre Schwester Hester und ihren Bruder John eines Tages wiederzusehen. Dass John diesen Brief eines Tages in den Händen hält – obwohl er nicht an ihn adressiert ist – hat mit seiner Suche nach Julie zu tun. Widerspenstig hat er diese Suche angetreten, nachdem ihn seine krebskranke Schwester Hester darum gebeten hat.
Eigentlich waren auch die wöchentlichen Anrufe bei Hester, die Bibliothekarin in einem kleinen Ort in England ist, nur noch pflichtgemäß.
“Die Anrufe sind inzwischen wirklich fast reine Routine, das muss ich leider sagen. Hester lebt in Lincolnshire und kommt nie nach London. […] Ihre Selbstbeherrschung scheint ihr jede Freude, jede frohe Erwartung abgedrückt zu haben […].”
Die weiteren Zeilen auf dieser Seite drücken Verachtung gegenüber Hester und ihrem Schattendasein aus.
John kann sich nicht vorstellen, dass sie noch Glück im Leben empfindet und vergleicht seine Welt, seinen Horizont und sein Umfeld mit dem seiner einsiedlerischen Schwester.
Erst die Krankheit – Hester muss operiert werden, weil ein Tumor entdeckt wurde – führt die beiden wieder zusammen.
John nimmt nun gezwungenermaßen Anteil am Alltag seiner Schwester, lernt ihre Eigenheiten, Beschäftigungen und ihre eigene Welt kennen. Es öffnet sich wieder etwas in dieser eingefrorenen Geschwisterbeziehung.
In einzelnen Rückblicken erfahren wir, wie es zu diesem Auseinanderdriften kommen konnte.
So tragisch es ist, dass eine Krankheit als Auslöser für erneuten Umgang dienen muss – dieser Auslöser ist effizient.
Beide, Hester und John öffnen den Blick für die Bedürfnisse, Gefühle und Sehnsüchte des anderen und lernen einander neu kennen. Eines dieser Bedürfnisse – zumindest auf Seiten Hesters – ist es, zu erfahren, wie es Julie ergangen ist, die vor Jahren spurlos aus ihrem Leben verschwand.
“Als ich sie an diesem Abend verließ, sagte Hester hastig, dass sie manchmal den übermächtigen Wunsch verspüre, Julie wiederzusehen, dass sie ihr Leben lang unzählige Male den Kopf gehoben und erwartet habe, sie durch die Tür kommen zu sehen, die Arme weit ausgebreitet für eine lange Umarmung. “Ich auch”, erwiderte ich. Aber das stimmte nicht.”
John hatte aufgehört seine Schwestern zu lieben.
Widersprüchliche Gefühle in Geschwisterbeziehungen
Er vermisste keine der beiden und es machte ihm etwas aus, dass man es von ihm erwartete. Diese Verhärtung löst sich allmählich. John gewinnt Einblicke in Hesters Leben, die sein hartes Wesen empfänglicher für liebevolle Gedanken gestalten.
Schließlich geht dieser Wandel soweit, dass er Hester den Wunsch, Julie zu finden, nicht abschlagen kann und sich auf eine lange Reise begibt.
Als ich mit der Lektüre des Buches begann, hatte ich nicht mit dem gerechnet, was mich erwartete.
Die Gefühle in Geschwisterbeziehungen sind widersprüchlich und oft für uns unverständlich. Geschwister sind uns so nah und haben mit uns Dinge erlebt, die wir manchmal vielleicht lieber vergessen würden.
Dass es nicht der Bruder oder die Schwester ist, die für diese Gefühle zuständig ist, sondern gemeinsame Erinnerungen – davon handelt dieser besondere Roman von Chadwick.
Ich freue mich über diese Entdeckung. Ich glaube, dass sie meine persönliche Beziehung zu meinen Geschwistern stärken wird und hoffe, dass auch du ähnlich empfinden wirst. Das bedeutet nicht, dass sich in eurem Umgang zueinander etwas ändert, aber dein Blick darauf wird sicher ein anderer sein. Verständnis hilft in vielen zwischenmenschlichen Situationen.
Beziehungen bestimmen unser Leben und wenige sind so intensiv und facettenreich wie die zu den Menschen mit denen du aufgewachsen bist. Dass das nicht immer einfach zu händeln ist, erklärt sich von selbst.
Die Auseinandersetzung mit solchen Themen lohnt trotzdem und die Literatur kann uns bei dieser Aufgabe helfen. Für diese Aufgabe wünsche ich dir viel Mut und Kraft.
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Hast du denn gar keine Phantasie?
Hast du denn gar keine Phantasie?
Niemand mag pedantische Menschen, oder?
Nun lasst uns mal nicht so streng sein. Macken, größere und kleinere, haben wir alle. Und in uns allen steckt auch so viel Gutes. Manchmal braucht es einfach den richtigen Impuls, um es zu entdecken. „Die Phantasie der Schildkröte“ von Judith Pinnow ist ganz bestimmt ein solcher Impuls.
Mein Blick fällt auf das farbenfrohe Cover von “Die Phantasie der Schildkröte” von Judith Pinnow. Klappentext und Rückseite versprechen kurzweilige Lesestunden und schwupps landet das Buch in meinem Korb.
Phantasie vermissen
Edith arbeitet bei einer Versicherung, lebt allein, strukturiert ihren Alltag dermaßen, dass es schon zwanghaft wirkt und sie pflegt kaum Kontakte.
Alles ändert sich jedoch für Edith als ein junges Mädchen, das vorgibt im Haus frisch eingezogen zu sein, in ihr Leben tritt.
Das Mädchen beginnt Edith Aufgaben zu stellen, die ihr helfen erst nur ein wenig aus sich zu gehen und schließlich völlig über sich hinauszuwachsen. Zu Beginn lernen wir Edith jedoch ganz anders kennen: Die folgenden Adjektive passen vielleicht. Sie ist verkopft, ein bisschen spießig, unsicher, steif und pedantisch.
Ui. Pedantisch. Bei diesem Wort kribbelt es in mir. Davor habe ich ja auch immer ein wenig Angst: zu pedantisch zu wirken.
Niemand mag pedantische Menschen, oder?
Was ist denn eigentlich ein Pedant? Ein Pedant achtet darauf, dass Aufgaben mit peinlicher Genauigkeit ausgeführt werden. Puh. Bin ich doch kein Pedant. Steif? Ja, manchmal schon. Und unsicher sind wir ja alle hier und da mal.
So wie Edith, die immer alles hinterfragt und bloß keinen Fehler machen will.
Herrlich einfach und wohltuend ist es, sich mit ihr zu identifizieren. Edith fühlt sich nicht schön, sie krittelt viel an sich herum und wehrt sich auch nicht gegen ihre Mutter, die das ebenfalls tut.
Verpasste Gelegenheiten und phantasievolle Lösungen
Wir lesen von vielen verpassten Gelegenheiten … Kennst du das, wenn du immer erstmal überlegst, was wie wann wo schiefgehen kann?
Einfach wohlfühlen
„Die Phantasie der Schildkröte“ ist wie ein Wochenendausflug, wie ein wohlverdienter Kurzurlaub und ich finde, dass den eigentlich jeder Mensch verdient hat. Einfach ein ganz wunderbares Wohlfühl-Buch.
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Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
Hier geht's zum Motivations-Paket!Wohin mit den ganzen Büchern?
„Nein.“
So hatte ich obigen Satz kürzlich mal bei Twitter gelesen, musste sehr lachen und habe ihn dann meinerseits bei Facebook geteilt.
Zuviele Bücher – geht denn das?
Wohin mit alten Büchern, die wir zum einen nicht mehr lesen und die zum anderen Lebensraum in unseren eigenen vier Wänden besetzen? Bücher strahlen eine wunderbare Atmosphäre aus. In unserer süßen Neuköllner Wohnung brauche ich Bücher in jeder Ecke, zumindest aber in jedem Zimmer. In der Küche sind die Kochbücher, im Flur welche zum Bookcrossen (Was das ist, erzähle ich dir auch noch in diesem Artikel), im Bad ein paar zum Blättern, im Wohnzimmer der Löwenanteil und im Schlafzimmer dann die, die woanders nicht mehr hin passten.
Ich bin aber auch keine Sammlerin.
Ich mag Marie Kondos “Magic Cleaning” und brauche meine Freiräume zu Hause. Unendlich Bücher sammeln geht also nicht. Und mir sind Bücher so wichtig, dass ich sie gerne wieder in Umlauf bringe. Bücher erfüllen schließlich nicht nur einen dekorativen Zweck, sondern sind zum Lesen da.
Wohin also mit den Büchern, die du selbst nicht mehr brauchst?
#1 alte Bücher verkaufen
Ja, dieser Markt boomt. Ich selbst kaufe sehr oft gebrauchte Bücher online, verkaufe aber keine. Für mich würde sich das nicht lohnen. Ich möchte an dieser Stelle keine Werbung machen (auch wenn ich natürlich meine Lieblingsplattformen habe). Okay, ich nenne einfach meine Lieblingsplattform – Booklooker – aber wisse, dass es andere gibt, die du leicht bei Google findest, wenn du zum Beispiel einfach nur “Bücher gebraucht kaufen” eingibst. Meistens kann man dort auch selbst ohne Probleme verkaufen. Es ist dann ganz unterschiedlich, wieviel du für deine Bücher bekommst.
Aktualität, Beliebtheit und der Zustand deiner Bücher spielen dabei eine Rolle.
Ein bisschen Arbeit macht das natürlich auch, denn du musst dich dort anmelden, dein Buch beschreiben und hinterher noch versenden. Manchmal lohnt sich das. Oft leider aber nicht. Es gibt ja noch andere Wege, gebrauchte Bücher auf den Markt zu bringen: Und zwar offline. Manche Antiquaritate kaufen gebrauchte Bücher an und auf Flohmärkten sehe ich immer viele Menschen in Bücherkisten rumwühlen und stöbern. Du kannst also auch ein kleines Event aus deinem Verkauf machen. Kleiner Tipp: Preise lassen sich schnell im Internet vergleichen. Dann hast du zumindest eine ungefähre Vorstellung davon, was dein gebrauchtes Buch wert ist und kannst abschätzen, ob sich die Mühe für den Preis überhaupt lohnt.
#2 Bücher im Müll entsorgen
Dieser Abschnitt wird kurz: Tu’s nicht. Egal ob du ein Buch mochtest oder nicht. Sollte der Inhalt nicht gegen Gesetze verstoßen oder Menschengruppen wissentlich verletzen, dann ist es eigentlich immer gut, ein Buch anderen zum Lesen zur Verfügung zu stellen. Ich habe mich schon oft gewundert, wie manche Bücher, die ich selbst nicht mochte, bei anderen wunderbar angekommen sind. Die Geschmäcker sind einfach verschieden und loswerden kannst du die Bücher immer anderweitig. Lies einfach weiter!
#3 Bücher spenden
In meiner Lieblingsstadt Berlin gibt es den Berliner Büchertisch. Eine tolle Institution, die aktiv Leseförderung betreibt und wirklich schöne Bücher preiswert in wunderschönen kleinen Buchläden vertreibt. Der Berliner Büchertisch bietet auch an, Bücher bei dir zu Hause abzuholen. Bücherspenden nehmen aber auch einige Bibliotheken, Gebrauchtbuchläden, Kindergärten und Schulen, Asylbewerberunterkünfte und viele andere soziale Einrichtungen dankbar an. Wenn du Bücher loswerden möchtest, halte beim nächsten Spaziergang durch deinen Kiez einfach mal die Augen offen. Die Inspiration kommt sicher schnell. Und dann frag einfach nach, ob Bücherspenden erwünscht sind und wo du sie abgeben kannst.
#4 Bücherkisten
Wohin ich auch trete – in Berlin sind die Kartons mit gebrauchter Kleidung und alten Büchern, sogenannte „free boxes“ einfach überall. Manchmal auch mit einem kleinen Schild “Zu verschenken”. Wahre Schätze habe ich so schon in Hauseingängen und auf Bürgersteigen ergattert. Pack‘ deine Lektüre einfach dazu oder stelle selbst einen Karton auf. Du wirst überrascht sein, wie schnell sich neue Besitzer finden.
#5 Bücher verbauen
Ich habe ja schon geschrieben, dass ich persönlich Bücher gerne wieder in Umlauf bringe. Musst du aber nicht. Bücher sind auch nützliches Baumaterial. Anregungen wie du Regale nicht nur mit, sondern auch aus Büchern bastelst, findest du im Internet. Als Studentin hatte ich lange Zeit ein Schuhregal, dessen Säulen nur aus Büchern bestanden. Etwas wacklige Angelegenheit, aber sehr dekorativ in meinen Augen.
#6 Bücher verschenken
Oft erzählen mir Freunde, dass sie bestimmte Romane, Biographien, Sachbücher usw. niemals hergeben könnten. Diese Bücher haben sie verändert und sie gehören zu ihnen. Das versteh ich, auch wenn es mir anders geht. Ein Buch, das ich gerne lese, muss ich einfach verschenken. Mir fällt bei der Lektüre immer eine Person ein, für die dieses Buch einfach gemacht ist. Auf Partys in meiner Wohnung sind Bekannte und Freunde dann manchmal etwas enttäuscht, weil so wenige Schätze in den Regalen stehen. Die vorhandenen Schätze gehören dann entweder meiner besseren Hälfte oder warten noch auf ihre Gelegenheit. Ich verschenke einfach wahnsinnig oft Bücher. Es macht mich total glücklich, Menschen die ich mag mit einem schönen Buch zu versorgen. Mir ist dann auch gar nicht wichtig, dass dieses Buch bald gelesen wird. Es einfach in anderen Händen zu wissen, reicht mir schon.
#7 Bookcrossing
Last but not least: Das Beste hebe ich mir für den Schluss auf. Bookcrossing gehört einfach zu meinem Leben und zu meinem Lesen. Die Idee, die ganze Welt zu einer großen Bibliothek zu machen, hat in dieser Community engagierte und wunderbare Buchliebhaber gefunden. Mit einem Schmunzeln sage ich manchmal “Wir sind gegen Bücher in Regalhaltung”. Viele öffentliche Bücherschränke, zu Bücherboxxen umgebaute Telefonzellen und Regale in Cafes und Restaurants werden von Bookcrosserinnen und Bookcrossern betreut. Bei Bookcrossing werden Bücher registriert und erhalten eine Art Logbuch in welches jeder Leser und jede Leserin eintragen kann, wo und wie sie zu diesem Buch gekommen ist. Nach der Lektüre kann ein Buch dann wieder freigelassen werden oder auch nicht. Die Bücher sind quasi frei und folgen keinem strengen Reise-Schema. Diese Bücher stehen allen Menschen zur Verfügung – egal ob aktiver Bookcrosser oder nicht. Es gibt aber auch sogenannte Buch-Ringe, die innerhalb der Community verschickt und gelesen werden. Es gibt noch soviel mehr, was an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde, aber schau gerne mal rein. Bisher waren noch alle Menschen, die auf Bookcrossing gestoßen sind, begeistert von der Idee und Umsetzung. https://www.bookcrossing.com
Es gibt so wahnsinnig viele Bücher. Vor einiger Zeit waren es bereits über eine Milliarde Bücher und dann kommen noch unzählige Exemplare eines jeden Buches dazu. Google hatte das 2010 einmal ausgerechnet. Wenn man will, kann man also schon zu viele Bücher haben. Ich finde Bibliotheken gut und die Möglichkeit immer wieder bei Bedarf Bücher auszuleihen und hinterher zurückzugeben (auch wenn ich dabei nicht immer sehr pünktlich bin). Das was du als angenehm empfindest, entscheidest du selbst. Sollte es dir dennoch mal zu viel werden, weißt du ja jetzt wohin mit den aussortierten Büchern.