Falsche Männlichkeit: das große Missverständnis
Falsche Männlichkeit: das große Missverständnis
Kaum etwas ist so klischeebeladen wie das Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Anschaulich (und teilweise grotesk) wird im Fernsehen, Büchern, Serien das erwünschte Gebaren der Männer und das vermeintliche Verhalten von Frauen dargestellt. Frauen sind so, Männer müssen so und so sein. Neben Vorurteilen und Unterstellungen prägen demnach eine Menge Erwartungen unsere Vorstellungen der unterschiedlichen Gender und skizzieren klare Rollenbilder, die im Grunde nur falsch sein können. “Wann ist ein Mann ein Mann?”, sang einst Herbert Grönemeyer. Dass wir auf diese Frage eigentlich keine Antwort mehr brauchen, erfahren wir von Nickolas Butler in seinem Epochenroman “Die Herzen der Männer”.
Was ist Männlichkeit?
In “Die Herzen der Männer” lernen wir verschiedene Männer kennen, ihre Bedürfnisse, Ängste, Hoffnungen. Wir erfahren, wie schwer es oft fällt, die Person zu sein, von der wir glauben, dass wir sie sein müssen. Einige Protagonisten scheinen einen moralischen Kompass zu besitzen, andere wiederum sind verkommen, aggressiv und orientierungslos.
Sie gehen sehr unterschiedlich mit sich selbst, mit Frauen, mit anderen Männern und der Umwelt um. Etwas jedoch verbindet sie. Vielleicht ließe sich diese Verbindung mit dem Begriff “Sehnsucht” ausdrücken.
Väter, Söhne, Ehemänner und Soldaten
“Die Herzen der Männer” zog mich von Anfang an in seinen Bann. An manchen Abenden wollte ich meinen E-Reader kaum noch aus der Hand legen, so sehr vereinnahmte mich das Leben von Nelson, Jonathan, Trevor usw. Mit besonderer Empathie skizziert Nickolas Butler die miteinander verschlungenen Schicksale.
Beim Deutschlandfunk las ich jüngst ein sehr interessantes Interview mit dem Autor. Hier ein Zitat von Butler über sein Werk:
Worum es mir selber in dem Roman vor allem geht, ist der Versuch, besser meinen eigenen Vater verstehen zu können und auch herauszufinden, was ich für ein Vater und für ein Ehemann selber sein möchte. Im Buch geht es um die verschiedenen Formen der Männlichkeit, wie schädlich sie sein kann, wie gefährlich sie sein kann, aber auch, wie wichtig […]. Quelle: Deutschlandfunk Kultur
Ein häufiges Motiv im Roman sind die festgefahrenen Vorstellungen einiger Protagonisten über das Leben. Der Autor fragt dabei implizit: Wozu baut ihr euch selbst dieses Gefängnis? Was wollt ihr vom Leben? Welcher Mensch möchtest du sein? Mit der Lektüre wurde die Antwort darauf für mich immer leichter.
Es ist möglich anders zu sein und anders zu funktionieren. Männer dürfen liebevoll mit sich umgehen. Was, wenn du einfach mal nachsichtiger bist und weniger auf Erwartungen gibst?

“Die Herzen der Männer” macht Mut flexibel zu sein, neue Wege auszuprobieren und stärkt das Verständnis für die Menschen, von denen wir umgeben sind.
Unsicherheit, Schüchternheit, Mitgefühl – das muss dann alles keine Schwäche mehr sein. Dieser starke Roman gehört für mich auf jeden Nachttisch. Für Männer, für Frauen und für alle anderen denkbaren Gender. Für mich war es eine Lesefreude der ganz besonderen Art.
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Zuversicht ist gut, Selbstvertrauen ist besser
“Leg das weg, du machst ja alles kaputt!” “Bewirb dich da bloß nicht, ich möchte dir die Enttäuschung einer Absage einfach ersparen!” ”Lass das sein, das wird eh nichts!” Autsch! Sowas zu hören, tut weh! Und trotzdem sagen wir ähnliche Sätze immer mal wieder zu anderen und – viel schlimmer noch – zu uns selbst. Darf und muss aber so nicht sein! Janis McDavid berichtet in seiner Autobiographie “Dein bestes Leben” darüber, wie Grenzen überwunden werden und motiviert uns, an uns zu glauben.
“Vom Mut, über sich hinauszuwachsen und Unmögliches möglich zu machen!”
Janis McDavid wurde ohne Arme und Beine geboren. Behinderungen machen einen Menschen nicht aus und so lautet auch McDavids Lebensmotto: “Ich kann viel mehr, wenn ihr mich nicht behindert!”. Das Fehlen seiner Extremitäten sollte an dieser Stelle trotzdem Erwähnung finden, denn hierin besteht das motivierende Potenzial des Buches. McDavid studiert, er fährt Auto, reist und tritt als Speaker bei großen Veranstaltungen auf.
Eltern, die Kraft schenken und Zuversicht geben
“Dass etwas nicht geht, nur weil ich keine Arme und Beine habe, ließen weder mein Vater noch meine Mutter jemals gelten. […] Meine Eltern hätten ja auch das Gegenteil machen können. Sie hätten mich von vorne bis hinten betütteln und in Watte packen können. Aber genau das taten sie zum Glück nicht, sondern haben mir so wenig wie möglich geholfen. […] mittlerweile weiß ich, dass genau dieses Verhalten das Beste war, was mir meine Eltern mit auf den Weg geben konnten.”
McDavid beschreibt in seinem Buch authentisch und nachvollziehbar vor welche Herausforderungen ihn das Leben stellte. Wir erfahren in seiner Autobiographie, dass viel mehr möglich ist, als wir glauben und dass sich der Kampf gegen die eigenen Vorurteile auf jeden Fall lohnt.
Es ist wichtig, dass andere uns Zuversicht geben, aber noch wichtiger ist es, dass wir selbst uns etwas zutrauen. Oft sind nämlich wir selbst der begrenzende Faktor, Blockaden, die wir uns antrainiert haben, aber es lohnt, diese Stück für Stück abzubauen.
Optimismus lässt sich trainieren
Nicht jeder kann von sich behaupten, ein optimistischer Mensch zu sein. Auch Motivation ist nicht jeder Person einfach so gegeben. Manche Menschen haben viel durchgemacht, leiden an Selbstzweifeln oder kommen aus anderen Gründen einfach nicht aus sich heraus. Vielleicht wurde uns früher eingeredet, dass wir dieses oder jenes nicht können.
Manche Glaubenssätze haben sich ganz tief eingebrannt und sie zu überwinden, verlangt uns einiges ab. Sowohl Optimismus als auch Motivation können wir jedoch trainieren und gute Bücher wirken dabei unterstützend.
“Ich versuche, mich nicht in einer endlosen Negativspirale zu verlieren. Der Optimismus, den ich dadurch ausstrahle, wird erkannt und zurückgegeben.”
Janis McDavids Autobiographie schenkt Pessimismus geplagten Geistern dieser Zeit Hoffnung und ist ein leuchtendes Beispiel in Sachen Lebenszufriedenheit.
“Ich versuche einfach, offen und selbstbewusst auf die Menschen, die ich treffe, zuzugehen und mein Leben nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Und die sind weit entfernt von Frau, Familie, Haus mit Vorgarten, Apfelbaum und einem grauen Kombi in der verstaubten Garage.” Wir müssen nicht sein wie andere und schon gar nicht funktionieren wie andere, um ein gutes Leben zu leben. “Bis heute bringe ich immer wieder Ideen auf den Tisch, initiiere Themen, treibe etwas voran. Dazu braucht es keinen Körper mit Extremitäten. Was es braucht, ist ein Ich, Mut […].”
Danke, Janis Mcdavid, dass du uns mit deinem Buch Einblick in dein Leben gewährst und geholfen hast, unseren Horizont zu erweitern. Es zeigt sich, dass alles eine Frage der Perspektive ist. Leben und Erfolg, Selbstvertrauen und Zuversicht.
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Hier geht's zum Motivations-Paket!Diagnose Epilepsie: Wie eine Krankheit alles verändert
Diagnose Epilepsie: Wie eine Krankheit alles verändert
Was tun wir, wenn wir jahrelang einen Traum verfolgen, alles dafür opfern und ihn dann jäh zerbrechen sehen? Vorstellbar sind hier zwei Szenarien: Wir vergehen innerlich, weil wir die hoch gesteckten Erwartungen an uns selbst nicht erfüllen konnten, oder wir stehen auf und kämpfen für unseren Traum. Aber manchmal ist das Leben stärker und verfolgt seinen eigenen Plan. Dann können wir noch so sehr kämpfen, unser Ziel erreichen wir trotzdem nicht.
In “Tigerherz” von Lucas Fischer und Katrin Sutter erfahren wir etwas über den Weg danach. Darüber wie es weitergehen kann und dass es weitergehen muss, auch wenn der Abschied von dem persönlichen Lebenstraum so unendlich schwer fällt.

Diagnose: Epilepsie
Lucas Fischer kennt Entbehrungen. Viele Jahre seiner Kindheit und Jugend opferte er seiner Karriere als Kunstturner, gewann Wettkämpfe und trainierte bis zu 30 Stunden pro Woche. Freunde, Hobbies und Partys? Fehlanzeige.
“Am Anfang weiß man nicht, warum man turnt. Man tut es einfach, weil man es immer tat. Das war unsere Welt, die meiner Eltern, die meines Bruders und meine. Am Anfang ist es einfach nur Spass, ein riesengrosser Spielplatz – und dann plötzlich wird es ernst.”
Als Lucas Fischer die Diagnose Epilepsie bekam, war das schmerzhaft. Der Abschied von seinem Traum vollzog sich dann schleichend, war aber bald endgültig und Alternativen mussten her. In “Tigerherz” beschreibt Katrin Sutter einfühlsam und hautnah Lucas Fischers Geschichte, seine Ängste, seine Hoffnungen und seine Entwicklung vom jungen, hochgelobten Kunstturner bis zum Star der “Lucas-Fischer-Show”.
Jeder hat ein Tigerherz
“Habt Mut, zu fühlen, Mut, für euch selber zu kämpfen, und vor allem Mut, zu träumen! Gebt nicht auf und findet einen Weg durch das Labyrinth im Leben. Jeder hat es, jeder kann es zum Leben erwecken und jeder kann es zum Brüllen bringen … jeder hat ein – Tigerherz!”
“Tigerherz” ist nicht was ich erwartet hatte. Nicht die typische Geschichte des Gefallenen, der sich sammelt und dann hochmotiviert einen neuen Weg einschlägt. “Tigerherz” bringt uns ganz nah an die seelische Abbruchkante eines jungen Menschen heran, der verzweifelt ist und sich nicht scheut, diese Verzweiflung öffentlich zu machen. Wir erfahren etwas darüber, wie es ist mit Epilepsie zu leben – eine der häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen. Wir erfahren wie es ist, einer Krankheit ausgeliefert zu sein und die Kontrolle abgeben zu müssen.
“Als ich es realisierte, war das brutal für mich. Ich wusste, alle haben zugeschaut. Ich fühlte mich irgendwie … schwierig zu beschreiben, ich weiss nicht … ausgeliefert ist wohl das treffendste Wort. Es war ein Gefühl der Nacktheit. Du bist völlig wehrlos, du kannst gar nichts machen, hast keine Kontrolle über deinen Körper und alle Turnerkollegen bekommen es mit.”
Die Autorin Katrin Sutter hat ein authentisches, lebensnahes Bild gezeichnet. Lucas Fischers Geschichte geht nah und macht Mut. Mut den wir brauchen, wenn wir Stück für Stück loslassen und einen Traum hinter uns lassen. Es ist ein Aufbruch ins Ungewisse, doch neue Ziele zu stecken und neuen Träumen Raum zu lassen….das ist der Weg von Lucas Fischer. Und er bewegt.
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Hier geht's zum Motivations-Paket!Veranstaltungen für Buchmenschen: Wo ist was los? | Gastartikel von Jasmin Zipperling
Veranstaltungen für Buchmenschen: Wo ist was los?
Diese wichtigen Veranstaltungen für Buchmenschen, AutorInnen, LeserInnen und alle Kulturinteressierten solltest du nicht verpassen! | Gastartikel von Autorin Jasmin ZipperlingReichweite auf den Social Media-Kanälen zu generieren ist toll. Aber wenn man die Menschen aus der Buchbranche wirklich kennenlernen und sich mit ihnen vernetzen möchte, geht nichts über den persönlichen Kontakt. Man fühlt sich einander eher verbunden, wenn man „den richtigen Mensch“ im realen Leben getroffen hat. Okay … Wie mache ich das? Wo kann ich anderen Buchmenschen begegnen? Gastautorin Jasmin Zipperling erzählt euch von ganz besonderen Veranstaltungen und Treffen.

müde AutorInnen auf der Buchmesse | © Kaddy KD
1. Die Buchmessen in Leipzig und Frankfurt
Klar, das sind die Klassiker. Große Hallen gefüllt mit Ständen von Vereinen, Verlagen sowie Autorinnen und Autoren. Jede Menge Bücher. Jede Menge Veranstaltungen. Jede Menge Menschen. Frankfurt ist die größte Buchmesse der Welt, Leipzig kleiner und familiärer.
Do: Stände und Veranstaltungen besuchen, sich mit anderen austauschen.
Don’t: Mit dem Manuskript unterm Arm auf LektorInnen oder AgentInnen lauern. / Auch suboptimal: Nicht klar definierte Treffpunkte vereinbaren („an der Rolltreppe“ – Alter Falter! An WELCHER Rolltreppe, verdammte Axt?!).
2. LitBlog Convention

© Jennifer Hilden
Die LitBlog Convention ist primär für BloggerInnen, eher weniger für AutorInnen gedacht. Es ist aber die ideale Veranstaltung, wenn man BloggerInnen kennenlernen möchte. Einige Verlage organisieren diese Veranstaltungen im Zusammenschluss. Veranstaltungsort ist Bastei Lübbe in Köln (liegt zwar auf der falschen Rheinseite, aber da kann man ja mal tolerant sein). Mehrere Panel zu verschiedenen Themen finden gleichzeitig statt – man muss sich also entscheiden, woran man wann teilnehmen möchte. Pluspunkt: Im Foyer gibt’s WLAN.
Do: Ohne Hintergedanken Kontakt zu BuchbloggerInnen suchen, zusammen Spaß an Büchern haben und aufmerksam zuhören.
Don’t: BuchbloggerInnen direkt mit dem eigenen Buch überfallen. / Sich als Autorin oder Autor darüber auskotzen, dass die ach-so-bösen-Buchblogs das eigene Buch nicht besprechen.
3. Self-Publishing-Day
Der Self-Publishing-Day ist eine Veranstaltung für verlagsunabhängige AutorInnen, die in jedem Jahr in einer anderen Stadt stattfindet. 2019 wird es Nürnberg sein. Es gibt interessante Vorträge und Workshops – und dadurch, dass die Veranstaltung kleiner ist, als zum Beispiel eine Buchmesse, kann man die Distributoren und VereinsvertreterInnen vor Ort ausführlicher zu ihren Angeboten befragen. Der Eintritt ist allerdings dreistellig. Je früher man sein Ticket kauft, desto günstiger ist es. Mit der Zeit und mit immer mehr feststehenden Programmpunkten steigen die Ticketpreise. Dadurch sind allerdings auch nur die Menschen vor Ort, die sich wirklich professionell mit dem Thema Selfpublishing auseinandersetzen möchten.
Do: Informationen einholen, sich austauschen, Kontakte knüpfen und Wochen vorher mal nachschauen, ob in der Stadt im Rahmen des Selfpublishing Day noch andere Veranstaltungen stattfinden. 2017 in Hamburg gab es zum Beispiel am Abend vorher eine Produktionsführung bei BoD. Da hat sich eine frühere Anreise definitiv gelohnt.
Don’t: Sich nicht rechtzeitig anschauen, in welche Workshops man gehen möchte – nachher ist alles ausgebucht und man kann nur noch teilnehmen, wo Platz ist. / Selfpublishing belächeln. Viele Selfpublisher arbeiten hochprofessionell und entscheiden sich bewusst für mehr Entscheidungsfreiheit und somit die Veröffentlichung ohne Verlag.
4. Literaturcamps
Ein Barcamp ist eine so genannte „Unkonferenz“, ein Litcamp hat einen Bücherschwerpunkt. Alle TeilnehmerInnen sind potentielle TeilGEBERInnen. Denn jede und jeder weiß etwas. Das Programm des Litcamps entsteht erst vor Ort. Nach der Vorstellungsrunde (ja, auch mit 200 Leuten – so will es das Gesetz!) reihen sich die Leute in eine Schlange, die eine Session anbieten möchten:
„Hallo, mein Name ist Jasmin und ich möchte gerne eine Session dazu anbieten, wie cool der Blog von Literaturpower ist. Wer hätte daran Interesse?“
– Woooooosh! Alle Hände schießen in die Höhe. Da muss mir das Orgateam des Litcamps wohl einen großen Sessionraum zuweisen. So entsteht der Sessionplan und schließlich muss man sich entscheiden, an welchen Sessions man teilnimmt.
Nehmt alle mal an einem Litcamp teil, es ist ein dynamisches Veranstaltungsformat und saucool. Es gibt Litcamps in Bonn, Hamburg, Heidelberg und ab 2019 auch in Berlin. Alle Litcamps außer Bonn dauern zwei Tage. Und wenn ihr einem meiner Lifehacks folgen wollt: Meldet euch als freiwillige HelferInnen (so genannte „Engel“ bzw. in Hamburg „die freundlichen Punks aus der Nachbarschaft“) und baut die Veranstaltung am Tag zuvor mit auf. Dann kennt ihr auf dem Litcamp nämlich schon einmal die anderen HelferInnen und das Orga-Team. So steht ihr am nächsten Tag nicht in einem Raum mit lauter Fremden, weil ihr schon längst dazugehört – das ist viel angenehmer. Nachteil: Wenn man nach dem Litcamp wieder heimfährt, hat man das Gefühl, man verlässt seine Familie.
Do: Die Ticketwellen rechtzeitig abpassen, um ein Ticket zu ergattern. Wenn möglich, ein Förderticket kaufen, da sich das Orgateam immer den ist-ja-gut-ich-sag’s-ja-nicht aufreißt, um das Litcamp auf die Beine zu stellen. / Sessions besuchen oder sogar selbst anbieten, mit Menschen ins Gespräch kommen – Litcamps sind die perfekten Veranstaltungen, um das eigene Netzwerk zu erweitern. / Twittern und posten – denn Regel Nummer 1 lautet: Du redest über das Barcamp! Und benutzt den Hashtag, verdammte Axt!
Don’t: Auf andere TeilnehmerInnen herabschauen, weil sie noch nicht so viele Bücher veröffentlicht haben wie ihr oder in einem anderen Genre schreiben oder oder oder … Auf einem Litcamp begegnet man sich auf Augenhöhe!

Autorinnen Kathy Wild und Jasmin Zipperling
5. Genre-bezogene und Ereignis-abhängige Veranstaltungen
Es gibt einige Genre-bezogene Veranstaltungen, bei denen es sich sicher lohnt, das eine oder andere Mal dabei zu sein. Man vertieft die eigenen Kenntnisse und lernt Kolleginnen und Kollegen kennen, die im selben Genre unterwegs sind.
Liebesromane
In Berlin gibt es die Loveletter Convention. Es ist eine zweitägige Veranstaltung (die Tage sind auch einzeln buchbar), an denen man Liebesroman-Autorinnen und -Autoren (auch international) treffen oder Workshops besuchen kann. Ich habe einmal an einem Workshop teilgenommen, bei dem es darum ging, eine Kussszene zu schreiben. Allerdings hat meine Szene damit geendet, das jemandem ein Messer in der Kehle – na ja, es gibt noch andere Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Liebesroman. Die LitLove in München zum Beispiel. Auch hier trifft man Liebesroman-Autorinnen und -Autoren. Es gibt Lesungen, Podiumsdiskussionen und Workshops. Ausgerichtet wird die Veranstaltung von Random House. Auch hier kann man sich Tickets für das ganze Wochenende oder für einen einzelnen Tag kaufen.
Krimis
Die Criminale ist das größte Krimi-Branchentreffen Europas. Das Syndikat (eine Krimi-Vereinigung) organisiert die Veranstaltung jedes Jahr. Sie dauert mehrere Tage und bietet Workshops und Podiumsdiskussionen an. Schreibt man gerne Krimis, sollte man die Criminale definitiv besuchen. Höhepunkt ist übrigens immer die Verleihung des Glauser-Preises.
Fantasy
Ich gebe zu, dass Fantasy nicht mein Spezialgebiet ist, aber wenigstens möchte ich erwähnen, was es so gibt: die Phantastika, verschiedene Conventions (dort trifft man auch Autorinnen und Autoren, aber nicht nur) oder zum Beispiel das PAN-Branchentreffen, an dem ich 2018 selbst sehr gerne teilgenommen habe.
Kinderbücher
Wer Kinderbücher schreibt und veröffentlicht, fliegt einmal im Jahr nach Italien! Denn die Kinderbuchmesse findet jedes Jahr im Frühjahr in Bologna statt. Möchte man lieber auf deutschem Boden bleiben, geht es in die nördliche Richtung zur Kinderbuchmesse, kurz „KIBUM“, nach Oldenburg. Übrigens haben sich die Kinder- und Jugendbuchautorinnen und -autoren Deutschlands in den letzten Jahren stark vernetzt und zu einem Bundeskongress zusammengeschlossen. Treffen finden immer einen Tag vor den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt statt.
Horror, Historische Romane und andere Genre
Hm … Rund um Horror gibt es sicher die eine oder andere Veranstaltung um Halloween. Aber für zum Beispiel historische Romane kenne ich tatsächlich noch keine Veranstaltung. Gibt es so etwas nicht? Wenn nein: Hallo?! Kann das bitte mal einer organisieren? Bedarf besteht sicher. Falls doch: Wieso weiß ich davon nichts? Pf …
Ereignis-abhängige Veranstaltungen
Manchmal findet eine Veranstaltung in keinem regelmäßigen Turnus statt, sondern aufgrund eines bestimmten Anlasses. 2018 hat der Distributor Books on Demand zum Beispiel sein 20-jähriges Jubiläum veranstaltet. Es gab Diskussionsrunden, WLAN, eine Ausstellung, WLAN, Workshops, eine Produktionsführung und hab ich das WLAN erwähnt?! Es war eine tolle Veranstaltung und ich bin froh, dass ich dabei sein durfte.
Do: Gerne auch mal eine Veranstaltung zu einem fremden Genre besuchen! Über den Tellerrand zu schauen ist immer super (Grüße gehen raus an Christian Milkus, der mich 2017 zu einem Fantasy-Vortrag von Elea Brandt geschleppt hat – an dem Tag habe ich verstanden, wie sehr Fantasy-AutorInnen schuften!).
Don’t: Sich solche Veranstaltungen dauernd durch die Lappen gehen zu lassen. Dort eröffnen sich Möglichkeiten!

© Jessica Halermöller, BoD
6. Autorenstammtische und sonstige Treffen
Okay, ich habe leider keinen Platz mehr, weil ich mich so gerne an die maximale Wortzahl für diesen Blogbeitrag halten möchte. Machen wir es einfach so: Falls ihr in der Nähe einer größeren Stadt wohnt, gibt es dort sicher auch einen Autorenstammtisch oder ein Regionaltreffen. Schreibt mir und ich kann schauen oder fragen, was es da gibt und euch einen Kontakt vermitteln.
7. Der Veranstaltungskalender auf Orbanism
Natürlich kann ich in diesem Blogbeitrag nur einige Veranstaltungen nennen, aber ihr könnt euch bei Interesse gerne mal durch das Eventverzeichnis von Orbanism wühlen. Da findet ihr noch viel mehr: Orbanism.
Abschließend …
Der persönliche Kontakt geht immer noch über alles. Veranstaltungen zu besuchen und sich mit Menschen aus der Branche zu vernetzen und auszutauschen eröffnet wunderbare Möglichkeiten. Auf Veranstaltungen habe ich meinen ersten Auftrag für einen Federwelt-Artikel und meinen Vertrag mit einer Literaturagentur ergattert. Ich wünsche euch, dass sich auf solchen Veranstaltungen auch Wege für euch ebnen. In diesem Sinne: Vielleicht sehen wir uns 2019 mal live.
Schreibt gerne in die Kommentare, wenn ihr noch andere tolle Veranstaltungen kennt! Welche Buchmenschen habt ihr auf solchen Treffen schon persönlich kennengelernt? Und welche Events wünscht ihr euch, die es so noch nicht gibt?

Gastautorin Jasmin Zipperling
Jasmin „Zippi“ Zipperling ist Autorin, Bloggerin, bekennende Twitterina und kinderschokoladensüchtig. Seit Ende 2015 ist sie Teammitglied der „Autorenwelt“ und seit Mitte 2016 freies Redaktionsmitglied der Fachzeitschrift „Federwelt“. Sie besucht für ihr Leben gerne buchbezogene Veranstaltungen und petzt ihrer Chefredakteurin hinterher, welche Neuigkeiten sie aufgeschnappt hat.
Literaturpower möchte Leserinnen und Lesern viele interessante und hilfreiche Informationen rund um das Thema Literatur, Bücher und Lesen bieten. Dafür kommen auch GastautorInnen zu Wort. Wenn du auch einen Gastartikel über ein spannendes Thema schreiben möchtest, melde dich gerne über das Kontaktformular unten auf dieser Seite: Über Literaturpower.
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Bewältigungsstrategien der AussteigerInnen: Isolation oder Freiheit?
Manchmal gibt es diese Tage: Tausend Gedanken, aber keinen Plan wie dieses oder jenes Problem angegangen werden kann. Da gilt das Prinzip der kleinen Schritte. Zunächst zur Ruhe kommen. Meditation. Distanz zum Problemfeld aufbauen. Sich ein Zeitfenster setzen. Dann Fakten schaffen. Dabei aber den Überblick nicht verlieren.
Was machen jedoch Menschen, die diesen Überblick gänzlich verloren haben? Oder Menschen, die ihn nie hatten? Wie gehen Kinder mit Sorgen und Problemen um, deren Kontext sie nicht durchschauen und verstehen, geschweige denn, dass sie Lösungsstrategien entwickeln könnten? Simone Hirth skizziert in “Bananama” eine Kleinfamilie, deren Aussteigertum die Sorgen nicht schwinden lässt.
Menschen, die etwas ändern wollen
Simone Hirth hat selbst Erfahrungen als Aussteigerin gesammelt. Dabei musste sie feststellen, dass gerade in diesem Umfeld besonders viele Konflikte und Widersprüche bestehen. Ihre persönlichen Erfahrungen waren nicht nur positiv. Positiv ist jedoch die Art und Weise, wie die preisgekrönte Schriftstellerin ihre Eindrücke in ihrem zweiten Roman verarbeitet hat.
„Bananama“ ist die Anatomie einer Kleinfamilie. Die Geschichte vermittelt Verständnis und Mitgefühl für die Menschen, die sich nach Veränderung in ihrem Leben sehnen. Wieviel Gesellschaftskritik dahinter steckt , muss jede Leserin und jeder Leser für sich selbst herausfinden. Aber diese Darstellung ist nicht einseitig. Die Schattenseiten einer Existenz fernab von Gesellschaft und normalem Alltag kommen ebenso zur Geltung.
Ein Leben in Isolation
Wir erfahren von einem Mädchen, aus dessen Sicht die ganze Geschichte erzählt wird. Einen Namen erfahren wir nicht. Auch kein Alter. Das Mädchen ist jedoch noch keine 10 Jahre alt, denn sonst dürfte sie vielleicht das Internet benutzen. Sie darf es erst wenn sie 10 ist. Ihre beiden Aussteiger-Eltern nutzen das Internet oft, um ihr nach außen “autarkes” Leben erträglicher zu gestalten.
Sie predigen quasi Wasser und trinken Wein. Durch eine Erfindung der Mutter besitzt die Familie viel Geld. Die Eltern haben sich für ein Leben in Abgeschiedenheit und Isolation entschieden. Dieser Wunsch führt sogar dazu, dass die Tochter von der Schule genommen und vom Vater unterrichtet wird. Eigentlich ist es mehr ein Belehren und Indoktrinieren als ein Unterrichten. Unsere Protagonistin versteht viele Zusammenhänge nicht. Die Entscheidungen der Eltern bleiben ihr oftmals unverständlich, nicht zuletzt weil sie diese Erklärungen immer auf “ein andernmal” verschieben. Wann das ist – “ein andernmal” – erfährt sie nicht.
Über Zwänge, Lügen und Bewältigungsstrategien
Wie ist es für ein Kind, die Einsamkeit und Isolation leben zu müssen, die es sich nicht ausgesucht hat?
Die Wahrheiten der Eltern stellt die junge Erzählerin für sich immer mal wieder in Frage: “Ich wünsche mir, endlich wieder einen Schokoriegel essen zu dürfen. Ich bin dünn und selten krank, Mutter dagegen ist schon etwas rundlich und hat häufig Kopfweh, obwohl sie niemals Schokoriegel isst, weshalb ihr Argument, dass Schokoriegel dick machen und ungesund sind, eigentlich ungültig sein müsste.”
Wir lernen in der Geschichte vor allem wie Bewältigungsstrategien entstehen. Angst, Verzweiflung und Unsicherheit gehören zum Alltag der Hauptfigur. Es liegt nahe, dass sie sich ihre eigene Realität aufbaut.
Sie beerdigt Wörter:
“Vater sagte einmal, man muss seine Angst beerdigen. Ich wusste damals noch nicht, was beerdigen heißt. Ich fragte: Was ist das? Vater sagte: Man gräbt etwas in der Erde ein und dann wachsen schöne Blumen darüber, oder Beerensträucher, oder Bäume. Ich versuchte es also, sobald ich einen Spaten besaß und der Boden getaut war, mit dem Wort Angst, in Schönschrift geschrieben.”
Viele Wörter landen in der Folge unter der Erde, auch tote Tiere und anderes. “Ich beerdige noch einmal das Wort nachhaltig, weil Vater es in seiner Unterrichtsstunde so oft verwendet hat, dass ich denke, es ist genug.”
Die Zwanghaftigkeit der Eltern bleibt nicht ohne Einfluss auf das Kind. Die Lektüre des Romans ermöglicht dabei aber auch die nötige Distanz zum Geschehen und zu den Problemen des Familienalltags. Das Verfolgen der Handlung zwang mich, den Überblick, der manchmal verloren geht, wiederzugewinnen.
“Der Winter, in dem ich meinen Spaten bekam, war sehr kalt, der Boden gefroren und ich konnte es kaum erwarten, im Frühling mein erstes Grab zu schaufeln.”
Solche Sätze lassen uns schaudern, aber dahinter steckt nicht der Wunsch zu schockieren. Die Autorin erreicht unser Mitgefühl ohne Rührseligkeit. Ein Gefühl der Beklemmung und Traurigkeit kommt auf und Mitgefühl für das Kind, das grenzenloser Einsamkeit ausgesetzt ist. Wir müssen als LeserInnen viel mitdenken und hinterfragen, aber die Mühe lohnt sich.
Wo beginnt der Ausstieg?
“Diese Welt, in der Vater und Mutter nicht mehr leben wollten, war entweder sehr schrecklich oder sehr schön. Insgeheim hoffe ich, dass es das Schöne war, das sie nicht mehr ertrugen. Dass sie vor lauter Lachen keine Luft mehr bekamen, und um wieder atmen zu können, mussten sie gehen. Ich hoffe, dass ich mich an das Schöne gewöhnen könnte, wenn ich mich doch einmal in diese Welt verlaufen sollte.”
Das Mädchen hat die Außenwelt nie kennengelernt und sehnt sich doch nach ihr. Vielleicht vermag sie die Lügen und Heucheleien ihrer Eltern nicht zu durchschauen, aber dass es da Widersprüche gibt – das entgeht ihr nicht. Die Autarkie ist nur oberflächlich, vieles Fassade: Kapitalismusgegner ohne Geldsorgen; Verschwendung; Zwanghaftigkeit.
Die Frage stellt sich, wie es für ein Kind sein muss, in einer Welt voller Widersprüche aufzuwachsen. Unweigerlich fragen wir uns aber auch, wie es für uns selbst ist in der eigenen widersprüchlichen Realität leben zu müssen. Wie können wir all die Sorgen, Zwänge und Lügen aushalten, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind? Wo beginnt der Ausstieg? Etwa schon hinter der eigenen Haustür? Das entscheidet sich sicher sehr individuell, aber Bewältigungsstrategien entwickeln wir fast alle, um dem Druck und der Angst etwas entgegen zu setzen.
“Man muss als Aussteiger die Zeit am besten ganz vergessen.”, sagt das Mädchen. Danke, Simone Hirth, für diesen tiefgründigen und außergewöhnlichen Roman.
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Hier geht's zum Motivations-Paket!Frankenstein – Anatomie eines Klassikers | Gastartikel von Swantje Niemann
Frankenstein – Anatomie eines Klassikers
Gastartikel von Autorin Swantje NiemannEs gibt Bücher, die von Generation zu Generation immer wieder gelesen werden – und scheinbar jedes Mal etwas Neues zu sagen haben. Was ist es, das einige Bücher noch Jahrhunderte später relevant und bewegend scheinen lässt? Die Phantastik-Autorin Swantje Niemann beschreibt dieses Phänomen am Beispiel von „Frankenstein“ – ein Klassiker.
Frankensteins Monster: komplex und aktuell
Was ist Mary Shelleys „Frankenstein“? Ein Horror-Klassiker? Eine Warnung vor Forschung und Technik, die ohne jede Rücksicht auf Konsequenzen vorgeht? Ein kühnes Gedankenexperiment, das untersucht, wie Menschen von ihrer Umwelt geformt werden? Ein Buch über Freundschaft? Meiner Meinung nach ist es alles auf einmal. Vielleicht der Grund für die bis heute ungebrochene Faszination des Buches?
„Frankenstein oder der moderne Prometheus“ spielt im ausgehenden 18. Jahrhundert und schildert ein kühnes Experiment, das entsetzlich schief läuft: Ein ehrgeiziger Wissenschaftler versucht, Leben zu erschaffen, aber flieht schließlich entsetzt vor seiner Schöpfung. Doch das Wesen, das er allein in eine feindselige Welt entlassen hat, lässt sich nicht so einfach abschütteln. Frankenstein droht alles zu verlieren, was ihm etwas bedeutet. Mehr Details findet ihr in meiner Rezension zum Buch „Frankenstein“.
Was wohl auch zum Mythos Frankenstein beigetragen hat, sind Mary Shelleys außergewöhnliche Biographie sowie die Inspiration für Frankenstein im „Jahr ohne Sommer“. Die Idee kam ihr im Rahmen eines Gruselgeschichtenwettbewerbs mit so illustren Teilnehmern wie John Polidori. Dessen Lord Ruthven wurde prägend für den Archetyp des aristokratischen Vampirs, Percy Shelley. Dieser wiederum forderte mit seinem Atheismus und seinen republikanischen Überzeugungen die Ordnung seiner Zeit heraus. Außerdem war da noch George Byron, der von Caroline Lamb als „mad, bad and dangerous to know“ beschrieben wurde.
Die Psychologie des Horrors
Viel in dem kurzen Roman erfüllt die Anforderungen einer Horrorgeschichte nur zu gut: Hier begegnen uns etablierte Tropen, wie der des Wissenschaftlers, der während eines nächtlichen Gewitters besessen an einer widerwärtigen Schöpfung arbeitet, und der eines unerbittlichen Verfolgers, der beinahe unbesiegbar scheint. Die Drohung von Gewalt und Verlust schwebt immer wieder über den Figuren. Bedeutender jedoch sind die psychologischen Aspekte: Frankenstein ist oft anstrengend selbstmitleidig, aber seine Schuld und Scham, als seine Schöpfung seine Freunde und Verwandten in Gefahr bringt, und die Angst und Isolation, die er wegen seines dunklen Geheimnisses erlebt, sind eindringlich geschildert.
Vieles ist bereits über das Monster und die mögliche Anwendbarkeit von Frankensteins tragischer Geschichte auf unsere Zeit geschrieben worden. Die Idee, dass Wissenschaft und Technik unkontrollierbare Bedrohungen hervorbringen können, klingt bei allem fantastischen Potenzial, das sie auch mit sich bringen, nur zu vertraut.
Die Stärke von Shelleys Roman ist, dass er sich hier nicht klar auf eine Seite stellt. Wir sehen durch eine Vielfalt von Perspektiven eine Situation, die auch eine ganz andere Wendung hätte nehmen können. Was, wenn Frankenstein die Verantwortung für seine Kreatur übernommen hätte? Und selbst wenn seine Hybris letztlich in eine Katastrophe führt, sind seine letzten Worte doch die Frage, ob nicht ein anderer Wissenschaftler seine Forschungen erfolgreicher zu einem Ende führen könnte.
Dies ist scheinbar das große Thema des Romans, das zu Spekulationen und Diskussionen einlädt. Aber darin erschöpft sich der Roman nicht, denn auf einer persönlicheren Ebene ist er – zumindest mir – immer als ein Buch erschienen, das um eine fundamentale Wahrheit über uns Menschen kreist: Wir sind soziale Wesen.
Frankensteins Monster – ein soziales Wesen
Frankenstein hat seine Freunde und seine Familie jahrelang nicht gesehen, als er das Monster zum Leben erweckt, und es ist die Beobachtung menschlicher Nähe, die in seiner Schöpfung den Wunsch weckt, gut zu sein – und die Erfahrung von Einsamkeit und Zurückweisung, die diesen Vorsatz ins Gegenteil verkehrt. Shelley ist es meiner Meinung nach gelungen, ein eindrucksvolles Buch über die zerstörerische Wirkung von Isolation zu schreiben.
Und ich glaube, genau das macht ein gutes Buch aus: Es schaut gleichzeitig nach außen (siehe die großen philosophischen, entwicklungspsychologischen, sozialen und wissenschaftsethischen Fragen, die Frankenstein berührt – und dabei verblüffend moderne Ideen verbreitet), aber auch nach innen (im Fall von Shelleys Roman mit der sehr viel intimeren Geschichte über Freundschaft und Isolation, Geborgenheit und Zurückweisung, Verantwortung und Schuld).
Einerseits lädt das Buch zum Denken ein, insbesondere, weil Shelley klare moralische Urteile und einfache Antworten verweigert, andererseits zum Fühlen. Und noch eines macht für mich ein gutes Buch aus: die Eröffnung neuer Perspektiven. Und genau das gelingt Shelley, indem sie dem Monster eine Stimme gibt und Leser*innen damit indirekt dazu bringt, über ihre eigenen Vorurteile zu reflektieren.
Natürlich, die Sprache ist altertümlich und gerade die Frauenfiguren in ihrer sanften Aufopferungsbereitschaft deutlich weniger interessant als die moralisch eher grauen Charaktere von Frankenstein und seiner Kreatur, aber dennoch ist „Frankenstein“ ein Buch, das wegen genau der von mir angesprochenen Aspekte sicher nicht allzu bald an Popularität verlieren wird – und ein Beweis dafür, dass intelligente Phantastik nicht nur die Flucht aus der Realität ermöglichen, sondern auch einen neuen Blick auf diese ermöglichen kann.

Gastautorin Swantje Niemann
Swantje Niemann wurde 1996 in Berlin geboren und ist, abgesehen von mehrmonatigen Sprach- oder Studienaufenthalten in England und Norwegen, mehr oder weniger dort geblieben. Im Sommer 2018 machte sie ihren Bachelor der Kulturwissenschaften in Frankfurt (Oder), wo sie nun im Master Kulturgeschichte studiert. In ihrer Freizeit liest sie viel, trainiert Kendo und spielt Harfe. Ihr Romandebüt „Drúdir – Dampf und Magie“ verbindet klassische Fantasy mit der mitreißenden Dynamik einer industriellen Revolution: In einer Welt voller sozialer und politischer Spannungen geht der Zwerg Drúdir ein hohes Risiko ein, um die Wahrheit über den Tod eines engen Freundes herauszufinden. (Bild © Roger Steen)
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Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
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Let's talk about Psychopathinnen
Gastartikel von Autorin Sandra VahleDas wertvollste an Literatur sind ihre Geschichten samt moralischer sowie gesellschaftlicher Botschaft. Aktuell sind wir im kapitalistischen Leistungsprinzip verankert, aber betrachtet man die Evolution der Menschheit, so wird der Kapitalismus in seiner jetzigen Form sicherlich nicht das letzte Gesellschaftsmodell sein, in dem wir Menschen leben werden. Und so hat jede Epoche ihre Literatur und jede Literatur ihren (feministischen) Auftrag.

In der Literatur existieren keine Grenzen. Gedanken sind frei und so darf auch das Frauenbild wandelbare Wagnisse beweisen. Wir müssen nämlich gar nicht zwingend dem Abbild des fragilen Geschöpfes entsprechen, das sodann auf wunderwirksame Weise im Laufe des Buches mit ganz unfassbar großem Aha-Effekt merkt, dass es auch selbst Bedürfnisse hat und diese auch berücksichtigen darf. Literarisch betrachtet dürfen wir sein, was immer wir wollen, und das völlig, gänzlich und wahrhaftig schwerelos.
Feminismus bedeutet Gleichberechtigung in jeder Hinsicht
Bücher, die ein differenziertes und komplexes Frauenbild zeichnen, leisten einen wichtigen Beitrag zum Feminismus – ich würde sogar so weit gehen, das dieser Beitrag auch geleistet wird, selbst wenn es gar ein psychopathisch gezeichnetes darstellt wie jenes in „Gone Girl“ oder das wohl gruseligste in „Misery“. So unerbittlich hier Seelen zerstört werden, demonstrieren diese beiden Werke gleichermaßen die facettenreiche Seele einer Frau, die über die Pflicht des willenlosen Geschöpfes, das bloß gut auszusehen hat, hinausgeht. Neben Annie Wilkes bösartiger Seite, jene sie zweifellos in sich trägt, keimt da eine ungeliebte Seele, die gleichsam der Liebe nicht befähigt ist – ebenso wie bei unserem gestörten Feger Amy.
Erwecke die Psychopathin in dir?
Literarisch betrachtet waltet hier Gleichberechtigung, denn wer einmal Richard Laymon gelesen beziehungsweise verschlungen hat, weiß, dass jene komplexe Psychopathen-Rolle männliche Protagonisten ebenso spannend und faszinierend gut kleidet. „Die Insel“ oder „Die Jagd“ bieten zwei aufschlussreiche Wechselbäder in die kranke Gedankenwelt und Abgründe von Psychopathen. In beiden Werken spielt dabei sexuelle Begierde eine große Rolle, und hier demonstriert insbesondere unser Gone Girl Amy, dass Frauen desgleichen sexuelle Begierde in Verbindung mit gewaltvollen Phantasien verspüren, die sich zuweilen schlecht steuern lässt. Bei Annie Wilkes hingegen waltet im Laufe der blutrünstigen Psychopathen-Jahre wohl eher sexuelle Gleichgültigkeit, die sich aber zwischendurch gegenüber ihrem Idol Paul durchaus und in Ansätzen als eine Art Begierde deuten lässt.
Wir müssen endlich aufhören, in Frauen die Hure zu sehen, sobald Sie sexuell agiert
In der Literatur wird gern und oft die unschuldige Jungfrau bevorzugt behandelt und als absolut ehrenwert dargestellt – „50 Shades of Grey“ lässt grüßen. Man darf und muss hier allerdings lobend erwähnen, dass gleichsam die Hure Madonna geliebt wird, und das war ja nahezu skandalös. Denn das passt ja doch eigentlich gar nicht zusammen in Anbetracht des Madonna/Huren-Komplex. Dabei sind Reinheit und Unschuld in der Realität nicht die einzigen Eigenschaften von Frauen.
Literarische Gleichberechtigung ist jedenfalls so wichtig, weil sie unsere Gesellschaft mit prägt. So war das Rollenbild der Frau zu Hitlers Zeiten beispielsweise davon gezeichnet, dass sie zum Wohle der Volksgemeinschaft mit Treue, Pflichterfüllung, Opferbereitschaft, Leidensfähigkeit und Selbstlosigkeit vor allem ihrer Pflicht als Mutter nachzukommen hat – und so hätte Adolf ganz sicher nicht gewollt, dass weibliche Psychopathen, sprich Psychopathinnen, die Bestsellerlisten stürmen. Geschweige denn Huren.
Heutzutage dürfen wir das. Wir dürfen literarisch betrachtet jede Rolle annehmen, die wir mögen und sei es eben die facettenreiche Rolle der kranken, verrückten Närrin, die jenseits des übersteigerten Widerstands gegen Unterdrückung, ein Aufbäumen und Verarbeitung seelischer Verletzungen impliziert, wenngleich einer jeden Frau unbedingt klar sein sollte, dass man in der Realität dafür keineswegs zur Annie oder Amy mutieren sollte. Obschon Gewalt waltet, zeichnet Literatur keine Gewaltverherrlichung, vielmehr sensibilisiert sie mitsamt dem wichtigen Auftrag dafür, dass das menschliche Wesen samt seiner Seele verwundbar ist. Weil eben jeder verletzlich ist. Punkt.
Das fragile Hilfsmittel der Axt, betörender Fesseln oder des wild gewordenen Rasenmähers transportiert im Rahmen einer Psychoanalyse zum Zweck der Selbsttherapie lediglich eine Botschaft in metaphorischer Form. In diesem Sinne – der Freiheit ihre Kunst und der Kunst ihre Freiheit und Gleichberechtigung.

Gastautorin Sandra Vahle
Sandra Vahle lebt als freie Autorin / Texterin / Bloggerin in der Fußballstadt Dortmund. Zum Thema Gleichberechtigung hat sie zusammen mit ihrer Co-Autorin Mary Green das Buch „(K)eine Frau zum Verlieben“ geschrieben. Anstelle einer Axt, Rasenmähers oder eines Eispickels walten hier eine ordentliche Portion Witz, Ironie und Sarkasmus als dienliche Helfer für literarische Freiheit. Den Autorinnen war es wichtig, die Realität zum Thema Liebe & Sex zu spiegeln, aber zugleich die gesellschaftlich geforderte Konditionierung hin zur heiligen Madonna zu entschärfen.
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Wenn du mit deinem Partner oder deiner Partnerin sprichst, deinen Kindern oder auch mit Freundinnen – wie sehr achtest du dann auf deinen Ton und darauf was du sagst? Haben deine Launen direkten Einfluss auf deine Kommunikation? Wirst du manchmal bissig, überheblich, vielleicht sogar gehässig? Und andersrum: Wie reagierst du, wenn sich jemand dir gegenüber im Ton vergreift und ausfallend wird? Äußerst du dein Missfallen oder lässt du vieles durchgehen? Um Sprache und unsere Kommunikationswege geht es in “VOX”, dem feministischen Roman von Christina Dalcher.
Titel: VOX
Autorin: Christina Dalcher
Übersetzerinnen: Marion Balkenhol, Susanne Aeckerle
Verlag: S. Fischer
Was, wenn dir die Worte fehlen
Viele Artikel über “VOX”, den Skandalroman von Christina Dalcher, beginnen mit der Aufforderung, man/frau möge sich doch einmal vorstellen, nur Hundert Wörter am Tag sprechen zu können. Dieser Artikel hat das acht bis zehnfache davon, aber auch so sollte klar sein: Wer nicht mehr als 100 Wörter am Tag spricht, verzichtet auf Erklärungen; auf die Äußerung von Gefühlen und Bedürfnissen und darauf, der eigenen Meinung mit Adjektiven und Beschreibungen Ausdruck zu verleihen.
Wie ein unmenschlicher Plan alles verändert
Natürlich ist es ein feministischer Roman. “VOX” hat einen deutlichen feministischen Fokus. Er äußert sich in der Handlung, aber auch in den Figuren. Jean, die Protagonistin wächst im Laufe der Geschichte über sich hinaus. Noch zu Anfang ist sie vor allem die unzufriedene Beobachterin, die mit der Zeit jedoch immer aktiver und rebellischer wird.
“Ich lernte, wie schnell ein Handyvertrag annulliert werden kann und wie effizient junge Soldaten beim Anbringen von Kameras sind. Ich lernte, sobald ein Plan vorhanden ist, kann alles über Nacht passieren.”
Der Plan ist denkbar simpel: eine neue fundamentalistische Regierung wünscht sich konservative und traditionelle Gesellschaftsstrukturen. Die Frau soll den Haushalt führen, der Mann für den Lebensunterhalt sorgen. Um solche Strukturen wiederherzustellen, werden den Frauen Folterarmbänder angelegt: Zählwerke, die Stromstöße verteilen, sollte die Trägerin mehr als die vorgegebene Anzahl an Wörtern äußern.
“Niemand kann die Hälfte der Bevölkerung zum Schweigen bringen.”
Jean sollte sich irren.
Provokativ und radikal
Ich werde zu den feministischen Gedanken des Buches nicht mehr viel sagen. Du kannst im Internet sehr viel dazu lesen. Sowohl positive, als auch ablehnende Stimmen. Ich mag das Buch sehr, auch weil es provokativ und radikal ist, möchte an dieser Stelle aber ein paar andere spannende Aspekte beleuchten. Der Roman von Christina Dalcher hat nämlich noch soviel mehr zu bieten. Zum Beispiel eine außergewöhnliche Sensibilisierung für die Bedeutung der Sprache. Im Vorwort des Buches schreibt die Autorin:
“Ich hoffe, Sie lesen VOX auf zweierlei Weise: sowohl als spekulative politische Dystopie, in der die Übermacht staatlicher Kontrolle das Leben einer Familie zerstört, und als Gedankenspiel, das Ihnen das Geschenk der Sprache vor Augen führt, dieses erstaunlich komplexe Vermögen, das wir so oft als selbstverständlich betrachten.”
Die Autorin Christina Dalcher selbst ist promovierte Linguistin und erforschte den Laut- und Sprachwandel in italienischen und britischen Dialekten. Wir erfahren im Roman viel über die Bedeutung des Sprechens als Kulturtechnik. Neben den linguistischen Aspekten, spielen auch soziologische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle. Die Geschichte beleuchtet das Auseinanderbrechen einer amerikanischen Familie mit all den Ängsten, Unsicherheiten und Verletzungen.
“Ich glaube, das könnte der Moment gewesen sein, in dem ich begonnen habe, meinen Mann zu hassen.”
Ein Buch, das übellaunig macht
Ich möchte ganz ehrlich mit dir sein. Während meiner Lektüre von “VOX” war ich die meiste Zeit übellaunig und angespannt. Es ist ein Buch, das aufrüttelt und wütend macht. Angestachelt, habe ich über eigene Kommunikationsmuster nachgedacht und natürlich auch über die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern. Allein in unserem täglichen Umgang miteinander, werden oft Bedürfnisse untergraben, die doch so wichtig für uns sind.
“”Ich hab dich lieb, Mommy. Ganz doll.” Nur sieben Wörter, und mir bleibt das Herz stehen.”
Manchmal reichen ein paar wenige Worte, um uns den Atem zu rauben. Manchmal jedoch können selbst lange Monologe die Gesprächspartnerin oder den Gesprächspartner nicht erreichen. Mimik und Gestik, Gefühle und Beziehungen spielen eine ebenso wichtig Rolle, wie die verbale Botschaft eines Gesprächs. Wir wollen weder auf die einen noch auf die anderen Komponenten verzichten.
“VOX” von Christina Dalcher ist ein Roman über Widerstand, Feminismus, Kommunikation und über den Mut, für die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Darüber hinaus, ist es ein Roman, der ermutigt auch für andere einzustehen, ihnen Fehler zu erlauben und zu akzeptieren, dass wir alle (nur) Menschen sind.
“Überlege, was du tun würdest, um frei zu bleiben?”
Mit dieser Frage, die sich auch Jean immer wieder stellte, möchte ich an dieser Stelle schließen. “VOX” ist ein starker Roman, keine entspannende Urlaubs-Strand-Lektüre, aber in jedem Fall ein spannendes Lese-Abenteuer.
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Wenn noch alles möglich ist
In “Hier ist noch alles möglich” von Gianna Molinari wird die Suche nach einem Wolf zu einem wichtigen Befreiungsakt im Leben der Protagonistin. Dort, wo noch alles möglich ist, herrscht Hoffnung und es ist diese Hoffnung, die wir in unserem Leben brauchen.
“Präzise und kraftvoll vermisst Gianna Molinari in ihrem Debüt unsere Lebensräume und die Grenzen, die wir um uns ziehen.”
So liebevoll und wundersam wurde “Hier ist noch alles möglich” im Rahmen der Nominierung für den Deutschen Buchpreis 2018 vorgestellt. Glaubst du, ein Roman, der hauptsächlich in einer Fabrik spielt, in der eigentlich überhaupt nichts passiert, kann nicht spannend und lehrreich sein? Du irrst dich, denn Molinari hat es mit ihrem Debüt wahrlich bewiesen: die Suche nach dem, was uns ausmacht und bewegt, ist manchmal aufregender als das, was wir am Ende finden.
Möglichkeiten erkennen
“Die Fabrik ist keine Investition mehr mehr wert. Warum haben Sie mich dann eingestellt? Sie sind keine Investition, sondern eine Notwendigkeit. Ich will, dass alles mit rechten Dingen abläuft, ich will mir zum Ende hin keine Fehler erlauben.”
Eine Fabrik steht kurz vor der Schließung. Auf dem Gelände wurde ein Wolf gesichtet und der Fabrikbesitzer stellt eine junge Frau als Nachtwächterin an. Die ganze Geschichte wird uns aus ihrer Perspektive erzählt, dennoch erfahren wir nicht viel über sie.
“FABRIK: Ich bin nicht wegen der Fabrik hier. Ich bin hier, weil hier ein neues Umfeld zu entdecken ist.”
Wir wissen nicht wo sie herkommt und wohin sie gehen wird. Was umso seltsamer anmutet, da sie selbst sehr wissensdurstig ihre Mitmenschen, den vermeintlichen Wolf und ihre Umwelt beobachtet und wahrnimmt.
Möglichkeiten schaffen
Die Frau erzählt uns so einiges über ihre Beobachtungen und geht förmlich in ihrer Arbeit auf bzw. dem was sie daraus macht. Aus der Falle, die sie beispielsweise für den Wolf gräbt, könnte ja später ein kleiner Teich werden und die Überwachungsmonitore verraten ihr zwar keine Eindringlinge, geben jedoch spannende Einblicke in die umgebende Flora und Fauna.
“Ich werde den Koch fragen, wie der Wolf aussah, wie groß er war, was er tat, wie er schaute oder nicht schaute, wie er sich bewegte. Ich werde in die Kantine gehen, vielleicht eine Suppe essen und den Koch fragen, wie er reagiert habe, ob der Wolf ihn erschreckt habe, ob er Angst habe, ob er sich nicht habe bewegen können, wer von beiden sich zuerst bewegt habe, der Koch oder der Wolf, in welche Richtung der Wolf verschwunden sei, ob er zurückgeschaut habe, ob der Koch das habe sehen können.”
Manchmal erscheint uns unsere Arbeit stumpfsinnig und eintönig. Wir verlieren den Sinn aus den Augen und suchen nach etwas ganz Neuem, was uns Erfüllung gibt. Selten habe ich ein so ruhiges Buch wie “Hier ist noch alles möglich” gelesen, das ohne Lärm und starke Aktionen daherkommt und meinen Wunsch nach Sinnhaftigkeit und Achtsamkeit doch so sehr stärken kann.
“Ich zweifle daran, dass die Sicherheit, in der ich lebe, der Realität entspricht. Ich sehne mich nach Unsicherheit, nach mehr Echtheit vielleicht, nach Wirklichkeit. Ich möchte unterscheiden können, was wichtig ist und was nicht. Ich möchte Teil einer Geschichte sein oder viele Geschichten zugleich. Die Frau aus dem Film ist vielleicht in den Himalaya gegangen, in die Karpaten, nach Madeira oder auf eine andere Insel. Ich bin in die Fabrik gegangen.”
In eine Verpackungsfabrik um genauer zu sein. Auch das ist etwas, was ich an diesem Buch sehr mag: Es ist ein literarisches Werk, das unserer Interpretation absoluten Spielraum lässt und damit jeder Leserin und jedem Leser die Möglichkeit gibt, etwas Eigenes im Text zu entdecken.

Stärke und Widerstand, oder Anpassung?
Ich könnte jetzt beispielsweise lange Theorien raus kramen, wofür der Wolf in der Geschichte steht. Vielleicht geht es um das hochentwickelte Sozialverhalten, das ein solches Rudeltier mitbringt; vielleicht um seine Anpassungsfähigkeit oder seine Aura der Stärke und Widerstandsfähigkeit. Das Besondere ist wirklich, dass hier noch alles möglich ist. Beim Lesen gestalten wir die Geschichte ganz individuell und ziehen somit auch unsere eigenen Schlüsse.
“Manche Bücher sind wie Inseln. Leser betreten sie nur kurz, aber lang genug, dass sie ihre rätselhafte Schönheit, ihren sprachlichen Bewuchs, ihre Bewohner nicht mehr missen möchten. Hier ist noch alles möglich ist genau so ein Buch.” sagt Saša Stanišić über “Hier ist noch alles möglich”.
Ich kann mich diesen Worten nur anschließen. Der Debüt-Roman von Gianna Molinari ist ein achtsames Werk, das ich irgendwann nur noch nachts lesen wollte, um irgendwie in den Nachtwächterinnen-Modus der Protagonistin zu gelangen.
“Die Taschenlampe macht die Nacht nicht heller. Im Gegenteil. Das grelle Licht drückt die Nacht lediglich zur Seite. Außerhalb des Lichtkegels aber ist sie umso dunkler. Ich fürchte mich nicht vor dem Wolf. Ich fürchte mich manchmal vor der Dunkelheit.”
Mir ist, als hätte ich ein paar Tage mit ihr in dieser Verpackungsfabrik verbracht und auf die Monitore geschaut, um den Wolf zu finden. Mir ist auch, als hätte ich mit diesem Roman ein Stückchen mehr Bewusstsein für die kleinen Dinge und Erlebnisse entwickelt. Es ist ein gutes Buch. Hier ist noch alles möglich.
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Was ist Bookcrossing? Ich erzähle euch von einer meiner größten Leidenschaften.
Was ist Bookcrossing?
Ich erzähle euch von einer meiner größten Leidenschaften!In Gedenken an die wunderbare Bookcrosserin und Autorin Gudrun Maria Friedrich alias Patschouli, die im Mai 2018 im Alter von 95 Jahren entschlief.
Etwas “freilassen” und dabei trotzdem gewinnen; “auf die Jagd gehen” ohne Blutvergießen; reisende Bücher … all das klingt irgendwie fantastisch in deinen Ohren? Ist aber trotzdem schon Realität. Bookcrossing ermöglicht die Weitergabe von Büchern, einfach aus Freude am Teilen. Völlig unkommerziell und dafür mit viel Liebe zum Abenteuer, den Menschen und der Literatur.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung und die drei wichtigsten Schritte beim Bookcrossing
- Was ist Bookcrossing?
- Spannende Fakten rund um Bookcrossing
- Geschichte und Hintergründe zu Bookcrossing
- Welche Werte stehen für mich dahinter?
- Die Bookcrossing-Community
- die BC-Sprache: OBCZ, Rays, Bücher jagen, Wunschlisten und noch viel mehr
- Bookcrossing in meinem Leben und warum ich mich gerne dafür engagiere
- Das sagen BookcrosserInnen über ihr bibliophiles Hobby
- Weitere Quellen
1. Einführung und die drei wichtigsten Schritte beim Bookcrossing
Nächstes Jahr werde ich Zehn. Mein 10. Bookcrossing-Geburtstag fällt auf einen Freitag, genauer gesagt den 23. August 2019. Es kann bestimmt nicht schaden so langsam mit der Party-Planung anzufangen und ein paar Bücher zum Freilassen zu horten. Das klingt jetzt sicher ein bisschen ironisch, aber ganz im Ernst: Bookcrossing nimmt seit vielen Jahren einen sehr wichtigen Stellenwert in meinem Leben ein und darüber möchte ich in diesem Artikel sprechen. Ich werde dir erzählen, was es mit den reisenden Büchern auf sich hat, welche Werte dahinter stehen und wie sich der ganze Spaß auf meinen Alltag auswirkt. Und um gleich mal eines klarzustellen: Weniger Bücher habe ich durch das Freilassen keinesfalls!
Hier die 3 wichtigsten Schritte beim Bookcrossen:
- Registriere ein Buch deiner Wahl und generiere so eine BCID (Bookcrossing-ID) für dieses Buch.
- Schreibe die BCID in das Buch und ergänze sie mit einer kurzen Info zu Bookcrossing bzw. dem Hinweis zur Homepage.
- Lasse das Buch irgendwo frei, wo es trocken und geschützt von jmd. anderem gefunden werden kann.
Was sonst noch alles zu Bookcrossing gehört, erfährst du in diesem Artikel, aber das wichtigste weißt du schon jetzt: Bookcrossing macht die Welt zu einer großen Bibliothek!
2. Was ist Bookcrossing?
Bookcrossing hat ein hehres und bewundernswertes Ziel: Menschen durch Bücher miteinander verbinden. Das gelingt indem Bücher auf Reisen gehen, die zuvor online registriert wurden und mit einer ID versehen wurden. Jedes BC-Buch erhält somit sein ganz eigenes Logbuch. Mithilfe dieses Logbuches und der passenden ID können wir die Reise eines Buches nachvollziehen und erfahren, wie das Buch anderen gefallen hat.

“Wir sind gegen Bücher in Regalhaltung!”
Das ist einer von vielen witzigen Slogans von uns BookcrosserInnen. Wir wollen Bücher wieder in Umlauf bringen, versorgen öffentliche Bücherschränke, Cafés und Bücher-Telefonzellen mit Büchern. Wir legen sie auf Parkbänke oder verstecken sie an den unmöglichsten Orten. Innerhalb der Community versenden wir Buchwünsche, Ringe, Überraschungsbücher. Manchmal fragen uns auch Kindergärten, Schulen und Freizeiteinrichtungen an und bekommen tolle Buchspenden von uns.
Menschen, die ein registriertes Buch finden, müssen sich keinesfalls anmelden (sie können es aber), um einen Eintrag im Buch zu hinterlassen. Die Bücher sind frei, d.h. sie müssen auch nicht wieder auf Reisen geschickt werden. Wenn dir ein Buch besonders gefällt, behalte es einfach. Natürlich aber freut es jede Bookcrosserin und jeden Bookcrosser, wenn wir mal wieder von einem Buch “hören”, also jemand einen Eintrag gemacht hat. Wir wollen erfahren, wie es andere fanden und welche Reise das Buch macht. Auf Bookcrossing kannst du auch ganz gezielt in deiner Umgebung nach freigelassenen Büchern suchen. BookcrosserInnen wollen Bücher wieder ihrem eigentlichen Zweck zuführen: Bücher wollen gelesen werden.
3. Ein paar spannende Fakten rund um Bookcrossing
- rund 2 Mio Mitglieder weltweit, über 12 Mio registrierte Bücher reisen durch 132 verschiedene Länder
- der Begriff “Bookcrossing” wurde 2004 ins Concise Oxford English Dictionary aufgenommen und beschreibt die Tätigkeit, Bücher öffentlich auszulegen, damit sie gefunden und wieder gelesen werden können
- die am Häufigsten registrierten Bücher sind:
- Rachel’s Holiday von Marian Keyes.
- Pride and Prejudice von Jane Austen.
- The Book Thief von Markus Zusak.
- der am weitesten gereiste Buchring hat über 600 Journal-Einträge: Der seltsame Bücherfreund
- weitere interessante Statistiken zu Bookcrossing finden sich hier: Mitgliederstatistiken und Buchstatistiken.
4. Geschichte und Hintergründe zu Bookcrossing
Alles begann mit dem Wunsch die Reise von Büchern mitverfolgen zu können, so wie auch Geldscheine damals schon getrackt werden konnten. Ron Hornbaker, seine Frau Kaori und die MitgründerInnen Bruce & Heather Pedersen ermöglichten die Veröffentlichung der Seite am 21. April 2001. Der 21. April wird jährlich als Bookcrossingday gefeiert.
Bookcrossing hat sich schnell in der ganzen Welt verbreitet und ist heute eine weltweite Community von Menschen, die sich für Bücher und Literatur begeistern. Das Kern-Team hat seinen Sitz in Sandpoint, Idaho in den USA, aber es gibt natürlich noch zahlreiche Helferinnen und Helfer überall in der Welt.

5. Welche Werte stehen für mich dahinter?
Bookcrossing ist sozial, weltverbessernd und innovativ. Wer sich näher mit der Idee des Bookcrossens auseinandersetzt, wird gewahr, wie vielseitig und tiefgreifend damit die Gesellschaft verändert werden kann. Ich möchte hier ein paar Werte vorstellen, die mir besonders wichtig sind und unbedingt mit meiner Leidenschaft für Bookcrossing zusammenhängen.
- Leseförderung und Bildung: Bookcrossing unterstützt die Verbreitung eines wichtigen Kulturguts. Durch die Verteilung von kostenlosen Büchern im öffentlichen Raum, werden sie wieder verstärkt Bestandteil unserer Lebenswelt. Mir ist sehr wichtig, dass Kinder viel von Büchern umgeben sind und mit diesen selbstverständlich aufwachsen. Bildung sollte immer einfach und kostenlos zugänglich gemacht werden. Bookcrossing trägt ungemein dazu bei.
- Nachhaltigkeit: Ich bin absolut dafür, den regionalen Buchhandel zu unterstützen, Verlage am Leben zu halten und auch immer neuen Veröffentlichungen eine Chance zu geben. Trotzdem gibt es so viele Bücher, die einmal gelesen wurden und danach irgendwo verstauben. Bookcrossing sorgt für Bewegung solcher Bücher, bringt sie wieder in Umlauf und schützt dadurch die Umwelt.
- Austausch und Vernetzung: Bücher und Menschen – das gehört für mich einfach zusammen. Durch den Austausch und die Vernetzung erweitern wir unseren Horizont, gewinnen Freunde und neue Perspektiven. Es entstehen gemeinsame Projekte und sogar über Ländergrenzen hinweg, werden freundschaftliche Bande geknüpft. Wie schön ist es auch auf Bookcrossing zu stöbern und nachzulesen, wie Menschen in anderen Ländern dieses oder jenes Buch gefallen hat. Inspiration und Entdecken spielen dabei eine große Rolle.
6. Die Bookcrossing-Community
„BC sind für mich nicht in erster Linie die Bücher sondern die Menschen.“ sagt Zaida auf die Frage hin, was Bookcrossing für sie bedeute.
Bookcrossing verbindet Bücher und Menschen auf besondere Weise und auch wenn du dein Leben lang bookcrossen könntest, ohne dich jemals direkt mit anderen BookcrosserInnen auszutauschen – es geht auch anders! In vielen großen Städten finden regelmäßig BC-Meetups statt: Das sind sehr gesellige Treffen zu denen auch immer Newbies willkommen sind. Jede und jeder bringt so viele registrierte Bücher mit wie er oder sie mag, essen und trinken zusammen und verbringen eine schöne gemeinsame Zeit. Oft kennen BookcrosserInnen untereinander schon die Lesegeschmäcker und bringen sich gezielt Wunsch- und Überraschungsbücher mit. In Berlin weiß frau und man zum Beispiel, dass ich oft Historische Romane für meine Großeltern mitnehme und bekomme hin und wieder ganz gezielt solche zugeschoben. (:
Neben kleineren Meetups, wozu auch Bücher-Picknicks und Release-Spaziergänge gehören, gibt es Conventions und Unconventions. Das sind dann internationale und nationale Treffen, die BookcrosserInnen aus der ganzen Welt anlocken. Bisher habe ich es leider noch zu keinem dieser Treffen geschafft, aber so habe ich immer noch etwas, worauf ich mich in der Zukunft freuen kann.
Einen besonderen Stellenwert in der deutschsprachigen Community nimmt das deutschsprachige Forum auf Bookcrossing ein. Hier werden Buchringe organisiert, Lesemarathons geplant, Literaturzitate gepostet und noch viel mehr. Am besten du schaust selbst mal vorbei und machst dir ein Bild. Hier geht’s zum Forum und hier zum Info-Thread für Newbies.
7. Die BC-Sprache: OBCZ, Rays, auf die Jagd gehen, Wunschlisten und noch viel mehr
Ich werde an dieser Stelle nur die geläufigsten Begriffe erläutern. Eine wirklich wunderbare, sehr ausführliche Übersicht aller Begriffe und Abkürzungen findet ihr auf der deutschsprachigen Supportseite Bookcrossers.de. Aber wie versprochen die wichtigsten an dieser Stelle:
Eine OBCZ ist eine Offizielle Bookcrossing Zone. Das kann ein öffentliches Bücherregal sein, eine Bücher-Telefonzelle oder ein betreutes Regal in einem Café. OBCZs werden von aktiven BookcrosserInnen betreut. Eine Liste vieler OBCZs im deutschsprachigen Raum findet ihr hier: OBCZ-Liste. Ihr könnt aber auch direkt beim “Bücher-Jagen” danach suchen.- Womit wir schon bei der nächsten Begrifflichkeit wären: “auf die Jagd gehen”. Ja, Bücher kann man jagen. BookcrosserInnen können Bücher, die sie öffentlich freilassen, mit Ort und Zeit versehen und so für andere gezielt auffindbar machen. So kannst du zum Beispiel schauen, ob in deinem Heimatort oder deinem Stadtteil kürzlich ein Buch freigelassen wurde. OBCZs sind dort übrigens mit einem kleinen Ballycumber-Symbol gekennzeichnet.
- Der Ballycumber ist das kleine gelbe, laufende Buch, das dir bei Bookcrossing immer wieder begegnen wird. Sozusagen unser Bookcrossing-Maskottchen.
- Ein Buchring ist ein Buch, das gezielt eine festgelegte Wanderschaft antritt. Wenn ich zum Beispiel ein Buch registriere, kann ich im Forum oder bei einem Meetup anfragen, wer das Buch lesen möchte. Dann wandert das Buch zu diesen verschiedenen LeserInnen, erhält neue Einträge und landet irgendwann wieder bei mir. Ein Ray ist wie ein Buch-Ring, muss aber zum Schluss nicht an die erste Person zurückgesandt werden.
- Sehr schön finde ich auch die Idee der Wunschlisten, denn dort kann jede Bookcrosserin und jeder Bookcrosser angeben, welche Bücher sie oder er gerne lesen würde. Viele BookcrosserInnen machen sich die Mühe und schauen bei einem registrierten Buch, ob es irgendwo auf einer Wunschliste steht und schicken dieses dann nach Adressanfrage zu. Eine ganz tolle Praktik, die mir selbst immer wieder große Freude bereitet. Egal ob als Senderin oder Beschenkte.
- “Flügel”: Bookcrossing ist kostenlos. Du kannst ohne Probleme über Jahre Bookcrossen, ohne Geld dafür auszugeben. Mit den “Flügeln” kannst du jedoch Bookcrossing unterstützen. Du erhältst ein paar Features und hältst mit einem kleinen Beitrag die Webseite am Laufen. Bookcrossing ist nicht kommerziell, aber natürlich lässt sich so ein großes Projekt nicht völlig ohne finanzielle Unterstützung am Laufen halten. Eine andere Form der Unterstützung ist, die Produkte im Shop zu kaufen. Aber sei an dieser Stelle nochmal versichert: Bookcrossing ist kostenlos.
Bestimmt habe ich hier viele auch wichtige Aspekte ausgelassen. Fühlt euch frei, diese in den Kommentaren zu ergänzen und damit allen LeserInnen diese Informationen zukommen zu lassen.

8. Bookcrossing in meinem Leben und warum ich mich gerne dafür engagiere
Wenn es um Bookcrossing geht, gehöre ich zwar nicht zu den ganz Harten, aber ein bisschen nerdig verhalte ich mich im Rahmen meines Hobbys schon. Ich habe drei OBCZs selbst gegründet, davon zwei Regale völlig neu angelegt. Ich komme an keinem Bücherkarton vorbei und habe bis zum heutigen Tag über 2500 Bücher auf Bookcrossing registriert. Davon die meisten unter meinem alten Account. Seit Gründung von Literaturpower habe ich einen neuen Account angelegt, unter dem ich nun hauptsächlich agiere. Die meisten der von mir registrierten Bücher habe ich nicht selbst gelesen. Oft sind es Funde aus Freeboxen und Ähnlichem. Sie spiegeln also nicht wirklich meinen Lesegeschmack wieder.
Für meine verschiedenen Tätigkeiten z.B. für Projekte mit Schulen usw. habe ich andere Accounts verwendet. Meine erste OBCZ habe ich während meines Studiums in Rostock gegründet: ein offenes Bücherregal in der Rostocker Ökovilla. Der Ort ist bestens geeignet für eine OBCZ und ist geprägt durch ständigen Bücher-Austausch.
Hin und wieder besuche ich auch Meetups und bin sowohl in Mecklenburg-Vorpommern, als auch in Berlin mit vielen wunderbaren Bookcrosserinnen und Bookcrossern bekannt und befreundet. Seit diesem Jahr schicke ich regelmäßig auch Buchringe auf Reisen. Zuhause habe ich ein großes Regal nur für Bücher, die noch registriert und freigelassen werden wollen. Oft stehen auch davor große Stapel. Vor meinen Umzügen habe ich in den letzten Jahren manchmal tagelang Bücher registriert und freigelassen.
Ich versende sehr gerne Wunschbücher und freue mich immer sehr, wenn ein Buch einen Journaleintrag bekommt. Das ist nicht immer selbstverständlich. Von vielen Büchern, die ich registriere, höre ich nie wieder, aber das finde ich auch nicht so schlimm. Ich weiß ja, dass sie irgendwo da draußen sind und vielleicht gelesen werden. Manchmal bekommst du auch erst nach Jahren wieder eine Rückmeldung von einem Buch. Das ist dann besonders schön.
Leseförderung und der Wunsch, meine Begeisterung für Literatur mit anderen Menschen zu teilen, sind ein ständiger Antrieb bei meiner Bookcrossing-Tätigkeit. Manchmal gibt es monatelange Phasen ohne dass ich ein Buch registriere oder ins Forum schaue und dann wieder bin ich sehr aktiv. Aber im Herzen bin und bleibe ich immer Bookcrosserin. Das gehört inzwischen einfach zu mir.
9. Das sagen BookcrosserInnen über ihr bibliophiles Hobby
Lilo37fee schreibt:
“Für mich ist Bookcrossing
… eine Inspirationsquelle in Sachen Büchern.
… eine Möglichkeit, Leserinnen kennen zu lernen und mich über Bücher auszutauschen.
… eine spannende Möglichkeit der virtuellen Schnitzeljagd.
… eine Aktivität, die mir immer wieder den Glauben an die Menschheit zurück gibt, weil man gibt, ohne direkt was zu bekommen und bekommt, ohne etwas gegeben zu haben.
… eine Internetseite, die mir hilft, Buchwünsche zu vermerken.
… eine Internetseite, über die ich schon oft im RL Menschen kennen gelernt habe, gerade, wenn ich in fremden Städten unterwegs bin, Bookcrosser gibts überall 🙂 ”

bluezwuzl schreibt:
Bookcrossing bedeutet für mich …
– ein Tor zu Büchern Autoren und Literaturlandschaften, die ich sonst nie kennengelernt hätte
– eine Möglichkeit, neue Freunde für ungeliebte Exemplare oder Regalhocker zu finden
– Leseanregungen und -tipps und die Möglichkeit, sie für mich festzuhalten
– Kontakt zu Bücherverrückten und Lesefreunden aus aller Welt
– spannende Freilassaktionen und Büchersuchen
– und auch nicht zu verachten (es ist ja bald Weihnachten und ich verschenke generell überwiegend Bücher): Geschenktipps für Freunde mit Lesevorlieben, die ich nicht teile.”

Lire schreibt:
“Viel gelesen habe ich immer schon. Aber auch ich hätte, ohne dass man mich hier im Forum oder auf Treffen darauf aufmerksam gemacht hätte, manches Buch nicht gelesen. >>Alles wirkliche Leben ist Begegnung<< – dieser Satz von Martin Buber ist eines meiner Lebensmottos. Deswegen sind mir die Treffen am Wichtigsten.”
Pyrrhula schreibt:
“Neben allen [im Forum] bereits genannten Dingen (den Büchern und den Menschen) ist es für mich die Möglichkeit in meinem kleinen verschlafenen Dörfchen zu leben und doch irgendwie mittendrin zu sein… Und mir Kultur und die Welt ins Haus zu holen, auch außerhalb von Besuchen in der einen oder anderen Großstadt.”
10. Weitere Quellen über Bookcrossing
*Eine sehr ausführliche Übersicht (leider nur auf Englisch) über alle möglichen Fragen und Antworten zu Bookcrossing findest du hier: FAQ.
*Natürlich gibt es auch einen Wikipedia-Eintrag über Bookcrossing.
*In der Presse finden sich zahlreiche Beiträge über Bookcrossing. So zum Beispiel in der FAZ, im Tagesspiegel, auf Spiegel-Online und auch der Stern hat schon über wandernde Bücher berichtet.
*Eine weitere wichtige Quelle für Informationen rund um Bookcrossing ist auch bookcrossers.de. Dort findest du wirklich alles, was du rund um Bookcrossing wissen möchtest.
Jetzt hast du sicher einen umfassenden Eindruck davon bekommen, was Bookcrossing ist und welche Rolle es in der Welt und für die Menschen spielt. Schau auf alle Fälle auch auf der Bookcrossing-Webseite vorbei. Wenn dich die Idee von Bookcrossing begeistert, erzähle anderen davon, lege Bücher aus und teile sehr gerne diesen Artikel.
Zum Abschluss noch ein paar Fragen zur Diskussion in den Kommentaren:
Gibt es Bücher die du nicht weitergeben könntest, weil du sie unbedingt behalten musst? Falls du bereits Bookcrosserin oder Bookcrosser bist: Welche Rolle nimmt Bookcrossing in deinem Leben ein? Was bedeutet es für dich? Ich freue mich auf eure Meinungen und Kommentare!
















