Anatomie der Frau: Deshalb wissen wir so schlecht Bescheid.
Anatomie der Frau: Deshalb wissen wir so schlecht Bescheid.
Kennst du den Unterschied zwischen Vulva und Vagina? Ähm … ich kannte ihn nicht. Ehrlich. Bei den männlichen Geschlechtsorganen kenne ich mich anscheinend besser aus. Und wusstest du beispielsweise, dass die Klitoris nicht nur wenige Millimeter groß ist, sondern bis zu 10cm in den Körper hineinragt? Wenn du das tatsächlich wusstest, hast du Glück, denn erst 1998 (!) wurde diese Erkenntnis verbreitet und hat selbst heute noch längst nicht ihren Weg in alle Schul- und Aufklärungsbücher gefunden.
Wie konnte so etwas passieren und warum ist unser Verhältnis zu den weiblichen Geschlechtsorganen anscheinend irgendwie gestört? In “Der Ursprung der Welt” klärt uns Liv Strömquist darüber auf und schafft Abhilfe.
Titel: Der Ursprung der Welt
Autorin und Illustratorin: Liv Strömquist
Übersetzerin: Katharina Erben
Verlag: Avant Verlag
Die Kulturgeschichte der Vulva
Liv Strömquist ist ein Universaltalent. Sie ist Comiczeichnerin, Radiomoderatorin, Politikwissenschaftlerin, Feministin und noch so vieles mehr. Während wir ihre Werke betrachten, werden wir Zeuginnen und Zeugen ihres mannigfaltigen Genies. Ich könnte mich jetzt in großen Lobgesängen über diese Frau verlieren, aber eigentlich möchte ich dir ja ihre Graphic Novel vorstellen. Vielleicht sollte ich auch besser sagen “Graphic Essay”, denn die Autorin erzählt zwar Geschichten in ihrem Werk, jedoch handelt es sich hier um eher sachliche Themen, genauer gesagt um die Kulturgeschichte der Vulva.
Eingangs habe ich die Unkenntnis und die damit einhergehende Unsicherheit erwähnt, die leider oft unser Verhältnis zu den eigenen Geschlechtsorganen begleitet. Strömquist deckt jedoch auf, dass unser gestörtes Verhältnis nicht allein auf Unkenntnis, sondern vielmehr von einer falschen Beschäftigung durch viele verschiedene Männer der Weltgeschichte herrührt.
Strömquist über das weibliche Geschlechtsorgan:
“Was ist das überhaupt? Und warum verbindet die Menschheit eine so extrem unentspannte, borderline-mäßige Hassliebe mit diesem Körperteil?”
Und wir können weiter fragen: Warum wird dem Orgasmus des Mannes so viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als dem der Frau? Warum legen wir uns immer noch allzuoft auf ein binäres Geschlechtssystem fest und operieren gesunde Kinder, nur damit sie in dieses System passen? Was ist es, das Menstruation gesellschaftlich tabuisiert hat?
Erfrischender Feminismus gegen gezielte Herabsetzung
Die Radikalität, mit der Strömquist hantiert, reißt Mauern ein, weckt Neugier und lässt Hemmungen schwinden. Die Lektüre ist somit zutiefst erfrischend und befreiend. Ich habe beim Lesen mehrere Male laut aufgelacht, mich manches Mal für meine eigene Ignoranz geschämt und dann wiederum bin ich wütend geworden, dass wir so eine lange Zeit nicht gegen die gezielte Herabsetzung unseres Körpers angegangen sind.
Die Vagina ist nunmal nicht nur eine Scheide und damit ein Gefäß für den Penis. Es ist einfach falsch, auch biologisch aber noch viel mehr gesellschaftlich, sie als Mangel zu definieren, denn es handelt sich hier um ein eigenständiges Organ, das vielschichtig und in seiner Komplexität einfach völlig unbeachtet und unterschätzt worden ist.
Um es mit den Worten von Jan-Paul Koopmann zu sagen:
“Mit Strömquist anlegen möchte man sich dabei aber nicht: Sie führt ihre Gegner vor, entlarvt sie als verklemmte Sexisten – macht sie als Trottel lächerlich. Und das mit beachtlicher Schlagfertigkeit und im Comic geschickt inszeniertem Wortwitz. […] Beim Umblättern haut sie einem Pointen in gefetteten Riesenlettern um die Ohren, redet sich dann wieder seitenlang in Kleinstbuchstaben in Rage – und garniert ihren Vortrag auch visuell mit flapsigen Randbemerkungen. Natürlich weiß die Radiomoderatorin Strömquist, dass Sprache eben auch klingen muss.” (Quelle: Spiegel)
Wir müssen keine radikalen FeministInnen sein, um anzuerkennen, dass immer noch patriarchale Machtverhältnisse gelten. Liv Strömquist übt scharfe Kritik und lässt auch ihre Leserinnen und Leser noch besser verstehen, welchem Irrsinn wir tagtäglich ausgesetzt sind. Ein ganz wundervolles Werk, dessen Lektüre in jedem Fall lohnt, bereichert und stärkt.
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Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
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Person des öffentlichen Lesens: Eleanor Jung
In Büchern steckt das Potenzial, unser Leben zu verändern. Hier verraten dir Menschen aus dem öffentlichen Leben, welche Rolle Bücher und Literatur in ihrem Leben spielen.
Person des öffentlichen Lesens: Eleanor Jung
In Büchern steckt das Potenzial, unser Leben zu verändern. Hier verraten dir Menschen aus dem öffentlichen Leben, welche Rolle Bücher und Literatur in ihrem Leben spielen.
Eleanor Jung, auch bekannt als „Ellie“, ist Schauspielerin und Sängerin. Im Juni 2018 erschien ihre Autobiographie “Jedem ein Stück vom Glück”. Darin lernen wir Eleanor kennen, wie sie mit 8 Jahren zum ersten Mal auf der Bühne steht. Mit 16 zieht sie gegen den Widerstand der Eltern von zu Hause aus und beginnt eine Ausbildung an einer Schauspielschule. Heute lebt sie für die Kunst, die Schauspielerei und vor allem für die Musik. Ihre Songs erzählen von einem aufregenden Leben, das sehr hohe Höhen und sehr tiefe Tiefen kennt.
Eleanor Jung, auch bekannt als „Ellie“, ist Schauspielerin und Sängerin. Im Juni 2018 erschien ihre Autobiographie “Jedem ein Stück vom Glück”. Darin lernen wir Eleanor kennen, wie sie mit 8 Jahren zum ersten Mal auf der Bühne steht. Mit 16 zieht sie gegen den Widerstand der Eltern von zu Hause aus und beginnt eine Ausbildung an einer Schauspielschule. Heute lebt sie für die Kunst, die Schauspielerei und vor allem für die Musik. Ihre Songs erzählen von einem aufregenden Leben, das sehr hohe Höhen und sehr tiefe Tiefen kennt.
Du könntest mit einer Romanfigur einmal die ganze Nacht durchquatschen. Mit wem würdest du das gerne tun und worüber würdet ihr reden?
In “Die Schönheit der Nacht” von Nina George gibt es eine Nebenfigur: Jeanne. Sie ist Schriftstellerin. Nach einer Familientragödie nimmt sie ihre vier Enkel zu sich und erzieht diese zu selbstbewussten und charakterstarken Persönlichkeiten. Ich würde nur zu gern erfahren, wie sie selbst zu dieser selbstbestimmten Frau geworden ist, um vielleicht den ein oder anderen Tipp für mein Leben mitzunehmen.
Welchen Ort verbindest du auf besondere Weise mit Literatur? Dieser kann real, virtuell oder ausgedacht sein.
Früher war es die Bibliothek in meiner Heimatstadt. Heute lese ich vor allem Bücher, die mir die Buchhändlerin in meinem Kiez-Buchladen empfiehlt. Ich vertraue auf ihr Urteil und bisher waren ihre Empfehlungen immer spitze. Alle zwei bis drei Monate schaue ich im “Ocelot” vorbei und verschaffe mir dort meinen Lesestoff.
Gib den kommenden 6 Monaten deines Lebens einen eigenen Romantitel!
Schwierig. Ich plane nicht so gerne und gerade ist es auch nicht immer alles so einfach und absehbar für mich. Vielleicht wäre ein passender Titel: “Eleanor gibt nicht auf”.
Ein Mensch, der dir nahesteht, ist kürzlich ausgewandert. Welches Buch schickst du ihm als Erinnerung an dich?
Als ich vor einigen Jahren mal für meine Ausbildung in die USA gegangen bin, hat mir meine beste Freundin tatsächlich einen Roman mitgegeben. Er hat mich damals sehr berührt, aber den Titel konnte ich trotzdem nicht behalten. Ein Buch das mir sehr wichtig ist, ist “Die Mitte der Welt” von Andreas Steinhöfel. Ich kam gerade in die Pubertät als ich es zum ersten Mal las und fühle mich bis heute mit den Charakteren darin verbunden. Sie sind ein bisschen anders und müssen sich gegen Anfeindungen wehren. Trotz der Stärke, die sie dafür aufbringen, sind sie sehr sensibel und achten aufeinander. Mir hat das Buch damals viel gegeben und manchmal denke ich an die Story und Figuren zurück, wenn ich mir Mut für eine neue Herausforderung zusprechen muss.
Beende den Satz: Lesen ist für mich …
Lesen ist für mich ein Zugang in fremde Lebensrealitäten und eine Bereicherung durch neue Perspektiven. Ein gutes Buch kann für mich mal Flucht aus dem Alltag sein und ein anderes Mal finde ich darin die Antworten, die ich für mein eigenes Leben brauche. Besonders im Urlaub habe ich eigentlich immer ein Buch dabei.
Eleanor Jung
Eleanor Jung findest du auf Instagram, Facebook und neuerdings auch auf Twitter.
Besuche Eleanor auf ihrer Website: eleanor-jung.de
Es gibt Träume, die lebst du bereits!
Es gibt Träume, die lebst du bereits!
Dass Gras auf der anderen Seite viel grüner ist, lernen wir schon früh. Und auch sonst haben Gemeinplätze ihren festen Platz in unserem Leben: Manches schieben wir nicht auf morgen, was wir heute besorgen können; der frühe Vogel bekommt den Wurm zum Frühstück und klar ist auch, dass was glänzt nicht unbedingt Gold sein muss. Gerade wir Deutschen lieben es ja (dem Vorurteil nach), Regeln für unser Leben aufzustellen.
Struktur und ein roter Faden – sowas tut doch gut, oder? Da passiert es schon mal, dass der ein oder andere Traum auf der Strecke bleibt, weil er nicht in unsere festen Gefüge passt. Journalist Manuel Möglich (was für ein wunderbarer Name!) geht in “Alles auf Anfang” den Träumen auf die Spur.
“Alles auf Anfang stellen, eine neue Grundierung auftragen, um mit frischen Farben ein verheißungsvolles Bild zu malen. Und das nicht alleine, sondern gemeinsam mit anderen, jeder kriegt einen Pinsel und darf mit ran.”
“Auf den Spuren gelebter Träume”
Möglichs zweites Buch trägt den erfrischenden Untertitel “Auf den Spuren gelebter Träume”.
An dieser Stelle möchte ich einmal betonen, wie gerne ich Bücher lese, die von JournalistInnen verfasst wurden. Diese Berufsgruppe ist oft in besonderer Weise imstande, ihren Witz und ihre Klugheit in schön geformte Sätze zu verpacken. “Alles auf Anfang” zu lesen, macht einfach Spaß.
Beim Lesen stelle ich mir einen Manuel Möglich vor, der es endlich geschafft hat seine Jacke an- oder auszuziehen – siehe Buchcover – und der mit einem verhaltenen Schmunzeln auf den Lippen und vielleicht auch mit strahlenden Augen sehr vielen Menschen in dieser Welt begegnet. Von ihnen erfährt Möglich etwas über wahre Träume und Lebensentwürfe, aber auch über Enttäuschungen und Illusionen. Das Episoden-Buch ist eine Art Reisebericht, gespickt mit Lebensweisheiten.
Manuel Möglich begibt sich auf die “Spuren gelebter Träume” und reist zu Orten, die voller Visionen und Möglichkeiten stecken. Auf seinem Weg lernt er einiges über sich und das Leben. Dieser besondere Erfahrungsbericht nimmt uns mit zu Menschen, die ohne Geld leben, zu AktivistInnen und Abenteurern. In 11 Stationen geht es einmal um die Welt.
Was ist denn schon normal?
“Im Social-Media-Zeitalter wird das Ich nonstop inszeniert, das Bedeutungslose mit Hashtags und Foto-Postings aufgeladen und überstrapaziert – wie das funktioniert ist bekannt. Doch wie lässt man das Ego hinter sich?”
Ich mag, wie ambivalent und differenziert Möglich seine Eindrücke zeichnet. Manchmal bleibt ein Urteil nicht aus, aber auch das gehört zum Markenzeichen des erfolgreichen Journalisten.
Im Video fragt Möglich, ob wir nicht mal mit einer positiven Geschichte etwas verändern könnten. Können wir.
Dank des Unbehagens, das Möglich auf seinen Reisen begleitete, stecken seine Geschichten voller Perspektiven und der Gewissheit, dass “normal sein” längst einer universellen Grundlage entbehrt.
Wir alle wollen unsere Träume nicht aus dem Blick verlieren, aber wohin geht die Reise, wenn wir uns ihnen ganz und gar widmen?
Dass Du und ich viele Träume bereits leben, verrät Möglich im Schlusswort des Buches: Eine wirklich schöne und inspirierende Passage, über die ich aber an dieser Stelle nichts weiter verraten möchte.
Viel Spaß beim Lesen und Träumen!
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Hier geht's zum Motivations-Paket!Viel gelesen ist gut geschrieben | Gastartikel von Ann-Christin Schmitt
Viel gelesen ist gut geschrieben
Gastartikel von Schreibcoach Ann-Christin SchmittEinen guten Ausdruck, eine überzeugende Wortwahl, eine tolle Schreibe – entweder man hat das Talent zum Schreiben oder eben nicht.
Falsch!
Die Fähigkeit Worte zu Papier zu bringen lässt sich nämlich durchaus trainieren. Schreibcoach Ann-Christin Schmitt verrät im Gastbeitrag, wie das funktioniert.
Lesen ist schon eine tolle Sache: Man kann eine Zeitreise unternehmen, fremde Länder entdecken und Abenteuer erleben ohne dabei das Sofa verlassen zu müssen. Außerdem förderst Du ganz nebenbei Deine Schreibfertigkeiten und arbeitest an der Qualität Deiner Texte. Ob Du nun beruflich viel schreiben musst oder Dich literarisch austoben möchtest – Lesen ist ein Schlüssel zu guten Texten.
Größerer Wortschatz und besserer Ausdruck
Wenn Du ein guter Koch werden möchtest, dann wirst Du viele Stunden in der Küche verbringen; wirst Rezepte ausprobieren und vor allem Kochkurse besuchen. Wenn wir ein Meister in einer bestimmten Tätigkeit werden wollen, dann kommen wir nicht drum herum zu üben und von den Profis zu lernen. Klingt doch erstmal ganz logisch, oder? So wie mit dem Kochen verhält es sich mit dem Lesen und dem Schreiben. Wer viel liest – also von den Profis lernt –, wird mit der Zeit immer besser beim Schreiben.
Häufiges Lesen sorgt dafür, dass sich Dein Wortschatz vergrößert – zum Beispiel fallen Dir viel mehr Synonyme für bestimmte Worte ein. Ein größerer Wortschatz wiederum sorgt für einen besseren Ausdruck. Denn Dein Text gewinnt enorm an Qualität, wenn Du statt laufen auch Worte wie rennen, spurten, schlendern, düsen, hasten, flitzen, gehen, schreiten, wandern, watscheln oder spazieren benutzt.
Und tatsächlich ist das jetzt nicht nur meine persönliche Erfahrung – sondern auch ein Ergebnis aus Studien der California State University Northridge und des National Endowment of the Arts.
Lesen fördert die Kreativität
Vielleicht kennst Du das auch: Manchmal fehlt einem beim Schreiben einfach der zündende Gedanke, ein außergewöhnlicher Aufhänger, ein flüchtiges Küsschen von der Muse. Um gute Texte zu schreiben, ist ein gewisses Maß an Kreativität hilfreich. Die entsteht in den meisten Fällen durch Impulse von Außen, die uns zum Nachdenken bringen und uns inspirieren.
Beim Lesen tauchen wir in neue Geschichten ein, sehen die Welt durch andere Augen und stecken die Nasen in fremde Köpfe. So werden wir mit anderen Ansichten konfrontiert, mit denen wir uns ansonsten möglicherweise nicht beschäftigt hätten. Das erweitert nicht nur Deinen Horizont, sondern löst oft auch neue Gedankengänge aus. Der Kreativität lässt sich also durchaus etwas auf die Sprünge helfen.
Vielleser sind empathischer
Als ich für diesen Artikel recherchiert habe, bin ich auf eine überraschende Studie des Psychologen Keith Oatly gestoßen, die besagt: Menschen, die viel lesen sind empathischer und können sich besser in andere Menschen hineinversetzen. Jetzt ist Empathie ja grundsätzlich schon mal eine ganz nette Eigenschaft; mit Blick auf gelungene und überzeugende Texte aber besonders hilfreich.
Sei es ein Roman, Fiktion oder Lyrik – literarische Texte brauchen Protagonisten. Um solche Charaktere zu entwickeln, ist es notwendig sich in die Gefühlswelten und die Gedankengänge der jeweiligen Personen hineinzuversetzen. Auch für businessbezogene Texte wie Fachartikel oder Websitetexte ist Empathie nicht zu verachten. Denn derjenige, der sich in seine Zielgruppe hineinversetzen kann, weiß auch wo er sie am besten abholen kann.
Keine Zeit zum Lesen?
Immer wieder höre ich diesen Satz: „Natürlich würde ich gerne mehr lesen, aber ich habe einfach keine Zeit“. Erst einmal hast Du so viel Zeit wie Du sie Dir nimmst. Zweitens geht es nicht darum, sich jeden Tag mit einem dicken Schinken für drei Stunden auf dem Sofa zu verkrümeln und die Welt zu vergessen. Natürlich, das ist eine tolle Sache, aber ziemlich schwierig im Alltag unterzubringen.
Versuche es doch stattdessen einmal so: Du stellst Dir jeden Morgen während oder nach dem Frühstück einen Timer für 15 Minuten. Diese Zeit nimmst Du Dir, um zu lesen. Dabei ist es vollkommen egal, ob Du Sachbücher, Romane, Krimis, Zeitungen oder Zeitschriften liest – Hauptsache Du hast Freude daran. Diese kleine Veränderung in Deiner Morgenroutine ziehst Du zwei Wochen lang durch. Sicher wirst Du überrascht sein, wie sich Dein Wortschatz und Deine Schreibe bereits nach dieser kurzen Zeit verändert. Viel Spaß dabei!
Gastautorin Ann-Christin Schmitt
Mit Frau Schmitt Schreibt unterstütze ich meine Kundinnen und Kunden als Texterin, mit Schreibcoachings oder Workshops dabei, selber gute Texte zu schreiben und ihre Idee in die Welt hinauszubringen. Ich glaube daran, dass jeder bereits die richtigen Worte in sich trägt – mit meinen Trainingsmethoden helfe ich Dir dabei, sie zu finden. Neben der Sprache, habe ich eine Leidenschaft für guten Kaffee, Zartbitterschokolade und Reisen. Obwohl ich gebürtige Ostwestfälin bin, lebe und arbeite ich in meiner Wahlheimat Berlin. (Bild © Nancy Jesse)
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Lebendig: Ich möchte wieder etwas fühlen
Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hat mal etwas über Schicksale geschrieben, was mich bis heute tief ins Mark erschüttert. Das genaue Zitat bekomme ich nicht mehr zusammen, aber es war eine Parabel über das Leben mit der Botschaft, dass wir früher oder später das Leben akzeptieren müssen, so wie es ist und so wie wir es uns geschaffen haben. Mich macht das immer mal wieder fertig:
Dieser Gedanke, dass ich irgendwann nichts mehr ändern könne und wortlos schlucken müsse, was sich mir da so darbietet. Aber muss ich das wirklich? Ich muss es nicht. In “Die Schönheit der Nacht” von Nina George lernen wir, dass das Leben nicht immer nach unseren Regeln spielt, aber ändern können wir immer etwas und manchmal sollten wir auch.
Fühlst du dich?
Wann hast du dich das letzte Mal so richtig lebendig gefühlt? Wann hast du das letzte Mal tief aus dem Bauch heraus gelacht oder so richtig schmerzvoll geweint? Fällt es dir leicht oder schwer, die eigenen Gefühle zu identifizieren und auch zuzulassen?
Die eigenen Emotionen zu akzeptieren, hat viel mit Achtsamkeit zu tun. Es macht einen Unterschied, ob wir im Leben von Termin zu Termin hetzen und innerlich eigentlich immer nur eine lange to-do-Liste abarbeiten, oder ob wir auch mal dem Augenblick unsere Aufmerksamkeit schenken, die Menschen um uns herum beobachten und (so abgedroschen das klingen mag) mal für einen Moment auf unser Herz hören.
“Sie musste schwimmen lernen. Es erschien ihr wie die logische Antwort auf all ihre Fragen. Sie musste lernen, das Leben zu schwimmen.”
Dem Leben begegnen
Nina George hat mit “Die Schönheit der Nacht” wieder ein Meisterwerk geschaffen. Es ist die Geschichte zweier Frauen. Die eine hat sich verloren, die andere nie gefunden. Mit ihren Männern reisen sie in die Bretagne und begegnen dort mehr als dem Meer und der Liebe. Sie begegnen sich selbst.
Mir gingen beim Lesen so viele Fragen durch den Kopf. Vielleicht ist das der Grund, warum mir die Philosophie so viel bedeutet. Weil sie nicht müde wird, Fragen zu stellen. Und “Die Schönheit der Nacht” ist ein zutiefst philosophisches Werk. Nina George verfügt über eine poetische Sprachgewalt und fast tut es mir leid, an dieser Stelle von “Gewalt” zu sprechen, denn zwischen all der Sinnlichkeit, den literarischen Zärtlichkeiten und den anmutigen Formulierungen, hat Gewalt keinen Raum.
“Es tat weh, umarmt zu werden, es tat weh, das Mitgefühl, es tat weh, dass jemand anderer sie festhielt, weil sich dann ihr eigener Griff um ihre Seele lockerte und sie sich nicht mehr halten konnte.”
Fehler sind keine Verhängnisse
Jetzt könnte ich schreiben, dass Claire und Julie etwas verbindet. Dass sie beide eine tiefe Sehnsucht verspüren und die Angst, vor falschen Entscheidungen. In meinen Augen verkörpern diese beiden Frauen jedoch alles, was in jeder Frau und sicher auch in jedem Mann steckt: der Wunsch, ein wertvolles Leben zu leben und sich ganz lebendig zu fühlen.
“Auch den Moment, an einer Ampel zu stehen (…) und den tiefen Wunsch zu verspüren, wegzugehen. In einen Wagen einzusteigen, zu jemandem, der nur nickt, wenn du sagst: egal wohin. Die übermenschliche Anstrengung, es nicht zu tun.”
Sowohl Julie, als auch Claire haben einiges durchgemacht und durchzumachen: Dass ein Kind nicht geplant war, heißt nicht, dass es nicht geliebt wird. Eine schwierige Ehe kann trotzdem zu uns gehören und auch die Karriere muss nicht immer reibungslos verlaufen. Wir machen Fehler, wir treffen Entscheidungen, die sich als falsch herausstellen und manchmal erleiden wir Schicksalsschläge, aber das letzte Wort behalten immer wir selbst. Du möchtest, dass sich etwas ändert und du das Leben wieder richtig fühlst? Das geht! Wie verrät dir Nina George sehr gefühlvoll und einfühlsam in “Die Schönheit der Nacht.”
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Leben lernen: Bring Farbe ins Spiel!
Ich muss sagen, nicht erst seit ich selbstständig bin, kommt mir das Leben manchmal absurd komplex vor. All diese Emails, Rechnungen, Geburtstage und Familienfeiern und dann auch noch der Haushalt, ein neuer Drucker muss her, die Waschmaschine ist defekt und wie oft muss ich eigentlich die Blumen gießen? Mein Portemonnaie quillt über mit Punktesammelkarten und welche Versicherung brauche ich eigentlich wirklich? Wenn du jetzt auch schon fast wieder ein bisschen gestresst bist, bei all diesen Fragen, weil du das nur zu gut kennst, dann freue dich auf “Hundert” von Valerio Vidali und Heike Faller: Ein Bilderbuch der ganz besonderen Art.
Heike Faller ist Redakteurin beim Zeit Magazin. Valerio Vidali ist preisgekrönter Illustrator. Gemeinsam haben die beiden es geschafft, dem Leben ein Stück von seiner stressenden Komplexität zu nehmen, dafür aber ganz viel Farbe, Inspiration und Lebensfreude zu schenken. Das mag jetzt abstrakt klingen, aber in “Hundert. Was du im Leben lernen wirst” ist das ganz wunderbar umgesetzt.
Was macht das Leben aus?
Während 99 Episoden erzählen uns die beiden in Bild und Text, was das Leben ausmacht, welche Hürden zu nehmen sind, welche Hoffnungen wir hegen dürfen. Es ist keine Gebrauchsanweisung für das Leben und dann ist es doch wieder eine.
In Lebensjahren wird hier eine Menschengeschichte erzählt und so simpel sie auch scheinen mag – in ihr steckt viel Trost, Wärme, Witz und ein Hauch dieser kindlichen Naivität, die viele von uns viel zu früh abgestreift haben.
Das Leben entdecken
Der Autorin Heike Faller kam die Idee für das Buch, als sie ihre neugeborene Nichte betrachtete und an all die Dinge dachte, die auf dieses kleine Wesen im Leben noch lauern würden. Schönes und Schmerz. Daraufhin befragte Faller sehr viele Menschen. Einerseits, um herauszufinden, wie sich die Wahrnehmung im Laufe eines Lebens verändert, andererseits aber auch, um individuelle Eindrücke zu gewinnen und zu erfahren: Was haben diese Menschen im Leben gelernt?
Ich mag an diesem Buch die Sanftheit, die prächtigen Farben und diese achtsame Art, die mich schon allein beim Blättern und darin Stöbern behutsam in das Jetzt zurückholt und mich von Stress und Komplexität befreit. Ich mag auch die Ambivalenz mit der das Leben hier gezeichnet wird und die Philosophie der Toleranz, die damit einhergeht.
Bunt und voller Energie
Wir lernen wohl alle irgendwann, dass das Leben seine Hochs und seine Tiefs hat und zu erkennen, dass das nicht für mich allein, sondern auch für jeden anderen Menschen gilt: das gibt tatsächlich sehr viel Kraft.
“Hundert. Was du im Leben lernen wirst” ist ein Buch, das dieses Jahr sicher unter vielen Weihnachtsbäumen zu finden ist und damit sehr viele Menschen glücklich machen wird. Es ist ein Buch, in dem du ganz alleine blättern kannst oder, das du mit einer lieben Person gemeinsam entdeckst. Bring Farbe in dein Leben!
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Sei die pure Leidenschaft!
Wir sind alle auf der Suche. Sicher gibt es auch in dir eine Sehnsucht, die dich antreibt, dich zweifeln lässt und deine Gedankenwelt genau dann aufwühlt, wenn du es gerade eigentlich überhaupt nicht gebrauchen kannst. Wenn du dich manchmal schon gefragt hast, wonach du dich da eigentlich sehnst, dann ist das vielleicht die Antwort: Leidenschaft.
In dem preisgekrönten Roman “Barbarentage” von William Finnegan lernen wir, was Leidenschaft ausmachen kann und wo wir sie in uns finden.
Getrieben von einer Leidenschaft
Finnegan ist Journalist. Durch und durch. Für den New Yorker bereiste er die Welt, berichtete über ethnische Konflikte und Drogenkriminalität und behielt trotz vieler Umwege immer seine Ziele im Auge. William Finnegan ist ein Mensch mit Prinzipien, mit Hoffnungen und einer starken Leidenschaft, die ihn mehr aufzuwühlen vermag als alle Konflikte und Herausforderungen dieser Welt: Finnegan ist getrieben von seiner Leidenschaft für das Surfen.
Der Autor wurde für seine journalistische Arbeit vielfach ausgezeichnet. Aber den Pulitzerpreis erhielt Finnegan erst für seine Lebensgeschichte.
“Barbarentage” handelt von einem Mann auf der Suche. Er genießt das Leben und möchte gleichzeitig Großes leisten. Es ist aber auch die Geschichte eines Mannes, den Zweifel heimsuchen und der von dieser einen Sache nie richtig wegkommt.
Sehnsucht, Begehren und Träume
Das Surfen ist für Finnegan kein Hobby, es ist Lebensinhalt.
Surfen ist ein Spiel mit dem Leben und dem Ozean: Beidem bist du unterlegen, aber das führt nicht dazu, dass du aufgibst. Du spielst weiter und auch wenn du die Regeln nicht kennst – unzählige Überraschungen lauern dir auf und geben dir das Gefühl, lebendig zu sein.
“Die perfekte Welle? Gibt es nicht. Der endless summer? Kann schon wegen der besseren Winterwellen kein Ziel sein. Die Wahrheit ist: Der angebliche Sonnyboy-Sport trägt mehr knochigen Existenzialismus in sich als good vibrations.” (Quelle: Deutschlandfunk)
Schließ jetzt einfach mal die Augen, stelle dir einen weißen Sandstrand vor. Keine Touristen. Wellengang. Und da bist nur du und dein Surfbrett. Löst das etwas in dir aus? Nicht? Na dann ist Surfen vielleicht nicht deine Leidenschaft. Aber es gibt sie!
Die Leidenschaft ist auch in dir und Finnegans Roman kann dir helfen, ihr auf den Grund zu gehen und herauszufinden, wie auch du wieder echte Faszination und Hingebung spüren kannst.
„Ich zweifelte weiterhin. Aber ich hatte keine Angst.”
Ein nicht endender Flow
“Barbarentage” ist pure Leidenschaft. Und zwar eine Leidenschaft, die ohne Pathos auskommt und nicht romantisiert werden muss. Besessenheit, der unbedingte Wille weiterzumachen, ein nicht endender Flow.
Was löst diesen Flow in Dir aus? Gibt es da etwas in deinem Leben, das mit echter Leidenschaft besetzt ist?
Begeisterungsfähig zu sein ist ein Geschenk. Lass es bitte nicht an dir vorüberziehen! Ich wünsche mir für dich strahlende Augen, ein inneres Aufgerütteltsein und die Gewissheit: Diese Sache verdient meine volle Aufmerksamkeit.
Ich denke, dass wir alle etwas brauchen, das uns gehört und dem wir uns verschreiben. Nicht einfach ein Hobby. Kein Zeitvertreib. Wir müssen die Fähigkeit wiedererlernen, einer Sache Bedeutung zu schenken. Wecke wieder das Funkeln in deinen Augen! Lies “Barbarentage” von William Finnegan!
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Mädchen, der ist nicht gut für dich!
Hast du auch diese eine Freundin, die sich immer wieder in den Falschen verliebt?
Oder bist du vielleicht selbst eine, deren Interesse an einem Mann in dem Maße wächst, in dem er dich herabsetzt, Distanz aufbaut und sich dir gegenüber gleichgültig zeigt?
Nein, das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen. Und ja, daran solltest du etwas ändern. Der erste Schritt zur Besserung ist bekanntlich die Erkenntnis und niemand Geringeres als die erfolgreiche, schwedische Comiczeichnerin Liv Strömquist, wird dir mit ihrer Graphic Novel “Der Ursprung der Liebe” die Augen öffnen.
Titel: Der Ursprung der Liebe
Autorin und Illustratorin: Liv Strömquist
Sprache: Deutsch
Verlag: Avant-Verlag
Feminismus darf radikal sein
Manchmal wünsche ich mir auf Seiten der FeministInnen ein paar weniger Verallgemeinerungen. Dann wieder überlege ich, ob es nicht wichtig ist, sehr pointiert und direkt das Kind beim Namen zu nennen. Liv Strömquist jedenfalls scheut keinen Vorwurf politisch unkorrekt zu schreiben und ganz ehrlich? Ich denke, sie tut gut daran.
Ihre Werke sind scharfzüngig, bissig, ironisch und so ehrlich, dass es verdammt nochmal weh tut. Hier also meine Warnung: Diese Graphic Novel wird dich aus der Fassung bringen, wird dir Wut-Tränen in die Augen treiben und dich ernüchtert zurücklassen.
Aber du wirst geheilt sein. Geheilt davon, immer wieder Bestätigung zu suchen, immer zu viel Fürsorge für andere zu betreiben, geheilt davon Erniedrigungen und “liebevolle” Dämpfer als Spaß abzutun und vor allem geheilt davon, deinen größten und wichtigsten Lebenszweck im Aufbau einer glücklichen Liebesbeziehung zu suchen.
Eine Kulturgeschichte der Liebe
“Der Ursprung der Liebe” ist eine Kulturgeschichte. Es geht um Liebe, Sex, Ehe, Beziehungen und patriarchalische Machtverhältnisse. Strömquists Zeichnungen frischen die Lektüre in besonderer Weise auf, machen Lust auf mehr und ermöglichen eine entspanntere Auseinandersetzung mit den Themen, als es ein Fließtext vermag. Im Werk räumt die Autorin auf mit Illusionen, falschen Glaubenssätzen und destruktiven Hoffnungen, denen wir Frauen immer wieder ausgesetzt sind.
Das Patriarchat aufmischen
Wenn du ein Mann bist und Bock hast, das Patriarchat aufzumischen, dann empfehle ich dir dieses Buch.
Wenn du kein Mann bist, dann empfehle ist dir dieses Buch uneingeschränkt. Es kann nur helfen. Denn wenn du schon die bösen Typen von ihrem Fehlverhalten nicht heilen kannst: DU kannst aufhören an dir selbst zu zweifeln.
“Für Romantiker wird es hart! Denn Strömquist entlarvt unser Konzept von „Liebe“ ziemlich überzeugend als Überbau von neoliberalen Markt-Prinzipien einerseits und andererseits als private Mini-Religion – häufig geprägt von Machtinteressen, Manipulation und Egoismus.” (Quelle: hr2)
Dieses Buch wird dir helfen bei Liebeskummer, Selbstzweifeln, Unsicherheit und der Bereitschaft allzu arge Kompromisse für die Liebe einzugehen. Kenne deinen Wert und erkenne deine Bedürfnisse. “Der Ursprung der Liebe” ist ein grandioses Werk, das ich am Liebsten jeder einzelnen meiner Freundinnen schenken möchte. Und den Männern eigentlich auch. Gegen den Glaube an die große Liebe ist nichts einzuwenden, aber lasst euch nicht weiter an der Nase herumführen. Lest dieses Buch!
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Hier geht's zum Motivations-Paket!Philosophische Texte lesen? Na klar! | Gastbeitrag von Philipp Kroiss
Philosophische Texte lesen? Na klar!
Gastartikel von Leistungssportler Philipp KroissKlassiker der Philosophie: Man redet darüber, man bestaunt sie in Buchhandlungen, man bekommt sie geschenkt und lässt sie verstauben. Liest sie auch jemand? Sind sie überhaupt lesbar für den Normalsterblichen? – Einige davon sicher! Im Folgenden erfährst du von Leistungssportler und Philosophiestudent Philipp Kroiss, welche Werke sich für den Start eignen.
Welche philosophischen Werke lassen sich gut lesen?
Als ich mit 20 Lenzen übermotiviert mein Philosophie-Studium begann, führte mich mein erster Weg in die Buchhandlung. Ich brauchte Stoff. Wie immer ging ich direkt zum riesigen, gelb-leuchtenden Reclam-Regal, meinem Lieblingsplatz in jeder Buchhandlung. Ich überflog die Philosophie-Titel und schnappte mir spontan drei Büchlein, von denen ich schon mal etwas gehört hatte: Aristoteles‘ „Nikomachische Ethik“, Augustinus‘ “Confessiones“ und Kants „Metaphysik der Sitten“. Ich hatte Respekt vor den Philosophen, bildete mir aber ein, jedem von ihnen auf Anhieb folgen zu können …
Überheblichkeit führt ja nur selten zum Ziel und auch in diesem Fall brachte sie mich lediglich in eine Sackgasse. Jedes der drei Werke las ich an, durch die „Confessiones“ quälte ich mich sogar mehrere Tage, weil ich dachte, dass irgendwann der Knopf schon aufgehen würde.
Schließlich schmiss ich aber auch dieses Büchlein genervt gegen die Wand, als ich einfach nicht mehr konnte.
Die Philosophinnen und Philosophen, die intensiver und präziser als alle anderen über die großen Lebensfragen nachdenken, faszinierten mich schon immer. Namen wie Platon, Hegel oder Wittgenstein klangen wie die Namen von Allwissenden in meinen Ohren und ich wollte mich ihren Erkenntnissen unbedingt nähern.
Mein erster Versuch war jedoch definitiv der falsche …
Philosophie lesen: Wie man es besser macht
Meiner Meinung nach sollte sich jeder Mensch mit Philosophie beschäftigen. Das WIE ist allerdings entscheidend.
Ich bin nun – zehn Jahre nach meinem Ausflug in die Buchhandlung – mitten in meinem Philo-Master (ja, ich weiß, keine beeindruckende Bilanz!) und nach wie vor nicht in der Lage, die drei oben genannten Werke so verschlingend zu lesen, wie man das zum Beispiel mit gelungenen Krimis macht. Klar würde ich heute viel mehr verstehen. Aber genüsslich im Liegestuhl am Strand, nein, da hätte ich diese Bücher nicht in der Hand.
Wie liest man „die Philosophen“?
„Die Philosophen“ gibt es nicht. Manche Schriftsteller könnte man durch ihre Tiefe und ihren Forschungsdrang fast schon als Philosophen bezeichnen (so zum Beispiel Friedrich Schiller), manche Philosophen durch ihre Wortwahl und ihr erzählerisches Können wiederum als Schriftsteller (hier wäre Friedrich Nietzsche ein gutes Beispiel).
Darüber hinaus sind die Werke in ihrem Umfang, ihrer Komplexität und ihrer Sprache extrem unterschiedlich.
Viele philosophische Bücher kann ich nur mit einer Interpretationshilfe bewältigen (Kants „Kritik der Reinen Vernunft“ oder Hegels „Phänomenologie des Geistes“) und komme auch dann nur sehr schleppend voran.
Kann man Philosophen also überhaupt „einfach so“ lesen?
– Ja, man kann!
3 philosophische Texte für die Anfängerin und den Anfänger
Nur noch eine kleine Warnung vorweg: Philosophische Lektüre schließt das Mitdenken, Hinterfragen und Diskutieren (zumindest mit der Kollegin/dem Kollegen im Kopf, wenn sonst gerade keine/r in der Nähe ist) immer mit ein, auch wenn es sich – wie im Folgenden – um „leichtere“ Kost handelt. Wer nur berieselt werden möchte, ist hier fehl am Platz.
Platons Werk über den perfekten Staat ist ein absoluter Klassiker. Etwa 2400 Jahre ist das Buch nun alt und dennoch zahlt sich die Lektüre nach wie vor aus. Platon – der fast all seine Schriften in Dialogform hinterlassen hat – diskutiert das Wesen der Gerechtigkeit, den Weg zur Erkenntnis, die Organisationsformen eines Staates und vieles mehr.
Natürlich muss man kritische Distanz bewahren. Viele von Platons Thesen wären heute nicht mehr salonfähig (seine Abwertung der Demokratie zum Beispiel oder auch die vorgeschlagene Ungleichheit zwischen den verschiedenen Stämmen). Das Folgen seiner Gedankengänge ist aber spannend und zahlt sich definitiv aus. Klar hat die Forschung das Buch auf Millionen von Seiten zerlegt und vielfach interpretiert. Dennoch bleibt es – auch ohne dieses Sekundärwissen – lesbar für den Anfänger.
Detail am Rande: Das wohl bekannteste Stück Philosophie überhaupt, das man aus der Schule kennt, kommt auch hier vor. Ich spreche natürlich vom „Höhlengleichnis“.
2) Feuerbachs „Das Wesen des Christentums“
Ludwig Feuerbachs wichtigstes Werk, mit dem er Mitte des 19. Jahrhunderts zutiefst provozierte und das ihm viel Ärger einbrachte, ist wahrscheinlich das schwierigere von den drei hier präsentierten. Die Grundthese lautet, dass sich der Mensch seinen Gott selbst erschaffen hat, indem er sein eigenes Wesen veräußert und dann anbetet.
Man spricht hier auch von „anthropomorpher Projizierung“. Feuerbach macht dies deutlich, indem er christliche Mysterien wie zum Beispiel die „Dreieinigkeit“ entzaubert, indem er das Menschlich-Konstruierte darin erklärt. Für mich persönlich war dieser Zugang sehr spannend, die Lektüre kurzweilig und eine tolle erste Beschäftigung mit Religionskritik im Original.
3) Schopenhauers „Aphorismen zur Lebensweisheit“
Der für sein negatives, pessimistisches Denken bekannte Schopenhauer gibt hier eine Anleitung, wie in der so schlechten, unfairen Welt noch am ehesten ein glückliches Leben möglich sein kann. Mir gefiel sein Stil von Anfang an sehr gut. Er schreibt klar, wenn auch oft in langen Schachtelsätzen und mit vielen lateinischen und altgriechischen Einsprengseln, die er leider unübersetzt lässt.
Den begabten und geistig hoch entwickelten Naturen unterstellt er ein Nicht-Funktionieren in der Gemeinschaft. Der Begabte kann sich mit sich selbst beschäftigen, das ist sein größtes Glück, weshalb er nicht von der Langeweile geplagt wird, er hat aber eben auch das Problem, es in der Gemeinschaft nicht auszuhalten.
Eine nüchterne Ethik: Kinder soll man keine Romane lesen lassen, damit ihre Träume, die sie dort eingepflanzt bekommen, später nicht zerplatzen, wodurch sie am Leben zerbrechen könnten. Traurig irgendwie.
Auch interessant: Die größten geistigen Leistungen überhaupt sind – nach Schopenhauer – die Verdienste der Philosophie. In diesem allgemeinen Gebiet ist es am schwersten, neue Weisheiten zu finden, weil es allen am nächsten liegt. In der Biologie oder noch spezialisierteren Wissenschaften braucht es zwar ein sehr langes Studium, hat man dieses aber hinter sich gebracht, wird man gleichsam automatisch zu Ruhm gelangen und für seine Bestrebungen belohnt. In der Philosophie ist dies nicht so. Dort zählt das Genie.
Die Qual der Wahl: Ich hoffe, dass dich zumindest eines dieser drei Bücher angesprochen hat und auch du nun in das spannende Reich der Philosophie eintauchst. Falls dir der Stoff zu trocken erscheint (was er definitiv NICHT ist), sei dir vielleicht mit den Herren Camus und Sartre geholfen, zwei Philosophen des letzten Jahrhunderts, die viel von ihren philosophischen Thesen in Romane verpackt haben. Vor allem „Der Ekel“ (Sartre) und „Der Fremde“ (Camus) sind hier zu nennen, zwei Werke, die ich sehr irritierend und gerade deswegen beeindruckend fand.
Ich wünsche dir eine anregende Lektüre und viel Spaß!
Gastautor Philipp Kroiss
Philipp Kroiss ist Leistungssportler, Philosophiestudent, Autor und Blogger. Auf Gedankennomade.net versucht er, die Welt besser zu verstehen und Suchende zum Lesen, Denken und Schreiben zu bringen. Als Literaturliebhaber und Autodidakt lässt er die Leserinnen und Leser an seiner Entwicklung teilhaben und wünscht sich regen Austausch sowie gemeinsames Wachstum.
Philipp hat auch ein Buch geschrieben: „Die Lesemuffel-Therapie“.
Facebook und auf seiner Webseite.
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Bücher, die dir helfen dein Leben zu verändern?
Hier geht's zum Motivations-Paket!Was tun bei Depressionen und Angst? Diese Graphic Novel hilft weiter.
Was tun bei Depressionen und Angst? Diese Graphic Novel hilft weiter.
Wir verbinden mit einem Waldspaziergang so schöne Gedanken wie den an eine Lichtung, grünes, weiches Moos, vielleicht haben wir Erinnerungen an eine Pilzsuche oder spielten als Kind mal in einem Wald Verstecken. In der Graphic Novel “Out Of The Woods” von Brent Williams und Korkut Öztekin ist der Wald jedoch Schauplatz weniger angenehmer Gefühle und Zustände. In eindrucksvollen Bildern und Geschichten wird hier der Verlauf einer schweren Depression beschrieben. “Out Of The Woods” ist ein wichtiges Werk, das der Leserin und dem Leser auf einfühlsame Weise, Wege aus der Dunkelheit aufzeigt.
Titel: Out of the Woods
Autor: Brent Williams
Illustrator: Korkut Öztekin
Sprache: Englisch
Inzwischen gibt es auch eine deutsche Version, die du hier findest:
„Auswege“
Depression – eine unterschätzte Erkrankung
Für Deutschland schätzt die WHO die Zahl der Menschen mit Depressionen auf 4,1 Millionen, 5,2 Prozent der Bevölkerung. 4,6 Millionen Menschen lebten mit Angststörungen. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe spricht von einer Volkskrankheit. Depressionen gehörten zu den häufigsten und mit Blick auf die Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. (Quelle: Ärzteblatt)
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Lektüre eines Buches keine mittlere oder gar schwere Depression heilen kann. Wenn du jetzt akut Hilfe benötigst, bitte ich dich auf dieser Seite das für dich passende Hilfsangebot zu suchen und in Anspruch zu nehmen.
Was ein Buch jedoch durchaus kann, ist Perspektiven aufzeigen und Mut machen. Oft fällt es Betroffenen nicht leicht, Hilfe anzunehmen und über ihre Probleme zu sprechen. Ein feinsinniges, verständnisvolles und empathisches Buch kann die nötige Kraft vermitteln, die es braucht, weitere Schritte einzuleiten.
Angststörung und Panikattacken, Energielosigkeit und Isolation
Der Gemeinde-Anwalt Brent Williams war es gewohnt anderen zu helfen und leistungsfähig zu sein, bevor er eines Tages selbst in ein tiefes Loch fiel. Angstzustände, düstere Gedanken, Lethargie – eine schwere Depression beherrschte ihn und sein Leben.
In “Out Of The Woods” gibt der Autor ein detailliertes, authentisches und ergreifendes Bild seiner persönlichen Krankheitsgeschichte wieder. Williams brauchte einige Zeit, bis er verstand, was mit ihm passiert. Er führte ein Tagebuch und hielt seine Stimmungen darin schriftlich fest. Seine Depression bekam dadurch eine nachvollziehbare Form, war weniger nebulös und besser greifbar. Mit der Zeit verstand er auch besser die Fehler, die er machte.
Williams wollte schließlich ein Buch schreiben, um anderen Menschen zu helfen. Ihn selbst hatte die Ehrlichkeit in anderen Autobiographien inspiriert und ihm letztlich auch geholfen Einsichten über seine eigene Krankheit zu gewinnen. Echte Geschichten anderer berührten und motivierten ihn. Schon die Erstellung des Buches gemeinsam mit dem Illustrator Korkut Öztekin stellte eine Form von Kunsttherapie für den Autor dar.
Eine Graphic Novel, die Betroffenen Perspektiven aufzeigt
“Out Of The Woods” ist ein kraftvolles Werk. Während andere Menschen vielleicht kaum noch an dich rankommen, weil du dich abschirmst und dich isolierst, können Bilder und behutsame Worte einen Zugang zu dir finden. Echte Geschichten sind manchmal nahbarer als reine Fach- und Sachbücher, weil sie das Gefühl vermitteln, mit einem Problem nicht alleine zu sein.
Die Farben und Bilder der Graphic Novel leiten die Leserin und den Leser durch die verschiedenen Stadien einer Depression, beschönigen dabei nicht, geben jedoch Hilfestellungen und helfen letztlich, weitere Schritte einzuleiten und professionelle Hilfe anzunehmen.
Vielleicht möchtest du dir selbst ein Bild davon machen?